Der andere Blick auf die Welt

Nachhaltige Strategien gehören zum Leistungsauftrag der Zürcher Kantonalbank. Christina Schuler und Atsharan Rajeswaran haben eine Weiterbildung zum «ESG-Analyst» absolviert und berichten, wie sich ihre Arbeitspraxis dadurch verändert hat.

Text: Patrick Steinemann / Bilder: Lucas Ziegler | aus dem Magazin «ZH» 1/2021

Schauplatz 1, Sihlwald bei Langnau am Albis: Nebelschwaden wabern zwischen den Fichten und Buchen, eine Rangerin des Wildnisparks Zürich studiert das Moos auf einem umgefallenen Baumstamm, von irgendwo ruft ein Waldkauz. Schauplatz 2, Kehrichtverbrennungsanlage Hinwil: Auf dem Dach saugen 18 summende Module der Firma Climeworks CO2 aus der Luft und leiten es zu einem nahe gelegenen Gewächshaus, um dort das Wachstum von Auberginen, Tomaten und Gurken zu begünstigen. Schauplatz 3, Untergeschoss am Hauptsitz der Zürcher Kantonalbank an der Bahnhofstrasse in Zürich: Durch eine 60 Zentimeter dicke Leitung strömt Wasser aus dem Zürichsee ins Gebäude, über eine Wärmepumpe gibt es Energie ab, die zum Heizen des Gebäudes genutzt wird.

Drei Schauplätze, drei unterschiedliche Szenen, ein Thema: Nachhaltigkeit.

«Das Thema ist omnipräsent», stellt auch Christina Schuler, Relationship Manager für Banken in der Schweiz bei der Zürcher Kantonalbank, fest. Doch sie denkt in diesem Augenblick weder an den Sihlwald noch ans Zürichseewasser, sondern an den Aufschwung, den das Thema Nachhaltigkeit in den letzten Jahren erlebt hat – auch im Finanzsektor. Für Schuler, die bereits seit 18 Jahren bei der Zürcher Kantonalbank arbeitet, ist das Thema gerade besonders aktuell: Sie ist eine von rund 100 Mitarbeitenden der Bank, die 2020 eine Weiterbildung zum zertifizierten «ESG­-Analyst» absolviert haben. Die drei Buchstaben stehen für die englischen Begriffe Environment, Social und Governance – oder zu Deutsch: für eine nachhaltige Strategie in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.

Christina Schuler, Relationship Manager bei der Zürcher Kantonalbank
Christina Schuler: «Mit ihren Engagements nimmt unsere lokal verankerte Bank ihre Verantwortung gegenüber den Zürcherinnen und Zürchern wahr.»

Während viele Unternehmen diese Themen aufgrund des globalen Trends erst in den letzten Jahren entdeckt haben, gehören sie für die Zürcher Kantonalbank quasi zur DNA: Nachhaltigkeit ist eine von drei Säulen des Leistungsauftrags der Bank und integrierte Dimension des Geschäftsmodells – den ersten Umweltbericht veröffentlichte sie bereits 1998. Dass Christina Schuler und ihre Bankkolleginnen und -kollegen eine Weiterbildung zu diesem Thema absolvieren, ist also kein Zufall: Die Mitarbeitenden sollen bei diesem Thema die Branche anführen und die ESG-Aspekte in ihrem Arbeitsalltag nicht nur ganzheitlich umsetzen, sondern täglich leben und verkörpern.

Vom Umweltdarlehen bis zum Fairtrade-Gold

Dass Nachhaltigkeit bei der Zürcher Kantonalbank einen besonderen Stellenwert hat, war auch Atsharan Rajeswaran bekannt, als er vor fünf Jahren über ein Mittelschulpraktikum in die Bank eingetreten ist: «Ein Blick auf unsere Produkt- und Dienstleistungspalette – vom Umweltdarlehen bis hin zum Fairtrade-Gold – genügt», sagt der 24-jährige Relationship Manager für externe Vermögensverwalter bei der Zürcher Kantonalbank. Auch er absolvierte die ESG-Weiterbildung am Ausbildungszentrum für Finanzfachleute (AZEK) und hat erkannt, dass die Nachhaltigkeitsthematik immer wichtiger wird und viele Dimensionen hat: «Früher fristeten die ESG-Themen eher ein Nischendasein, heute sind sie für viele Unternehmen zur Norm geworden. Der ESG-Standard führt uns somit in eine obligate Wissensaneignung.»

Atsharan Rajeswaren, Relationship Manager bei der Zürcher Kantonalbank
Atsharan Rajeswaran: «Je mehr Daten zur Umwelt sowie zum Verhalten des Menschen wir kennen, umso mehr verändert sich unser Einfluss auf die Welt.»

Das Vermitteln von Wissen zu einem ganzheitlichen Umgang mit Naturräumen steht auch im Wildnispark Sihlwald, jenem gleich zu Anfang erwähnten Schauplatz, im Vordergrund. Die Zürcher Kantonalbank ist Hauptsponsorin dieser Institution – und das sehr bewusst: Viele Sponsoringengagements der Bank fokussieren auf das Thema Nachhaltigkeit. Etwa der ZKB Nachhaltigkeitspreis, bei dem Berufslernende die Möglichkeit erhalten, gesellschaftliche Handlungsspielräume zu erforschen. Aber auch der Zoo Zürich, der einen wichtigen Beitrag zum Fortbestand der biologischen Vielfalt leistet. Oder Züri Velo, das Veloverleihsystem von PubliBike, mit dem die nachhaltige Mobilität gefördert wird. Diese Engagements ihrer Arbeitgeberin schätzt auch Christina Schuler: «Aus meiner Sicht nimmt unsere lokal verankerte Bank damit ihre Verantwortung gegenüber den Zürcherinnen und Zürchern wahr, den Besitzern der Bank. Wir leben die Nähe zur Bevölkerung.»

Saubere Luft und Wärme aus dem See

Der zweite Schauplatz mit der CO2-Abscheidetechnologie von Climeworks zeigt hingegen auf, wie auch die Produktewelt der Zürcher Kantonalbank auf verantwortungsvolles Handeln ausgerichtet ist: Die Bank hat Climeworks, ein Spin-off der ETH Zürich, als Start-up-Firma finanziert. Zu diesen Produkten mit Fokus Nachhaltigkeit gehört auch das ZKB Umweltsparkonto: Wenn Bankkunden hier auf Zins verzichten, ermöglichen sie im Gegenzug, dass die Bank zu günstigen Konditionen in ökologische Projekte im Wirtschaftsraum Zürich investieren kann. Zentral sind für die Bank aber auch die nachhaltigen Anlagen von Swisscanto Invest, die sich neuerdings am Pariser Klimaziel orientieren – das Asset Management der Zürcher Kantonalbank will damit seine Vorreiterrolle stärken. Die Bank liegt dabei aber auch auf einer Ebene mit ihren Kunden: «Bei immer mehr Börsenaufträgen der Kundinnen und Kunden spielen ESG-Kriterien eine essenzielle Rolle», stellt Atsharan Rajeswaran fest. Dies hat auch mit dem gewandelten Blick der Öffentlichkeit zu tun: «Mit der Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien gehen Firmen im Gleichschritt mit den Anliegen ihrer Stakeholder. Wir unterstützen sie dabei tatkräftig», sagt der Relationship Manager.

Das Seewasserheizsystem am Standort Zürich City – das im Sommer übrigens auch kühlt – steht als dritter Schauplatz schliesslich für die Dimension Bankbetrieb. Dazu gehören grosse Massnahmen wie die weitere Reduktion der CO2-Emissionen und des Papierverbrauchs oder die Vollversorgung der Bankgebäude mit Ökostrom. Aber auch kleine Engagements wie das «Zürigold», der von fünf Bienenvölkern auf dem Geschäftshaus Hard gewonnene Honig aus der Stadt. Er steht sinnbildlich für die Beschaffungspolitik der ganzen Bank, bei der regionale Wertschöpfungsketten möglichst bevorzugt werden.

Veränderte persönliche Einstellung

Wenn Nachhaltigkeit fast alle Dimensionen der Bank beeinflusst, verwundert es nicht, dass Christina Schuler auch in ihrem Berufsalltag mit institutionellen Kunden immer wieder auf das Kürzel ESG stösst: «Wenn ich Jahresberichte durchschaue, eine Kreditprüfung vornehme oder die Produktepalette eines Unternehmens analysiere, stelle ich mir stets die gleichen Fragen im Zusammenhang mit ESG: Welche Verantwortung übernimmt der Kunde in Sachen Nachhaltigkeit, und welche Ziele hat er sich gesetzt?» Ähnlich geht es auch Atsharan Rajeswaran: Er ist überzeugt, dass ihm die ESG-Weiterbildung hilft, in diesem Gebiet auf Augenhöhe mit seinen Kunden zu sprechen: «Die Beziehung zum Kunden wird durch Kompetenz gestärkt.»

Die absolvierte Weiterbildung hat die persönliche Einstellung der beiden Bankangestellten zum Thema Nachhaltigkeit verändert. «Meine Wahrnehmung wurde geschärft, und ich hinterfrage mein Alltagstun jetzt öfter», sagt Christina Schuler, «das reicht von der Abfalltrennung bis zum persönlichen Mobilitätsverhalten.» Entscheidend sei, dass jeder bei sich selbst anfange, die Dinge proaktiv angehe und quantifizierbar mache.

An diesem Punkt hakt auch Atsharan Rajeswaran ein: Nachhaltigkeit sei keine vage Grösse, sondern mit Wissen verknüpft. «Je mehr Daten zur Umwelt sowie zum Verhalten des Menschen wir kennen und analysieren können, umso mehr verändert sich unser Einfluss auf die Welt», ist er überzeugt. Diesen besonderen Blick auf die Welt und den persönlichen Sinn im Leben hat der Banker auch als Privatperson, wenn er mit seinen Eltern in deren Heimat Sri Lanka reist, um dort ein Waisenhaus vor Ort zu unterstützen.

Der junge Bankmitarbeiter lebt damit im Privaten, was seine Arbeitgeberin bei allen Mitarbeitenden fördert: einen verantwortungsvollen Umgang untereinander und eine auf Respekt und Fairness ausgerichtete Unternehmenskultur. Sie bilden die Grundlage dafür, dass die Mitarbeitenden in Sachen Nachhaltigkeit weitere Impulse setzen können und die Zürcher Kantonalbank die nächsten 150 Jahre erfolgreich in Angriff nehmen kann.

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