Landbesitz ist eine Fiktion

Christoph Schenk, Chief Investment Officer (CIO) der Zürcher Kantonalbank, schreibt in seiner Kolumne rund ums Thema Geld und Anlegen.

Text: Christoph Schenk / Porträtillustration: Florian Bayer | aus dem Magazin «ZH»2/2023

Die Illustration zeigt ein Porträt von Christoph Schenk, Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank.
Christoph Schenk, Chief Investment Officer (CIO) der Zürcher Kantonalbank

Wir alle brauchen einen Platz, um auf dieser Welt zu sein, zu leben und zu arbeiten. Niemand kommt ohne Boden aus, den der Mensch zwar nicht selbst geschaffen hat, aber dennoch für sich beansprucht.

Als die US-Regierung der indigenen Bevölkerung Nordamerikas 1854 Land abkaufen wollte, erklärte Chief Seattle, Häuptling der Suquamish und Duwamish, angeblich in einer Rede, dass nicht die Erde dem Menschen gehöre, sondern der Mensch der Erde. Er fragte, wie man den Himmel oder die Wärme der Erde kaufen oder verkaufen könne. Diese Vorstellung sei ihm fremd, denn niemand könne die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers besitzen, geschweige denn verkaufen.

Boden ist zweifellos kein gewöhnliches Gut, und wer ihn besitzen soll, darüber lässt sich kontrovers philosophieren und diskutieren. Und selbst wer nach modernen und rechtsstaatlichen Kriterien legal ein Stück Land sein Eigen nennt, ist dennoch an viele Regeln und Pflichten gebunden. Vor allem gegenüber dem Staat, indem er geltende Gesetze befolgt, Vereinbarungen einhält und Steuern bezahlt.

Eigentum verpflichtet, und auch ein Landeigner hat letztlich keine absolute Verfügungsgewalt über seinen Grund und Boden. Im Kern hatte Chief Seattle recht: Eigentum an Boden ist eine Fiktion.

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