Pensionskassenstudie 2023: Die wichtigsten Ergebnisse

Auf das Rekordjahr 2021 folgten weitere Rekorde – 2022 jedoch mit negativen Vorzeichen: durchschnittlich –8,8 Prozent Rendite, im Schnitt rund zehn Prozentpunkte tiefere Deckungsgrade und eine reale Negativverzinsung der Vorsorgevermögen von 0,9 Prozent. Trotz der Verluste sind die Kassen solide aufgestellt und deutlich robuster als in den Vorjahren.

Text: Melanie Gerteis / Video: Mathieu Gilliand

Die Studienverantwortlichen Heini Dändliker, Leiter Key Account Management und Leiter Firmenkunden Markt Schweiz der Zürcher Kantonalbank, sowie Iwan Deplazes, Leiter Asset Management der Zürcher Kantonalbank, ordnen die wichtigsten Ergebnisse ein.

Herr Dändliker, nach dem fulminanten Börsenjahr 2021 waren die Pensionskassen 2022 stark gefordert. Welche Ergebnisse freuten Sie besonders?

Heini Dändliker: Die Mehrheit der Pensionskassen hat den Stresstest gut bestanden. Es zahlte sich aus, dass die meisten Pensionskassen in den vergangenen Jahren ihre Hausaufgaben gemacht haben. Die Kassen litten zwar unter den volatilen Märkten, die über die Jahre aufgebauten Reserven federten das schlechte Börsenjahr jedoch ab. So ging die Nettorendite von durchschnittlich –8,8 Prozent nicht unmittelbar zulasten der Versicherten. Es lag eine gute Verzinsung von durchschnittlich 1,9 Prozent drin.

Erfreulich ist ebenfalls, dass die Deckungsgrade der meisten Pensionskassen nach wie vor solid sind. Rund ein Drittel der privatrechtlichen Pensionskassen wies Ende 2022 einen Deckungsgrad von über 115 Prozent aus.

Und: Auf der Leistungsseite zeigen sich drei positive Entwicklungen. Der technische Zinssatz ist mit einer Ausnahme von 2003 auf 2004 erstmals seit 1985 wieder leicht angestiegen, bei den Umwandlungssätzen zeichnet sich eine Stabilisierung ab und die Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentenbezügern ist mittlerweile kleiner.

Dies klingt alles vielversprechend. Wo machten sich die letztjährigen Turbulenzen dennoch bemerkbar?

Heini Dändliker: Die Deckungsgrade sind um durchschnittlich zehn Prozentpunkte gesunken und damit auch die Wertschwankungsreserven. Zudem resultierte erstmals seit 2000 aufgrund der Teuerung eine negative Realverzinsung von –0,9 Prozent auf den Alterssparkapitalien.

Wie hoch sind die Renditeunterschiede zwischen den Kassen, Herr Deplazes?

Iwan Deplazes: Die sind enorm. Durchschnittlich erwirtschafteten die Pensionskassen –8,8 Prozent, wobei die erzielten Renditen auf einer Bandbreite von –1,0 Prozent bis –16,2 Prozent deutlich auseinanderklaffen. Es ist die breiteste Streuung seit der Finanzkrise von 2008. Damals lagen die Renditen zwischen –26,0 und –1,9 Prozent.

Erfreulich ist, dass die Marktkorrektur 2022 die Pensionskassen aufgrund der geäufneten Reserven weniger stark traf als vor 15 Jahren.

Was heisst dies für Versicherte und Rentner, wenn die Renditen so stark divergieren?

Iwan Deplazes: Je besser die Performance, desto leistungsfähiger die Kasse. Und dies wirkt sich direkt auf die Versicherten aus.

Ein plakatives Beispiel aus unserer aktuellen Studie: Während das beste Zehntel der Kassen über fünf Jahre jährlich 3,9 Prozent erwirtschaftete, erzielte das schlechteste Zehntel der Kassen 0,2 Prozent pro Jahr. Diese Unterschiede sind frappant: eine über 18 mal höhere Performance – stellen Sie sich nur die entgangenen Anlageerträge vor …

Weshalb schneiden gewisse Kassen schlecht, andere gut ab?

Iwan Deplazes: Die Hauptursache findet sich in der Asset Allocation. Die aktuelle Pensionskassenstudie zeigt, dass defensiv aufgestellte Kassen mit hohen Obligationenquoten von durchschnittlich 38,7 Prozent zu den grössten Verlierern gehörten. Die vermeintlich sichere Anlageklasse konnte ihre defensiven Qualitäten in der aktuellen Krise nicht ausspielen – im Gegenteil.

Das erfolgreichste Zehntel der Kassen war knapp zur Hälfte in illiquide und alternative Anlagen investiert. In der Schweiz zählen auch Immobilien zu dieser Anlageklasse. Die illiquiden Anlagen stützten die Performance, als Aktien und Obligationen zweistellige Verluste erlitten.

Gibt es noch weitere Faktoren?

Iwan Deplazes: Ja, etwa die Kassengrösse, ein höherer Anteil aktiv verwalteter Anlagen, das Verhältnis zwischen aktiven Versicherten und Rentner und so weiter. Eine Generalisierung ist schwierig, denn jede Kasse ist individuell und verfügt über eine unterschiedliche Risikofähigkeit und Ausgangslage.

Die Studie zeigt dennoch, dass sich aktiv gemanagte Anlagen in herausfordernden Börsenjahren bewähren: Vorsorgeeinrichtungen, die mehr als 30 Prozent des Vermögens aktiv verwalteten, erzielten eine höhere Rendite als jene mit einem geringeren Anteil. Dies gilt auch in der mittleren Frist über zehn Jahre: Aktive Anlagestrategien erwirtschafteten Jahr für Jahr 3,7 Prozent, passive Anlagestrategien 3,5 Prozent. Fazit: Die richtige Anlagestrategie ist und bleibt elementar, nicht nur für die finanzielle Fitness der Kassen, sondern auch für die Leistungen der Versicherten.

Herr Dändliker, wie stehen die Aussichten auf bessere Leistungen?

Heini Dändliker: Auch dies ist von Kasse zu Kasse unterschiedlich. Generell stimmen mich die aktuell steigenden Zinsen vorsichtig positiv, eine wesentliche Grundlage, um auf lange Sicht Leistungsverbesserungen zu ermöglichen. Nach über zehn Jahren im Sinkflug zeichnet sich bei den Umwandlungssätzen zudem eine Stabilisierung ab.

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Über die Schweizer Pensionskassenstudie

Die Schweizer Pensionskassenstudie von Swisscanto ist die umfassendste Studie zum Zustand der Schweizer Pensionskassen. An der Schweizer Pensionskassenstudie 2023, der 23. Ausgabe in dieser Reihe, nahmen 472 Vorsorgeeinrichtungen teil. Das erfasste Vermögen der Umfrageteilnehmenden beläuft sich auf CHF 738 Mrd. Gesamthaft sind damit knapp 3,9 Millionen Versicherte repräsentiert.

Die Studie bietet detaillierte Ergebnisse für das Jahr 2022, ergänzt mit zahlreichen Angaben über die Entwicklung der letzten fünf bis zehn Jahre.