Während die Gesamtinflation alle wichtigen Haushaltsausgaben umfasst, schliesst die Kerninflation explizit die Preise von Lebensmitteln und Energie aus. Der Grund dafür ist, dass diese beiden Güterkategorien starken, kurzfristigen und von der Notenbank nicht beeinflussbaren Preisschwankungen unterliegen können. Je nach Jahreszeit werden bestimmte Nahrungsmittel häufiger konsumiert, was saisonale Preisschwankungen erklärt. Typischerweise ziehen auch Ernteausfälle starke Preiserhöhungen nach sich. Preise für Energieträger wie Rohöl, Erdgas oder Kohle reagieren zudem stark auf kurzfristige Angebots- und Nachfrageveränderungen. Darüber hinaus haben geopolitische Ereignisse einen erheblichen Einfluss auf die Energie- und Rohstoffpreise. Indem sie Lebensmittel und Energie im Warenkorb weglässt, präsentiert sich die Kerninflation weniger volatil als die Gesamtinflation.
Was ist Hyperinflation?
Hyperinflation bezeichnet eine Situation, in der die Preise von Gütern und Dienstleistungen extrem schnell und stark steigen. In den Wirtschaftswissenschaften haben sich als Definition wiederholte monatliche Inflationsraten von über 50 Prozent durchgesetzt. Im Gegensatz zu Phasen mit hoher Inflation ist die Hyperinflation nicht mehr kontrollierbar, da sie von einem enormen Vertrauensverlust in die jeweilige Währung sowie einer Flucht in Sachwerte wie Immobilien, Rohstoffe und Edelmetalle begleitet ist. Die Ursache einer Hyperinflation ist stets eine massive Ausweitung der Geldmenge. Diese erfolgt zumeist in einem Umfeld, in dem sich der Staatshaushalt in grosser Schieflage befindet und die Haushaltsdefizite und Schulden über die Notenpresse finanziert werden. Neben staatlicher Misswirtschaft haben in der Vergangenheit auch oft Kriege oder schwere innenpolitische Unruhen zu Hyperinflation geführt.
Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer Hyperinflation sind meistens verheerend. Sie sind mit enormen Wohlstandsverlusten, hoher Unsicherheit sowie wirtschaftlicher und politischer Instabilität und dem Zusammenbruch des gesamten Geldsystems verbunden. Sie endet in der Regel mit einer Währungsreform, einer Umschuldung sowie einem glaubwürdigen Kurswechsel in der Geld- und
Fiskalpolitik.
Das prominenteste Beispiel aus der Geschichte ist die Hyperinflation in Deutschland von 1914 bis 1923. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Golddeckung der Mark aufgehoben, um über die Notenpresse die Kriegskasse zu finanzieren. Mit der Ausweitung der Geldmenge stiegen die Preise so stark, dass ein Kilo Brot 1923 über 200 Milliarden Mark kostete. Für einen USD mussten bis zu 4,2 Billionen Mark bezahlt werden. Die höchste je verzeichnete Inflationsrate wurde aber nicht in Deutschland, sondern in Ungarn in den Jahren 1945/46 mit 41,9 Billiarden Prozent gemessen. Dies entspricht einer Verdreifachung der Preise pro Tag. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit betrafen verschiedene osteuropäische Staaten sowie Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den frühen 1990er Jahren sowie Simbabwe (2006-2009) und Venezuela (2016-2021).
Warum ist die Inflation 2022 zurückgekehrt?
Nachdem die Inflation in den grossen Industrieländern jahrelang auf tiefem Niveau verharrt hatte, feierte sie nach der Corona-Pandemie eine unrühmliche Rückkehr. Im Sommer 2022 erreichte sie in den grossen Industrieländern mit knapp 8 Prozent den höchsten Wert seit rund 40 Jahren. In zahlreichen europäischen Ländern stiess die Teuerung sogar in den zweistelligen Bereich vor. Der rasante Anstieg der Inflation kam sowohl für die Notenbanken wie auch für andere Wirtschaftsakteure überraschend.
Allerdings ist der Inflationsanstieg in den Jahren 2021/22 mit der Pandemie und dem Ukraine-Krieg massgeblich auf zwei unerwartete grosse Schocks zurückzuführen. Die einschneidenden Massnahmen, welche die Regierungen rund um den Globus zur Eindämmung des Coronavirus durchgesetzt hatten, führten zu weitreichenden wirtschaftlichen Verwerfungen. Globale Lieferengpässe, ein akuter Fachkräftemangel und veränderte Konsummuster waren die Folge. Regierungen und Notenbanken antworteten darauf mit beispiellosen Stimulierungsmassnahmen. Die Kombination von reduziertem gesamtwirtschaftlichem Angebot bei gleichzeitig stimulierter Nachfrage führte letztendlich zu einem starken Anstieg der Inflation.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine verschärfte die Situation ab Februar 2022 zusätzlich. Die globalen Energie- und Nahrungsmittelpreise nahmen in der Folge stark zu. Aufgrund der reduzierten russischen Gaslieferungen explodierten in Europa die Gas- und Strompreise. Während energieintensive Branchen ihre Produktion zunehmend drosselten, sahen sich viele Unternehmen gezwungen, die höheren Kosten an die Konsumentinnen und Konsumenten weiterzugeben. Teilweise wurden die veränderten Umstände von Firmen aber auch ausgenutzt, um höhere Gewinnmargen durchzusetzen.
Gleichzeitig führte die hohe Inflation vermehrt zu steigenden Lohnforderungen und Inflationserwartungen. Die Notenbanken sahen sich deshalb gezwungen, ihre Leitzinsen rasch und deutlich zu erhöhen. Seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2022 hat sich die Inflation in allen Industrieländern wieder deutlich zurückgebildet. Die markanten Leitzinserhöhungen scheinen ihre Wirkung somit nicht verfehlt zu haben. In Fachkreisen ist jedoch umstritten, wie stark die Geldpolitik der Notenbanken tatsächlich zum Inflationsrückgang beigetragen hat. Einige argumentieren, dass mit dem Auflösen der Angebotsengpässe und dem Rückgang der Energiepreise die Inflation grösstenteils auch von selbst wieder zurückgekommen wäre. Die höheren Zinsen haben aber ohne Zweifel Firmen- und Haushaltskredite stark verteuert und damit sowohl das Wirtschaftswachstum wie auch die Inflation gedämpft. Damit konnten auch die langfristigen Inflationserwartungen stabilisiert werden.
Warum ist die Inflation in der Schweiz tiefer als in anderen Ländern?
Die Inflation in der Schweiz erreichte im aktuellen Konjunkturzyklus mit 3,5 Prozent im August 2022 ihren Höhepunkt. Sie ist damit deutlich weniger stark gestiegen als in anderen Industrieländern. Doch auch im langjährigen Vergleich weist die Schweiz die tiefste Inflation auf. So lag der Durchschnitt in den vergangenen 50 Jahren bei 1,9 Prozent und seit 2014 sogar nur bei 0,5 Prozent (vgl. Grafik).
Durchschnittliche jährliche Inflation in % nach Ländern