Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Zinslandschaft in der Schweiz über Jahre hinweg geprägt, und die Veränderungen bei Leitzinsen und Wertpapierkäufen in der Eurozone sind auch für den Schweizer Franken und die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von entscheidender Bedeutung.
Es mehren sich unter den Vertretern der EZB die Stimmen, die sich für eine Juli-Zinserhöhung aussprechen. EZB-Chefin Christine Lagarde hat eine frühe Leitzinserhöhung angedeutet. Die EZB sollte ihre Nettoanleihekäufe zu Beginn des 3. Quartals beenden und könnte dann in den Worten von Lagarde «nur einige Wochen später» die Leitzinsen anheben.
Ein wichtiger Grund für ein konsequentes Vorgehen sind die über dem Notenbankziel notierenden Inflationserwartungen, die ein Risiko für die Preisstabilität in der Währungsunion darstellen. Das CIO-Office der Zürcher Kantonalbank revidiert deshalb seine Meinung, dass die EZB noch bis September mit der ersten Zinserhöhung warten wird, und rechnen neu mit diesem Schritt anlässlich der Sitzung am 21. Juli. Die EZB dürfte sich dann im September von der Nullzinspolitik verabschieden. Von der früheren geldpolitischen Wende in der Eurozone dürfte der Euro profitieren. Dem EUR/CHF-Wechselkurs sollte diese Entwicklung vor allem über die Sommermonate etwas Auftrieb verleihen.
Preisstabilität in der Schweiz steht im Fokus
In der Schweiz deuten die Zeichen nun ebenfalls auf eine baldige Straffung der Geldpolitik. Das frühere Handeln der EZB eröffnet auch der SNB einen grösseren Handlungsspielraum, um sich von der Phase der Negativzinsen zu verabschieden. SNB-Direktoriumsmitglied Andréa Maechler hat jüngst betont, dass die SNB nicht zögern wird, die Geldpolitik zu straffen, wenn die Inflation mittelfristig nicht auf das Zielband von 0 bis 2 Prozent sinkt. Die Schweizer Inflation ist in den letzten Monaten deutlich gestiegen und liegt inzwischen bei 2,5 Prozent. Im Ländervergleich nimmt sich der Schweizer Inflationsanstieg allerdings geradezu bescheiden aus. Ein wichtiger Grund dafür ist der Energiemix.
So beruht im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern ein Grossteil des Schweizer Energiekonsums auf Wasserkraft und Nuklearenergie – also auf Energieträgern, die in den letzten Monaten wenig von Lieferengpässen und geopolitischen Turbulenzen betroffen waren. Zudem haben administrierte Preise ein hohes Gewicht im Schweizer Landesindex der Konsumentenpreise.
Knapp ein Viertel dieser Preise sind administriert. Nebst Elektrizität, Gas, ÖV, Fernsehgebühren und Versicherungen betrifft dies vor allem Gesundheitsleistungen wie Medikamente, Arzt- und Spitalleistungen. Der Energiemix und der hohe Anteil an administrierten Preisen haben den Schweizer Inflationsanstieg in den letzten Monaten also gedämpft.