Plan und Zufall

Katja Schenkers Umgang mit Material ist Kalkül und Gefühl.

Text: Markus Wanderl | aus dem Magazin «ZH» 2/2022

Künstlerin Katja Schenker
Künstlerin Katja Schenker in ihrem Atelier. (Bild: Simon Habegger)

Performancekünstlerin? Am ehesten. Vielleicht. Doch Schublade auf. Und Schublade zu. Jedenfalls stand Katja Schenker im Verlaufe eines riesenhaften Prozesses inmitten des Rohbaus der Fachhochschule Nordwestschweiz in Muttenz, vor ihr ein hohes Gerüst, es war bitterkalt – und sie wusste, ein elf Meter hoher Monolith war dort von ihr zu errichten, zu befüllen. Sie würde auf der Baustelle monatelang wohnen, essen, schlafen. Denn am Ende allein den Turm gesamthaft zu beschneiden – 17 Zentimeter an jeder der vier Seiten, dies mit einem von einem Spezialisten gesteuerten und mit Diamanten gespickten Spezialseil – würde sechs Monate dauern. Die Grösse der Aufgabe, wohl war sie Katja Schenker nie bewusster.


Ganz am Anfang war eine Grube, woanders, und die Turmidee noch weit weg. Fast zehn Jahre vorher gräbt Katja Schenker sie, einige wenige Meter im Umfang gross, so tief nicht. Das Armierungseisen muss hier sein, im Gegensatz zum Turm, denn sie wird, nachdem sie die Grube von der Mitte aus akkurat mit Hölzern, Gesteinen und Erzen bestückt und mit Betoncreme stabilisiert hat, diesen Koloss mit schwerem Gerät um 180 Grad drehen lassen. Unten ist nun oben, es ist der Stempel, die erdige und ungeformte Seite, die die Künstlerin interessiert. Des Steines Wurzeln. Und dann eben der Turm: Was wohin? Regie führen durch die schichtenweise Anordnung auch diesmal während Monaten eigens zusammengetragener Rohstoffe – dieser Flussbett-Stein, er muss es sein! Und am Schluss das Entstehen wie einer Behausung, in der Dinge Geborgenheit finden, wie von Leichtigkeit.

Katja Schenker

Katja Schenker (53) studierte Komparatistik, Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität Zürich und der École des hautes études en sciences sociales in Paris. Ihre Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit drei Swiss Art Awards und dem Performancepreis Schweiz. Schenker lebt und arbeitet in Zürich.

katjaschenker.ch

Katja Schenker, «Wie tief ist die Zeit?», 2017, Beton und verschiedene Rohstoffe,  120 x 206 x 16 cm (Cut)
Katja Schenker, «Wie tief ist die Zeit?», 2017, Beton und verschiedene Rohstoffe, 120 x 206 x 16 cm (Cut). Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin. (Bild: Flavio Pinton)

Serie «Kunstpause»

Die Zürcher Kantonalbank sammelt Zürcher  Gegenwartskunst. Damit fördert sie die Kreativwirtschaft im Sinne des Leistungsauftrags. Ob Malerei, Zeichnung, Videokunst, Skulptur oder Kunst am Bau: Die Werke sind im ganzen Kanton in den Räumlichkeiten der Bank ausgestellt.

In der Serie «Kunstpause» geben wir Einblick in die Sammlung und porträtieren jeweils eine Künstlerin oder einen Künstler und stellen ein Werk vor.

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