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«Wir setzen auf lang­fristige Kunden­bezieh­ungen»

Seit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS vor zwei Jahren hat sich der Bankenmarkt verändert. Auch für Firmenkunden. Doch welche Unternehmen spüren diese Veränderung am stärksten? Jürg Bühlmann, Leiter Firmenkunden bei der Zürcher Kantonalbank, weiss es. Im Interview spricht er über Wachstumspläne, eine drohende Kreditklemme und die Bedeutung von langfristigen Kundenbeziehungen – gerade in schwierigen Zeiten.

Interview: Andreas Dürrenberger / Bilder: Simon Baumann

Jürg Bühlmann, Mitglied der Generaldirektion Zürcher Kantonalbank

Jürg Bühlmann, es ist nun ziemlich genau zwei Jahre her, dass die UBS die CS übernommen hat. Wie hat sich der Bankenmarkt für Firmenkunden seither verändert?

Das kommt ganz auf das Segment an, das man betrachtet. Im Bereich der typischen KMU hat sich durch das Verschwinden der CS gar nicht so viel verändert. Hier gibt es zahlreiche Finanzinstitute, die aktiv sind – die Auswahl für KMU ist nach wie vor gross. Im Segment der grossen kotierten Gesellschaften sind vor allem ausländische Banken aktiver geworden. Sie wittern nach dem CS-Aus offensichtlich eine Chance, in der Schweiz Marktanteile zu gewinnen. Am stärksten spürbar ist die Veränderung für national aufgestellte grössere Unternehmen. Dazu zählen viele der grössten 500 Unternehmen der Schweiz, die nicht Teil des SMI sind. In diesem Segment war die CS sehr aktiv und gut positioniert. Diese Unternehmen sind für ausländische Anbieter zu klein, für viele hiesige Banken aber zu gross. Für diese Unternehmen ist die Marktsituation schwieriger geworden.

Man hört aber immer wieder, dass auch KMU Schwierigkeiten haben, an Finanzierungen zu gelangen. Teilweise ist gar von einer drohenden Kreditklemme die Rede.

Bei den KMU stellen wir das nicht fest. Wie gesagt, der Markt in diesem Segment spielt und die Kreditversorgung ist gewährleistet. Das hat auch eine kürzlich vorgestellte Studie der Schweizer Bankiervereinigung gezeigt: Im Vergleich zu europäischen Wettbewerbern haben KMU in der Schweiz einen umfassenden Zugang zu Finanzierungen bei durchschnittlich geringeren Finanzierungskosten. Auch die nationalen Statistiken zu den Kreditvolumen zeigen bei den ungedeckten Krediten keinen Rückgang.

Die Finanzierungskosten sind in letzter Zeit gestiegen, trotz sinkender Leitzinsen. Woran liegt das?

Das liegt an den gestiegenen Refinanzierungskosten und betrifft alle Schweizer Banken gleichermassen. Es handelt sich also nicht um eine Ausweitung der Margen der Banken, sondern um eine teilweise Weitergabe der höheren Kosten.

Vor zwei Jahren wurde vielfach die Erwartung geäussert, dass die ZKB die entstandene Lücke im Schweizer Markt füllen soll. Konnte die Bank dieser Erwartung gerecht werden?

Wir haben immer gesagt, dass wir als grosse Universalbank mit unserem umfassenden Leistungsspektrum die Schweizer Alternative zur Grossbank sind. Im Wirtschaftsraum Zürich waren wir das sowieso schon immer – das gibt uns auch der Leistungsauftrag des Kantons als unser Eigentümer vor. Diesem Leistungsauftrag werden wir vollumfänglich gerecht. Wir pflegen zu mehr als der Hälfte der KMU in unserem Wirtschaftsraum eine Beziehung – Tendenz weiterhin steigend. Klar ist gleichzeitig auch: Wir bleiben unserer Strategie und der bewährten Risikopolitik treu. Unser Fokus liegt auf dem Wirtschaftsraum Zürich und schweizweit auf den 5000 grössten Unternehmen des Landes und auf institutionellen Kunden.

Wie hat sich das Firmenkundengeschäft der ZKB denn letztes Jahr entwickelt?

Sehr erfreulich! Ende 2023 zählten wir rund 58'000 Unternehmen zu unseren Kunden, ein Jahr später waren es 60'000, der grösste Teil davon sind KMU.

Lag diese Zunahme vor allem an den Veränderungen im Bankenmarkt?

Wir haben die Unruhen um die CS bereits vor der Bekanntgabe der Übernahme durch die UBS gespürt. Die Nachfrage nahm dann in der Folge auch weiter zu. Dabei spielte auch eine Rolle, dass wir als zweite Kraft im Schweizer Firmenkundengeschäft nun noch mehr als früher im Rampenlicht standen und weiterhin stehen. Der Markt ist im Übrigen weiterhin in Bewegung. Veränderungen im Firmenkundengeschäft passieren nicht von heute auf morgen. Ein Wechsel der Bank nimmt Zeit in Anspruch und kostet Energie. Man muss das Zahlungsverkehrssystem anpassen, Berechtigungen ändern, zahlreiche Dokumente einreichen, hat laufende Kredite und so weiter. Wir verfolgen zudem schon länger eine Wachstumsstrategie im Bereich der 5000 grössten Unternehmen im Land und bei den institutionellen Kunden wie Pensionskassen. Hier sehen wir schweizweit nach wie vor auch das grösste Wachstumspotential.

Wir haben immer gesagt, dass wir als grosse Universalbank mit unserem umfassenden Leistungsspektrum die Schweizer Alternative zur Grossbank sind.

Jürg Bühlmann, Leiter Firmenkunden bei der Zürcher Kantonalbank

Wie sieht es mit dem Wachstum im Heimmarkt – dem Kanton Zürich – aus?

Mit jedem zweiten Unternehmen im Kanton pflegen wir bereits eine Beziehung. Sicherlich gibt es auch hier noch Potenzial – zum Beispiel, indem wir für noch mehr Unternehmen, die eine Mehrbankenstrategie fahren, zur Hausbank werden. Sehr erfreulich entwickeln sich auch die Firmengründungen, die schweizweit und vor allem auch im Kanton Zürich seit Jahren zunehmen. Hier konnten wir uns mit unserem Gründerdesk sehr gut positionieren und zahlreiche Neukunden gewinnen. Mit dem Gründerdesk bieten wir Gründerinnen und Gründern ein umfassendes Beratungs- und Dienstleistungsangebot aus einer Hand zu sehr attraktiven Konditionen. Bei den Kapitalgesellschaften konnten wir rund ein Drittel der Neugründungen im Kanton begleiten und wachsen in diesem Bereich über dem Markt. Der Gründerdesk ist für uns im Bereich der Gewerbekunden sehr wichtig.

Letztes Jahr hat die ZKB erstmals den Schritt aus dem Kanton gemacht und ein Vertriebsbüro in Lausanne eröffnet, um Pensionskassenkunden in der Romandie zu betreuen. Hat sich dieser Schritt gelohnt?

Definitiv ja! Das Geschäft mit Pensionskassen ist für uns sehr wichtig. Wir bieten institutionellen Kunden alle Dienstleistungen, die sie benötigen – von Global Custody bis zum Anlagegeschäft. Wir waren im Pensionskassenmarkt in der Westschweiz schon länger aktiv und sahen dort weiteres Wachstumspotenzial. Deshalb haben wir uns entschlossen, unsere Präsenz vor Ort auszubauen – mit einem Standort in der Region und einem Team, das dort verankert ist. Eine lokale Präsenz ermöglicht eine grössere Nähe, ein besseres Verständnis der Bedürfnisse und eine erleichterte Kommunikation. Die Rückmeldungen unserer Kunden sind ausgesprochen positiv. Das Team vor Ort macht einen grossartigen Job und die ZKB geniesst schweizweit einen sehr guten Ruf. Das spüren wir und sind sehr zufrieden mit der Entwicklung in der Romandie.

Wirtschaftlich erleben wir gerade turbulente Zeiten. Die geopolitische Lage ist angespannt und die USA unter Donald Trump sorgen mit ihrer Zollpolitik für zusätzliche Unsicherheit. Es droht gar ein Handelskrieg. Wie macht sich dies im Firmenkundengeschäft bemerkbar?

In unseren Zahlen schlägt sich dies derzeit nicht nieder, dafür ist es noch zu früh. Von unseren Kunden, die in den USA einen grossen Absatzmarkt haben, hören wir natürlich, dass sie zu kämpfen haben. Die Auftragsbücher brechen teilweise ein, weil die Abnehmer momentan sehr zurückhaltend sind. Ich hoffe, dass bald eine Einigung mit den USA erzielt wird und diese Unsicherheit wieder abnimmt. Auch sonst ist die Lage für exportorientierte Unternehmen herausfordernd, auch mit Blick auf Europa. Deutschland beispielsweise kränkelt schon länger, dies spüren zum Beispiel die Zulieferer der Automobilindustrie deutlich. Aber auch der Ukraine-Konflikt oder die Auswirkungen der hohen Energiepreise haben Wunden hinterlassen.

Bereiten Ihnen diese Entwicklungen mit Blick auf das Firmenkundengeschäft der ZKB Sorgen?

Sorgen? Nein. Klar ist es bedauerlich, wenn sich die konjunkturellen Aussichten verschlechtern und gewisse Branchen mit Problemen kämpfen. Das tut mir auch ganz persönlich leid für die betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer und ihre Mitarbeitenden. Die aktuelle Situation führt bei uns derzeit nicht zu einer Alarmstimmung. Die Schweiz und ganz speziell auch der Wirtschaftsraum Zürich stehen im internationalen Vergleich noch immer sehr gut da. Natürlich überwachen wir gewisse Kreditbücher nun noch genauer und bereiten uns auf verschiedene Szenarien vor. Aber wir sind für unsere Kunden auch in konjunkturell herausfordernden Zeiten eine verlässliche Partnerin. Wir machen nicht einfach den Schirm zu, wenn es mal regnet.

Was bedeutet das konkret?

Wir setzen auf langfristige Kundenbeziehungen. Das ist für uns im Firmenkundengeschäft zentral. Eine Bankbeziehung hat viel mit Vertrauen zu tun. Dieses Vertrauen aufzubauen, benötigt Zeit – für den Kunden und für uns. Wenn das Geschäft läuft, gibt jede Bank gerne einen Kredit. Wenn allerdings Wolken aufziehen, zeigt sich, wer ein wirklich verlässlicher Partner ist. Und ich bin klar der Meinung, dass man einem gesunden, nicht überschuldeten Unternehmen weiterhin Finanzierungen ermöglicht, auch wenn es gerade ein Tal durchschreiten muss. Ein Tief zu überwinden, benötigt eine gewisse Zeit – vielleicht ist auch mal eine Liquiditätsüberbrückung nötig. Während dieser Zeit überwacht man die Entwicklung genau und begleitet das Unternehmen eng. Auch das ist für mich ein Teil unseres Leistungsauftrags und trägt zur Stabilität unserer Wirtschaft bei.