«CO2-Staubsauger» als Investitionsthema – Chancen und Risiken

Im Zuge internationaler Bestrebungen, die Folgen des Klimawandels einzudämmen, hat der Markt für das Abscheiden, Verwerten und Speichern von CO2 grosses Zukunftspotenzial. Entsprechend aussichtsreich sind die Opportunitäten.

Text: Daniel Fauser

Das Schweizer Unternehmen Climeworks betreibt bereits Anlagen zum Abscheiden von CO2 - hier Climeworks' Anlage «Orca» in Hellisheidi, Island. Foto: Climeworks, 2021

Das Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050 erfordert, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu beschränken. Bis 2050 muss es gelingen, die weltweit emittierten Treibhausgase massiv zu reduzieren und den unvermeidbaren Teil zu kompensieren, etwa durch «Absaugen» von CO2.

Letzteres umfasst die sogenannten CCUS-Technologien. CCUS steht für Carbon Capture, Utilisation and Storage. Dabei wird CO2 direkt der Luft entnommen oder Treibhausgase werden aus industriellen Produktionsprozessen abgeschieden bevor sie in die Atmosphäre entweichen. Das CO2 wird anschliessend unterirdisch gespeichert oder in industriellen Prozessen wie etwa in der Herstellung synthetischer Kraftstoffe, Chemikalien oder Baumaterialien eingesetzt.

Das Marktforschungsunternehmen Bloomberg New Energy Finance (BNEF) hat alle CCUS-Projekte evaluiert und errechnete eine weltweite CCUS-Kapazität bis 2030 von 279 Megatonnen pro Jahr. Im Jahr 2021 standen wir bei 44 Megatonnen. Das entspricht einem kumulierten jährlichen Wachstum von 20 %.

Globale jährliche CCUS-Kapazität steigt stark an

Quelle: BNEF (Bloomberg New Energy Finance)

Das genügt aber bei Weitem nicht. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, braucht es gemäss der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) bis 2030 CCUS-Kapazitäten zwischen 1'000 und 2'000 Megatonnen. 2'000 Megatonnen entsprechen kumulierten Investitionen von schätzungsweise 400 Milliarden Dollar. Es besteht also noch grosses Potenzial.

CO2-Preis gibt die Richtung vor

Die rasche Realisierung dieses Potenzials ist massgeblich von den Gesamtkosten abhängig. Derzeit liegen die Kosten für die CO2-Abscheidung zwischen rund 330 USD/t für die direkte Abscheidung aus der Luft und zirka 20 USD/t für die Erdgasverarbeitung. Die hohe Variabilität der Kosten ist primär auf die unterschiedlichen CO2-Konzentrationen zurückzuführen. Hohe Konzentrationen verursachen in der Regel niedrigere Kosten pro Tonne.

Nivellierte Kosten der CO2-Abscheidung nach Sektor und CO2-Konzentration

Quelle: Internationale Energie Agentur (IEA) und Global Carbon Capture and Storage Institute (GCCSI)

Zu den Kosten der CO2-Abscheidung kommen Ausgaben für Transport (rund 30 USD/t) und Speicherung (rund 10 USD/t). Die Gesamtkosten für CCUS in den USA liegen deshalb derzeit bei durchschnittlich 80 USD/t.

 

Das ist vergleichbar mit dem Preis für ein EU-Emissionszertifikat (Stand: 3.1.23). Die Gesamtkosten von CCUS-Projekten werden höchstwahrscheinlich in den kommenden Jahren aufgrund technologischer Verbesserungen, Steuersubventionen und grösserer Produktionsvolumen weiter sinken.

Politisch gewollt und gefördert

Der Einsatz von CCUS-Technologien rechnet sich zunehmend aufgrund tendenziell steigender CO2-Preise. Hinzu kommt politischer Sukkurs. In den USA wurde 2022 der Inflation Reduction Act verabschiedet. Dieser hat die Steuergutschriften für Unternehmen pro abgeschiedene und gespeicherte Tonne CO2 massiv erhöht. Die Europäische Union unterstützt zudem im Rahmen des EU Green Deals CCUS-Projekte.

Gleichwohl gilt es die Risiken nicht ausser Acht zu lassen. Zum einen sind dies Risiken bei der sicheren Speicherung von CO2 im Erdreich. Lecks aufgrund seismischer Aktivität sind nicht auszuschliessen. Die Angst davor ist auch der Grund, weshalb sich auf kommunaler Ebene teilweise Widerstand gegen solche CO2-Speicher-Projekte formiert. Zum anderen könnte ein deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibender CO2-Preis die wirtschaftliche Attraktivität von CCUS-Projekten negativ beeinträchtigen.

Wie investieren?

Professionelle Anleger und Anlegerinnen mit fundiertem Know-how im Bereich Privatmarktanlagen können direkt in Unternehmen investieren, die CCUS-Anlagen besitzen und betreiben. Diese sind meist nicht börsenkotiert, benötigen aber zunehmend externe Finanzierung. Es gibt auch Private Equity Fonds mit Fokus auf Dekarbonisierungstechnologien. Zudem liesse sich am Thema über ausgewählte börsenkotierte Unternehmen partizipieren, die CCUS-Equipment und -Dienstleistungen verkaufen.

Daniel Fauser auf dem Blog – weitere Publikationen

Daniel analysiert im Asset Management der Zürcher Kantonalbank Themen im Bereich Nachhaltigkeit und veröffentlicht dazu turnusmässig auf unserem Blog - auch gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen. Hier weitere Blogs aus seiner Feder:

Elektrofahrzeuge und Batterien im Scheinwerferlicht, Oktober 2022

Klimaschutz: Zeitenwende in den USA, September 2022

Mit erneuerbarer Energie gegen Inflation und Versorgungsunsicherheit, August 2022

Carbon Pricing in Zeiten hoher Energiepreise, März 2022

Kategorien

Nachhaltigkeit