Die Wechselwirkung zwischen Nachhaltigkeit und Private Equity

Die Grösse des Private Equity Markts kann in Sachen Nachhaltigkeit viel bewirken. Private Equity Investoren haben in den vergangenen Jahren den Weg zu mehr Nachhaltigkeit beschritten und können auch davon profitieren.

Luca Riboni

Quelle: istockfoto.com

Die grosse Herausforderung mit Nachhaltigkeit im Private Equity Markt ist die Messbarkeit und die damit zusammenhängenden Vergleichbarkeit der Daten. Für den öffentlichen Markt beschloss die EU, dass grössere Unternehmen detaillierte Informationen, z.B. in Form eines ESG-Reporting, zu Nachhaltigkeitsaspekten veröffentlichen müssen. In der Schweiz werden Lösungsansätze in ähnlicher Richtung ausgearbeitet. Das Ziel: Nachhaltigkeitsbemühungen der Unternehmen visibel machen. Diese Sichtbarkeit soll Unternehmen motivieren, ihre Produkte und Services nachhaltiger zu gestalten, was letztlich die globale Nachhaltigkeit fördern soll. Derzeit basiert die Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen im öffentlichen Markt auf Daten der Drittanbieter, die Unternehmen analysieren und ihnen einen ESG-Score berechnen.

Alles rund um ESG

ESG steht für Environmental, Social and Corporate Governance. Der ESG Score drückt aus, wie viel ein Staat oder ein Unternehmen für Umweltschutz, Soziales und gute Führung tut.

So integriert das Asset Management der Zürcher Kantonalbank ESG-Faktoren in den Anlageprozess.

«What gets measured, gets managed»

Die dem Management-Pionier Peter Drucker zugeschriebene Aussage «What gets measured, gets managed» verdeutlicht die fundamentale Beziehung zwischen Messung und Umsetzung. Das heisst: Eine solide Datengrundlage ist eine notwendige Bedingung, um Entscheidungen auf einer quantifizierten Grundlage zu fällen und aussagekräftige Ex-post-Analysen durchzuführen. Leider hinkt der Private Equity Markt diesbezüglich stark hinterher. Die Implementierung von ESG-Faktoren und deren Messbarkeit ist sehr kostspielig und wird häufig nur von grösseren börsen­kotierten Unternehmen durchgeführt, da es für kleinere private Unternehmen eine enorme finanzielle Belastung darstellt. Letztlich heisst das: Falls ein ESG Scoring von kleineren Unternehmen angewendet wird, beruht ein solches auf die Quantifizierung von qualitativen Einschätzungen der Firma und ohne standardisiertes Reporting.

Während das Verlangen nach Messbarkeit von ESG-Faktoren bei privaten Firmen oftmals fehlt, werden ESG-Faktoren heutzutage im Entscheidungs- und Investmentprozess von Private Equity Investoren inkludiert. Laut Pitchbook haben rund 44 % der Venture Capital/Private Equity Investoren vor weniger als zwei Jahren und rund 70 % vor weniger als fünf Jahren mit einem nachhaltigen Ansatz investiert.

Integration nachhaltiger Anlageprinzipien bei Investoren

Quelle: Pitchbook (2002): Sustainable Investment Survey

Implementationszeitpunkt der (vollständig integrierten) nachhaltigen Anlageprinzipien

Quelle: Pitchbook (2022): Sustainable Investment Survey

Private Equity Investoren trimmen Firmen auf Nachhaltigkeit

Doch das Verlangen nach nachhaltigen Investitionslösungen ist noch nicht bei allen Instituten präsent. Das Netto-Null-Ziel der Schweiz bis 2050 erfordert insgesamt CHF 387,2 Mrd. bzw. durchschnittlich CHF 12,9 Mrd. Investitionen pro Jahr (Basis 2020). Investitionen in dieser Höhe würden eine Umsetzung der notwendigen Reduktion von Treibhausgasen in der Schweiz ermöglichen.

An dieser Stelle nehmen Private Equity Investoren eine wichtige Position ein. Sie holen Gesellschaften bereits in der Frühphase ab und richten deren Businessmodell nachhaltig aus. Die Leistungen eines Unternehmens in den Bereichen Umweltschutz, Sozialbelangen und Grundsätzen guter Unternehmensführung werden positiv beeinflusst. Die frühzeitige Inklusion von Nachhaltigkeitskriterien in Produktions- und Dienstleistungsprozessen privater Firmen ist insofern sinnvoll für Mensch und Umwelt, da die Mehrheit der Unternehmen in privater Hand ist.

Der Private Equity Markt hat also eine enorm grosse Reichweite und einen enormen Einfluss auf unsere globale Nachhaltigkeit. Er legt die Grundbausteine für die spätere Entwicklung des Unternehmens. Diesbezüglich hat eine Studie gezeigt, dass Unternehmen, welche an die Börse kommen, einen 10% höheren ESG-Score ausweisen können, und somit nachhaltiger sind, wenn Private Equity Investoren bereits im Unternehmen investiert waren.

Vorteile durch Inkludierung von ESG-Faktoren im Investitionsprozess

Der Fokus auf ESG-Faktoren hat auch für Private Equity Investoren grosse Vorteile. Private Equity Fonds, welche ESG-Faktoren in den Investmentprozess integriert haben, tendieren zu höheren Renditen mit weniger Risiko. Eine Inkludierung von ESG-Faktoren im Investmentprozess bedeutet auch, dass die Investoren vermehrt in nachhaltige Unternehmen investieren wollen. Es wurde herausgefunden, dass Investoren stärker auf negative Berichterstattungen der Unternehmen reagierten als bei positiven Berichterstattungen. Deshalb stellt bei privaten Unternehmen, welche auf der Suche nach Investoren sind, eine akkurate und fundierte Berichterstattung heutzutage fast eine Notwendigkeit dar. Investoren und andere Stakeholder im Private Equity legen verstärkt Wert auf ein ESG Reporting, weswegen sich private Unternehmen zunehmend mit der Thematik befassen müssen.

Grundsätzlich kann also gesagt werden, dass der Private Equity Markt die Nachhaltigkeit durch frühzeitige Investments in private Unternehmen fördern kann, aber auch die Nachhaltigkeit einen positiven Einfluss auf die Private Equity Branche aufweist. Schlussendlich bleibt essentiell, dass Unternehmen ihre Produkte und Services nachhaltig ausgestalten, wobei die Messbarkeit der Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle einnimmt.

Wie Dekarbonisierung und Private Equity zusammenhängen

Nachhaltige Lösungen durch Private Equity fördern? Wie das geht und welche Chancen und Risiken damit einhergehen, erfahren Sie hier.