Small Caps Europe: Dieses Jahr sehr kleine Brötchen gebacken

Nicht nur Bäcker leiden unter den hohen Gas- und Stromkosten und versuchen nun, ihre Brötchen etwas teurer zu verkaufen oder beim Wareneinsatz zu sparen. Hohe Energiepreise, rekordhohe Inflationsraten und eine restriktivere Geldpolitik schicken die Wirtschaft auf Rezessionskurs. Das ist schwer verdaulich für Aktienmärkte, insbesondere für europäische Small Caps.

Roland Koster, Senior Portfolio Manager

Im Vergleich zu Grossunternehmen mangelt es Small Caps oft an einer globalen Diversifizierung.

Small Caps haben seit Jahresbeginn rund 23 % ihres Wertes verloren (Stand: 9.11.22). Im Vergleich zum MSCI Europe Index, der fast 11 % verlor, waren die Kursverluste doppelt so hoch. Dieser Index wird häufig als Benchmark für europäische Aktienanleger verwendet.

MSCI Europe Small Caps versus MSCI Europe

Quelle: Bloomberg

Warum Small Caps über­proportional leiden

Im Vergleich zu Grossunternehmen mangelt es Small Caps oft an einer globalen Diversifizierung. Sie sind von den rekordhohen Energiepreisen in Europa stark betroffen und haben weniger Möglichkeiten, ihre Produktion in billigere Länder zu verlagern. Neben den höheren Energiepreisen sind auch die Preise für Produktionsmittel allgemein gestiegen: Höhere Rohstoffpreise, höhere Lohn- und/oder Kapitalkosten drücken auf die Margen. Mit dem Anstieg der Zinssätze rücken auch die Refinanzierungsrisiken wieder in den Fokus. 

Fokus auf Preissetzungs­macht

Bereits im Jahr 2021 stieg die Inflation an. Aufgrund der sich abzeichnenden Zinswende waren wir bei Small-Cap-Aktien das ganze Jahr über sehr zurückhaltend. Unser Anlageprozess kombiniert einen disziplinierten Bewertungsansatz mit einer fundamentalen Qualitätsanalyse. Dies half uns, überbewertete Aktien zu vermeiden. Teure Aktien waren während dieser Marktkorrektur am stärksten betroffen. Bei unserer Bewertung der fundamentalen Qualität legen wir ein besonderes Augenmerk auf die Preissetzungsmacht, die in einem inflationären Umfeld zu den wichtigsten Faktoren zählt.

Trigger für steigende Kurse europäischer Small Caps

Die wichtigste Voraussetzung für eine positive Preisentwicklung europäischer Small Caps ist eine Trendwende bei den Strom- und Gaskosten sowie ein Ende des russischen-ukrainischen Konflikts. Das würde den Konsum auf dem Alten Kontinent stützen und europäische Unternehmen auf den globalen Märkten wieder wettbewerbsfähig machen. Niedrigere Gaspreise führen zu einer niedrigeren Inflation und in der Folge zu einer weniger restriktiven EZB.

Europa braucht dringend eine glaubwürdige Energiestrategie für die nächsten Jahre. Ohne wettbewerbsfähige Energiekosten besteht die Gefahr einer langanhaltenden Rezession und einer De-Industrialisierung des Kontinents. Ein Ende des gegenwärtigen Konflikts würde - unseres Erachtens - zu einer umfassenden Neubewertung europäischer Vermögenspreise führen.

Trotz alledem – es gibt attraktive Anlage­möglichkeiten

Vorerst bevorzugen wir in Europa defensive, weniger zyklische Sektoren wie Kommunikation, Basiskonsumgüter und Unternehmen des Gesundheitswesens mit Preissetzungsmacht. In den zyklischen Sektoren bevorzugen wir Unternehmen, die in den Bereichen Ausbau der Stromnetze, erneuerbare Energien oder Energieeffizienz tätig sind. Diese Unternehmen sollten vom europäischen Green Deal profitieren. Dieser enthält milliardenschwere Investitionen in die europäische Energieunabhängigkeit. Diese strukturellen Themen bieten eine recht gute Sichtbarkeit. Aktienpositionen sollten in Zeiten relativer Schwäche aufgebaut werden, wenn sie von attraktiven Bewertungen begleitet werden.

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