Das Preiswachstum geht deutlich zurück
Der Immobilienbarometer: Fakten und Trends zum Zürcher Immobilienmarkt | Oktober 2022
Text: Ursina Kubli, Analytics Immobilien
Noch vor wenigen Monaten standen an Besichtigungsterminen die Kaufinteressenten dicht gedrängt. Die Chance auf den Zuschlag war nahezu aussichtslos. Eigenheimsuchende hatten drei Optionen ihre Kaufchance zu erhöhen: Sie mussten ihren Suchradius erweitern, die Erwartungen senken, oder das Budget nach oben anpassen. Da letzteres bei den meisten Suchenden bereits ausgereizt war, konnten sie sich den Traum vom Eigenheim nur mit Kompromissen erfüllen. Viele Eigenheimkäufer akzeptierten grosse Umzugsdistanzen oder nahmen eine Verschlechterung der Mikrolage oder der Objektqualität gegenüber ihrer früheren Mietwohnungssituation in Kauf. Am Verkaufsmarkt gab es kaum noch Ladenhüter. «Hauptsache Eigenheim», schien sich so mancher zu sagen.
Studien und Umfragen erklären den Eigenheimwunsch mit mehreren Faktoren. Neben finanziellen Überlegungen spielen auch Sicherheit, Gestaltungsspielraum und Prestige eine wichtige Rolle. Sie alle sprachen im Tiefzinsumfeld für das Eigenheim. Inzwischen hat sich der monetäre Vorteil innert weniger Wochen in Luft aufgelöst. Bei einer 5-jährigen-Hypothek und einer 80%-Belehnung sind die Wohnkosten des Zürcher Eigenheims inzwischen auf dem Niveau einer vergleichbaren Mietwohnung. An teuren Lagen ist letztere sogar leicht günstiger. Grund genug, wählerischer zu sein. Das führt dazu, dass einzelne Verkaufsobjekte – sei es aufgrund überhöhter Preisvorstellungen oder unattraktiver Lage – nicht mehr in der ersten Insertionsrunde weggehen. Immer häufiger braucht es einen zweiten Anlauf. Manche Inserate erscheinen mit einem tieferen Angebotspreis, was den Verkauf begünstigt, aber ein schlechtes Signal sendet. Verkäufer spüren bereits die Zurückhaltung der Eigenheimsuchenden. Das Eigenheim wird nicht mehr um jeden Preis gekauft.
Höhere Hypothekarzinsen hinterlassen Spuren: Nachfrage beruhigt sich, während Angebot steigt.
Preiswachstum geht deutlich zurück
Die Zürcher Eigenheimpreise stiegen auch im dritten Quartal 2022 nochmals leicht an. Die Preisentwicklung ist aber deutlich rückläufig. Das Jahreswachstum fiel mit 7,9 Prozent wieder unter die 10-Prozent-Marke. Die Region ZWEX See hat mit +9,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr immer noch das stärkste Preiswachstum. Es zeigt sich aber auch in dieser Region eine deutliche Abkühlung der Preisdynamik. Die steigenden Hypothekarzinsen wirken sich auf die Nachfrage nach Eigenheimen aus und dämpfen das Preiswachstum.
Zürcher Wohneigentumsindex (ZWEX)
Jahresveränderung in %
Rückgang der Leerwohnungszahlen
Die Zahl der leeren Wohnungen in der Schweiz ist nun das zweite Jahr in Folge stark rückläufig. Es fehlt nicht nur an freien Eigenheimen, auch bei Mietwohnungen sind die Zeiten des Überangebots definitiv vorbei. Im Kanton Zürich werden sie an zentralen Lagen immer mehr zur Mangelware. Damit dürfte insbesondere der Ansturm auf Mietwohnungen weiter zunehmen. Indirekt stabilisiert diese Entwicklung den Eigenheimmarkt, da die geringere Auswahl an Mietobjekten bei vielen den Wunsch nach den eigenen vier Wänden erhalten lässt.
Leerwohnungsziffern
Anzahl leere Mietwohnungen, Schweiz und Kanton Zürich, relativ zum Wohnungsbestand
Angebotsmieten steigen weiträumig
Die geringere Zahl leerstehender Mietwohnungen hinterlässt bereits Spuren bei den Angebotsmieten. Diese stiegen in den letzten Monaten weiträumig an. In der Stadt Zürich erreichte der homegate.ch Angebotsmietindex jüngst ein rekordhohes Jahreswachstum. Seit dem Ende der Einschränkungen haben die Zentren also wieder sichtbar an Attraktivität gewonnen. Die Stadt Zürich stellt mit den Zuwächsen von über 6 Prozent alle anderen Schweizer Grossstädte in den Schatten.
Homegate Angebotsmieten
Vorjahreswachstum in%
Deutlicher Rückgang der Preisdynamik in Sicht
Die steigenden Hypothekarzinsen haben einen dämpfenden Effekt auf die Wohneigentumsnachfrage. Wir erwarten einen stabilen Eigenheimmarkt, allerdings mit einem stark gebremsten Preiswachstum. Bei den Mieten zeigt die Dynamik in die andere Richtung. Die hohe Nettozuwanderung erhöht die Mietwohnungsnachfrage, während Leerstände und Bautätigkeit zurückgehen. In der Folge steigen die Angebotsmieten. Aber auch bestehende Mieter bleiben vor höheren Wohnkosten nicht verschont. Der Referenzzinssatz wird im nächsten Jahr steigen und mit ihm die Bestandesmieten.
ZKB Immobilienprognosen
Letzte Prognose-Anpassung: Oktober 2022