Private Equity – Booster für die Dekarbon­isierung

Die schnelle und radikale Reduktion von Treibhausgasen mildert die Folgen der drohenden Klimakrise. Dazu braucht es Investitionen in innovative Klimatechnologien.

Text: Andreas Nicoli

Sowohl in der Schweiz als auch weltweit nehmen Hitzewellen, Stark­niederschläge und Gewitterstürme zu. Solche extremen Wetterereignisse gehen Hand in Hand mit der konstanten Erwärmung der Atmosphäre. Die langfristigen Folgen eines globalen Temperatur­anstiegs sind unter anderem ein höher liegender Meeresspiegel, Völker­wanderungen oder die Ausbreitung von Wüsten, die sogenannte Desertifikation. Unter diesen Prämissen ist eine Begrenzung der Treibhaus­gas­emissionen dringend erforderlich.

Idealerweise gelingt es bis 2050, die Treibhaus­gas­emissionen (Kohlenstoff­dioxid, CO2) auf netto null zu senken. Das ist ein sehr ambitionierter Zeitplan. Im vergangenen Jahr emittierte die Welt­bevölkerung rund 60 Mrd. Giga­tonnen an Treibhaus­gasen, davon allein rund 40 Mrd. Gigatonnen CO2. Das entspricht einem CO2-Ausstoss von über 21 Mrd. Mittelklasse­wagen pro Jahr bei einer jährlichen Fahrleistung von 15'000 Kilometern.

Etablierte und neue Technologien fördern

Die gute Nachricht: Es gibt Mittel und Wege, die Treib­hausgas­reduktion zu beschleunigen. Der forcierte Einsatz von etablierten emissions­armen Technologien, namentlich Wind-, Wasser oder Solarkraft, würde Schätzungen zufolge die Emissionen im Energie­sektor um 65 % reduzieren. Für die restlichen 35 % braucht es Durch­brüche bei Technologien, die noch in den Kinder­schuhen stecken.

Grund­sätzlich haben Dekarbon­isierungs­technologien über diverse Sektoren hinweg betrachtet disruptives Potenzial und stossen die Tür zu einem grossen Markt mit attraktiven Rendite­chancen für Investorinnen und Investoren auf.

Kapitalmärkte als Treiber

Die Kapitalmärkte als wichtige Haupttreiber der Dekarbon­isierung haben bereits reagiert. Dies zeigt sich deutlich an den gestiegenen Bewertungen von Jung- und Wachstums­unternehmen in privaten Märkten. Und das ist erst der Anfang. So wird der Investitions­bedarf für die nächsten dreissig Jahre auf USD 100 bis 150 Bio. geschätzt. Das stellt Asset-Manager vor die Heraus­forderung, die Gewinner von morgen zu identifizieren

Zum einen gilt es, viel­versprechende Start-ups zu finden, die innovative CO2-arme Alternativen zu etablierten Produkten und Dienst­leistungen herstellen. Der Diversifikation wegen ist es von Vorteil, Unter-nehmen aus unter­schiedlichen Sektoren in die Analyse aufzunehmen. Wir sehen interessante Anwendung­sfälle in den Bereichen Energie, Mobilität und Ressourcen­effizienz.

Energie

  • Energieeffizienz (CO2-armes Bauen, «intelligente Städte»)
  • Erneuerbare Energien exklusive Infrastruktur (Sonne, Wind, Wasser)
  • Verteilung und Speicherung von Energie (Netzwerke, Batterien)

Mobilität

  • Umwelt­freundliche Mobilität (öffentlicher Verkehr & Logistik, Individual­verkehr)
  • Alternative Kraftstoffe
  • Materialien (Synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff, leichte Materialien)

Ressourceneffizienz

  • CO2-arme Industrie (Optimierung Lieferketten, Kohlestoff­abscheidung und -speicherung)
  • Nahrungs­produktion (pflanzliche Erzeugnisse, vertikale Landwirtschaft)
  • Kreislauf­wirtschaft (Abfall­management, Recycling, nachhaltige Verpackungen)
  • Land­management (präzise Düngung, intelligente Sensoren)

Ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Analyse von Wachstums­kandidaten ist die Skalierbarkeit des Geschäfts­modells. Denn nur ein skalierbares Geschäfts­modell sorgt für eine rasche Substituierung von treibhaus­gas­emittierenden Herstellungs­prozessen und steigert gleichzeitig die Rendite­chancen für Investorinnen und Investoren.

Nachhaltiger Konsum hilft

Die gezielte Zuführung von Risikokapital in Unternehmen allein reicht indes nicht aus, die Weltwirtschaft in der geforderten Zeit zu dekarbonisieren. Dazu braucht es auch Staaten und supranationale Organisationen, die Rahmen­bedingungen und Anreize schaffen, die den Verbrauch fossiler Energien unattraktiv gestalten, sowohl für die Industrie als auch für den End­konsumenten. Gerade die Konsumenten haben in den vergangenen Jahren einen Sinnes­wandel vollzogen. Sie konsumieren verstärkt Güter ausnachhaltiger Produktion und nutzen ressourcen­schonende digitale Angebote. Die Kombination aus Risiko­kapital, staatlicher Lenkung und nachhaltigerem Konsum generiert ein positives Momentum für die Dekarbon­isierung der Weltwirtschaft. Unternehmen, die dieses Momentum nutzen und sich entsprechend positionieren, haben gute Chancen auf eine Wertsteigerung.

Der Artikel erschien erstmals am 18. Januar 2022, in der Beilage Fonds'22 der Finanz und Wirtschaft.
 

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