Das sind Rendite­treiber für CHF-Unternehmens­anleihen

Welche Faktoren signalisieren künftige Renditen von Unternehmens­anleihen? Samuel Manser hat vier Faktoren auf deren Wirkung und Umsetzbarkeit hin überprüft.

Interview mit Samuel Manser

Samuel Manser ist seit 2012 Fixed Income Portfoliomanager im Asset Management der Zürcher Kantonalbank.

Samuel Manser, Sie haben die Wirkung von Faktoren auf die Rendite von in Schweizer Franken gehandelten Unternehmens­anleihen untersucht. Ihre Analyse (bezahlpflichtig) wurde kürzlich in der wissenschaftlichen Zeitschrift «Financial Markets and Portfolio Management» publiziert. Weshalb haben Sie genau dieses Anleihen-Segment unter die Lupe genommen?

Der Markt für Schweizer Franken Unternehmens­anleihen kombiniert ein breites Schuldner­universum mit einer guten Datenlage. Trotzdem befassen sich Untersuchungen zu Rendite­faktoren überwiegend mit Anleihen in US-Dollar. Den Schweizer Markt in den Fokus zu rücken und die bisherigen Erkenntnisse erstmals auf ihn zu applizieren und zu überprüfen war der Antrieb für die Untersuchung. Die gewonnenen Erkenntnisse machen zudem unsere Anlage­prozesse noch effektiver.

«Carry», «Value», «Equity Momentum Spillover» und «Defensive» sind die vier von Ihnen analysierten Faktoren. Richten wir unseren Blick zuerst auf den Faktor «Carry».

Der Carry erklärt zu einem wesentlichen Teil, weshalb sich Returns von Anleihen unterscheiden. Im Grunde gilt: Je höher der Carry, desto höher die Returns aber auch das Risiko. Letzteres zeigt sich in einer hohen Volatilität, weshalb der Carry kein verlässliches Signal für höhere Returns ist. Historisch gesehen war im Segment der Inland­schuldner der Carry jedoch ein verlässlicheres Signal als im Ausland­segment. Ein Grund dafür ist, dass deutlich mehr Schuldner aus dem Ausland­segment aufgrund Kreditrating-Abstufungen in den High-Yield-Bereich fielen. Diese Schuldner erlitten trotz hohem Carry merkliche Preis­korrekturen.

Auf den Faktor «Carry» ist also kein Verlass. Wie sieht es mit dem Faktor «Value» aus?

Auch Value nutzt den Carry, stellt ihn aber dem fundamentalen Kreditrisiko gegenüber. Dieses kann zum Beispiel anhand des Kreditratings oder einer geschätzten Ausfall­wahrscheinlichkeit beziffert werden. Ein günstig bewerteter Schuldner bietet beispielsweise innerhalb seiner Rating-Vergleichs­gruppe oder gemessen an seiner Ausfall­wahrscheinlichkeit einen hohen Carry. Ein hoher Carry relativ zum fundamentalen Kreditrisiko entspricht einer günstigen Bewertung und verspricht höhere Returns. Meine Analyse zeigt, dass auch für CHF-Anleihen ein stimmiges Bewertungs­merkmal ein verlässliches Signal für zukünftige Returns ist.

Die gewonnen Erkenntnisse aus den Untersuchungen zeigen, dass die Faktoren für die zukünftige Wert­entwicklung auch für CHF-Unternehmens­anleihen relevant sind.

Samuel Manser, Senior Portfolio Manager

Nun zu dem etwas sperrig formulierten Faktor «Equity Momentum Spillover». Was signalisiert dieser genau?

«Equity Momentum Spillover» setzt die Kursentwicklung von Aktien- und Anleihen ins Verhältnis. Anleihen von Unternehmen, deren Aktien in den vergangenen Monaten stark angestiegen sind, zeigen in den Folgemonaten höhere Returns als Anleihen von Unternehmen, deren Aktien stark gefallen sind. Das ist zwar ein viel­versprechendes Signal für eine Überrendite, aber leider im Portfolio nicht umsetzbar.

Weshalb?

Der Spillover-Effekt verlangt einen hohen Portfolio­umschlag, weil sich Aktien­gewinner und -verlierer oft abwechseln. Besonders im CHF-Markt haben Anleihen hohe Transaktions­kosten. Diese bestimmen mit, ob sich solche Muster auch profitabel umsetzen lassen. Dennoch kann der Faktor als Ergänzung zu anderen einen Mehrwert bieten und als Signal für sich verschlechternde beziehungsweise sich verbessernde Schuldner eingesetzt werden.

Wie steht es um den vierten Faktor «Defensive»?

Anlagen mit hoher Qualität erwirtschaften hohe risiko­adjustierte Renditen. Dieser Effekt zeigt sich in verschiedenen Anlage­klassen und Anleihen­märkten und soll durch den Faktor auch für CHF-Unternehmens­anleihen genutzt werden. Tatsächlich spielt er auch hier eine Rolle, jedoch bieten defensive Anleihen aufgrund des geringeren Risikos keine höheren absoluten Renditen. Deshalb lohnt sich der Faktor erst in Kombination mit Carry oder Value.

Wie nutzen Sie die Faktoren in der Portfolio­konstruktion?

Die gewonnen Erkenntnisse aus den Untersuchungen zeigen, dass die Faktoren für die zukünftige Wertentwicklung auch für CHF-Unternehmens­anleihen relevant sind. Sie verweisen auch auf die Grenzen in der Umsetzbarkeit. Wir nutzen die Erkenntnisse gezielt auf drei Arten: Erstens erlauben sie uns ein breites und aktuelles Screening des Universums. Das unterstützt uns in der fundamentalen Schuldner­einschätzung. Zweitens dienen sie der Schuldner­überwachung. Drittens fungieren Faktor­veränderungen als Frühwarn­system. Dazu gehören beispielsweise Veränderungen des Carry, des Values oder des Aktienkurses (Equity Momentum Spillover).

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Obligationen