Fach­kräfte­mangel: Flexibilität ist zentral für junge Talente

Yannick Blättler macht KMU fit für die Generation Z. Das ist wichtig. Denn bleiben Unternehmerinnen und Unternehmer untätig, entgehen ihnen junge Talente. Wo Handlungsbedarf besteht, erklärt der Generationenexperte im Interview – und am KMU ZH Praxisseminar.

Interview: Thomas Peterhans, AWP / Bilder: Neoviso AG

Yannik Blättler, Geschäftsführer Neoviso AG
«Der Fachkräftemangel dürfte sich noch verstärken»: Yannick Blättler, Geschäftsführer Neoviso AG.

Unterschiede zwischen den Generationen gab es schon immer. Warum müssen sich Unternehmen heute besonders mit Fragen der Arbeitgeberattraktivität auseinandersetzen?

Primär aus demografischen Gründen: Es gehen viel mehr Menschen in Pension, als neu auf den Arbeitsmarkt kommen. Junge Talente sind rar und haben neue Bedürfnisse. Besonders bezüglich Digitalisierung und neue Arbeitsformen. Der Fachkräftemangel dürfte sich dadurch noch verstärken. Das spielt Arbeitnehmenden in die Hände: Sie überlegen sich zweimal, ob sie in einem Unternehmen bleiben, wo sie sich nicht wohl fühlen – oder sich lieber einen neuen Job suchen.

Was braucht es, damit sich die Generation Z wohlfühlt?

Flexibilität ist zentral. Junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen sich ungebunden fühlen. Auch Kommunikation ist wichtig – und die ist oft schneller, visueller und lockereren als bei älteren Generationen. Darüber hinaus denkt die junge Generation bei der Arbeit intensiver über Sinnfragen nach, reagiert entsprechend und schenkt psychischer Gesundheit mehr Beachtung.

Führt das zu Konflikten?

Ja. Viele Arbeitgeber verstehen Flexibilität nur als etwas, das sie ihren Mitarbeitenden bieten müssen. Sie sehen nicht, dass sie dafür auch etwas einfordern könnten. Und weil Wohlbefinden und psychische Gesundheit für die Generation Z so wichtig sind, schreiben ältere Generationen sie oft als wenig resilient ab. Dabei wäre es gewinnbringend, diese Themen als Führungsperson proaktiv anzugehen.

Yannik Blättler, Geschäftsführer Neoviso AG
«KMU müssen mehr in die Employee Experience investieren»: Yannik Blättler.

Was, wenn Unternehmen das nicht tun?

Das kann fatal sein. Wenn die Leute davonlaufen, weil sie unzufrieden sind, und sich kein Ersatz finden lässt, müssen KMU ihr Geschäft radikal auf den Kopf stellen – oder schlimmstenfalls schliessen. Ich glaube: Personalfragen werden immer mehr zum Flaschenhals. Gibt es hier Probleme, leiden auch alle anderen Bereiche – egal, wie viel in Produktion oder Vermarktung investiert wird.

Wie können KMU das verhindern?

Indem sie mehr in die Employee Experience investieren. Unternehmen fragen sich andauernd, wie sie Kundinnen und Kunden für sich begeistern können. Das ist zwar gut und recht, sie sollten das aber auch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tun. Wie machen wir auf uns aufmerksam? Wie können wir unsere Bewerbungsprozesse verbessern? Was bieten wir den Leuten? Wie wollen wir zusammenarbeiten? Wie sorgen wir dafür, dass Mitarbeitende bei uns bleiben? Ich fasse das gerne so zusammen: Nicht nur im Unternehmen arbeiten, sondern vermehrt auch am Unternehmen.

Welche Voraussetzungen braucht es dafür?

Der Bereich Human Resources muss gestärkt werden. HR-Verantwortliche sollen – überspitzt gesagt – nicht nur für die Lohnabrechnung und die Geburtstagsliste zuständig sein, sondern echte Personalentwicklung betreiben. Dazu müssen CEO und Human Resources enger zusammenarbeiten. Dass HR in der Geschäftsleitung vertreten ist, ist nämlich längst nicht in allen KMU selbstverständlich.

Zur Person

Yannick Blättler ist Geschäftsführer der Neoviso AG. Zusammen mit seinem Team unterstützt er Unternehmen bei Marktrecherchen sowie in der Konzeption und Umsetzung von Employer-Branding-Kampagnen mit besonderem Fokus auf jüngere Generationen.

Sind sich Unternehmen bewusst, wie viel Handlungsbedarf besteht?

Noch zu wenig. Ich spreche recht oft mit KMU und berichte dann auch davon, wie wir unser Unternehmen führen, welche Zielsetzungen wir haben, wie wir die Zufriedenheit der Mitarbeitenden sicherstellen. Das stösst oft auf Unverständnis – oder löst zumindest Überraschung aus. Mir ist dann jeweils wichtig zu betonen: Unternehmen müssen nicht alles umkrempeln und sich nur auf die Generation Z ausrichten. Am besten fahren sie, wenn sie an Bewährtem festhalten, aber mit neuen Ideen ergänzen.

Inputs dazu erhalten sie am KMU ZH Praxisseminar. Wo setzten Sie als Referent Schwerpunkte?

Ich möchte den Austausch zwischen den Teilnehmenden fördern und Praxistipps vermitteln. Nicht im Sinne von: «Ihr müsst das jetzt alle so machen». Sondern ausgehend von den individuellen Herausforderungen jedes einzelnen Unternehmens.