Anlagejahr 2023 – gutes Umfeld für Private Equity?

Notenbanken reagieren mit Zinserhöhungen auf die hohen Inflationswerte und riskieren damit eine Rezession. Dieses Umfeld bietet gute Einstiegschancen für langfristige Private-Equity-Investments, die zugleich gegen Inflation schützen können. Gleichwohl sind die Risiken nicht ausser Acht zu lassen.

Text: Christian Sarwa

Eine rasante Entwicklung zeichnet sich derzeit auch bei Private-Market-Fonds mit Fokus auf Umweltthemen ab. (istockphoto.com)

Der Mix aus unerwartet stark angestiegenen Inflationswerten und Zinsen sowie Rezessionsbefürchtungen hat viele Investorinnen und Investoren auf dem falschen Fuss erwischt. Sowohl Aktien als auch Obligationen haben im vergangenen Jahr deutlich an Wert verloren. Zwar dürfte sich die Inflation im Jahresverlauf abschwächen und damit auch den Zinsanstieg zumindest hemmen. Mittelfristig ist aber weiterhin mit erhöhter Volatilität und systemischen Risiken zu rechnen. Zudem ist stark davon auszugehen, dass die Teuerung über den Niveaus der vergangenen Jahre verharrt.

Gerade diese Konstellation legt eine gute Ausgangsbasis für Neuengagements in Private-Equity-Investments als Beimischung in Portfolios. Denn auf der Suche nach positiven Realrenditen haben sie bislang bewiesen, Netto-Renditen deutlich über Inflationsraten und Aktien zu liefern.

Rezessionsjahre als Einstieg nutzen

Der Blick zurück zeigt: Private Equity korreliert tendenziell geringer mit traditionellen Anlageklassen. So übertrumpfte Private Equity sowohl im kurzfristigen als auch langfristigen Vergleich die durchschnittliche Performance (Internal Rate of Return, IRR) globaler Aktienindices wie etwa den S&P 500. Auch im Vergleich zu gelisteten kleineren Unternehmen (Small Cap) schneiden die Privatmarktanlagen besser ab.

Performancevergleich (IRR) Private Capital vs. Aktienindizes

Quelle: PitchBook, Global PitchBook Benchmarks, Q2 2022

Speziell in Rezessionsjahren waren Privatmarktanlagen widerstandsfähiger relativ zu kotierten Unternehmen. Dies liegt daran, dass Unternehmen, die in Private-Equity-Besitz sind, oft schneller auf operative Probleme und ein sich veränderndes Markt­umfeld reagieren können. Zusätzlich werden Investitionen in Innovationen und Wachstum oft langfristiger gedacht als bei an Börsen gelisteten Unternehmen.

Interessant: In Rezessionsjahren wurden viele der renditestärksten Private-Equity-Fonds mit Fokus auf Buyout-Transaktionen lanciert. Laut Erhebungen des Investmentdatenunternehmens Preqin lag die durchschnittliche Jahresrendite bei über 14 Prozent pro Jahr, basierend auf Daten seit 1980.

In Anbetracht der zu erwartenden Gesamtportfoliorendite, Inflationsschutz und Kapitalerhalt sollten professionelle Anlegerinnen und Anleger erwägen, über die nächsten Jahre Privatmarktanlagen in Portfolios zu integrieren beziehungsweise zu halten und, wenn es die Risikofähigkeit zulässt, allenfalls auszubauen.

Auf die Selektion des Fondsmanagers kommt es an

Allerdings: Es bestehen grosse Unterschiede in der Umsetzung der Investment­strategie bei den jeweiligen Private-Equity-Managern. Das führt zu einer grossen Bandbreite in der Performance. 2019 betrug die Renditedifferenz zwischen den besten und schlechtesten Private-Equity-Fonds rund 35 Prozentpunkte. Aus diesem Grund ist für Anlegerinnen und Anleger die Auswahl und der Zugang zu den besten Fonds-Managern für das erfolgreiche Investieren in Private Equity massgebend.

Renditedifferenzen von Private-Equity-Fonds

Quelle: Preqin Private Capital Benchmarks

Dekarbonisierungslösungen mit hohem Momentum

Der Private-Asset-Markt ist enorm gewachsen. Laut dem Branchenreport von Bain & Company betrug 2003 das eingesammelte Kapital 108 Milliarden Dollar und kletterte 2021 auf über 1,2 Billionen Dollar. Das sogenannte Dry Powder, sprich das brach­liegende Investitionskapital, betrug 2003 rund 500 Milliarden Dollar, 2021 waren es 3,4 Billionen Dollar.

Eine rasante Entwicklung zeichnet sich derzeit auch bei Private-Market-Fonds mit Fokus auf Umweltthemen ab. Dabei legen wir den Fokus auf Sektoren und Firmen, die von Megatrends geprägt sind und disruptive Innovationen hervorbringen, um bestehende Geschäftsmodelle herauszufordern. Wir erwarten, dass sich mit spezifischen Themen höhere Prämien erwirtschaften lassen. Umso wichtiger ist in diesem Kontext ein aktives Management, das die Kunst beherrscht, im Dickicht der Private-Equity-Industrie Wachstumsunternehmen und Fonds zu finden, die am stärksten und nachhaltig von Megatrends profitieren.

Im Zentrum stehen dabei etwa Unternehmen, die sich durch ihr Produkt- oder Serviceangebot strategisch als Lösungsanbieter für die ökologische Transformation positionieren und damit vom Megatrend der Dekarbonisierung profitieren können. Die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft trifft auf eine zunehmende gesellschaftliche Unterstützung und wird politisch stark finanziell gefördert. So wurde 2022 in den USA der Inflation Reduction Act verabschiedet. Dieser hat die Steuergutschriften für Unternehmen, die beispielsweise in der nachhaltigen Energieproduktion tätig sind, massiv erhöht. Die Europäische Union unterstützt zudem im Rahmen des EU Green Deals CO2-arme bzw. -vermeidende Lösungen.

Vorsicht vor Unternehmen mit hoher Fremdfinanzierung

Gegen Zinserhöhungen sind Private-Equity-Anlagen unterschiedlich stark immun. So stehen vor allem jene Transaktionen unter Druck, die üblicherweise stark über Fremdkapital finanziert werden und kein hohes Wachstum aufbringen können. In den Bereichen Growth und Venture Capital indes spielt Fremdkapital eine geringe Rolle. Die auf Buyouts spezialisierten Fonds für sehr hochkapitalisierte Transaktionen bekunden denn auch Mühe, Transaktionen zu hohen Verkaufspreisen durchzubringen.

Generell ist einzuräumen: Ein Umfeld mit anhaltender und hoher Inflation wird die Private-Equity-Branche als Ganzes herausfordern. Letztlich steht die Frage im Zentrum: Wie hoch ist das profitable Wachstum und wie gut kann das jeweilige Unternehmen steigende Kosten auf die Kundschaft abwälzen? In diesem Kontext ist ein direkter Zugang zu den vielversprechendsten Firmen und überdurchschnittliche Titelselektionsfähigkeiten entscheidend.

Private Equity – nur etwas für Profis?

Bis anhin war die Anlageklasse Private Equity aufgrund der Illiquidität und der langen Haltedauer der Beteiligung von acht bis zehn Jahren primär für professionelle Anlegerinnen und Anleger mit hohen Anlagevolumen geeignet. Mittlerweile hat aber eine «Demokratisierung» stattgefunden. So sind die Mindesteinlagen für Private-Equity-Fonds von mehreren Millionen Franken auf durchschnittlich rund 100'000 Franken zurückgekommen und teilweise mit eingeschränkten Rückgabe­möglichkeiten ausgestattet worden.

Weiter keimen Finanzprodukte und digitale Plattformen auf, die Einzelinvestitionen in nicht kotierten Firmen und Fonds zu nochmals tieferen Einstiegsvolumen ermöglichen. Doch auch hier gilt es zu beachten: Je geringer die Diversifikation, desto höher ist das potenzielle Verlustrisiko.

Der Beitrag erschien erstmals am 27. Januar 2023 in der Neuen Zürcher Zeitung. 

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