Kurs Innovation: Hülle und Fülle

Die gesamte Geschmackswelt in eine Teigtasche packen? Das geht, sagen die Macher von Madame Sum – und lancieren in ihrer Ghost Kitchen den Dumpling 2.0.

Text: Patrick Steinemann / Illustration: Sarah Mazzetti | aus dem Magazin «ZH» 3/2022

Illustration Madame Sum

Ravioli, Empanada, Momo, Samosa, Dim-Sum, Maultasche, Capuns – ein geniesserischer Gedankenrundflug um die Welt der Esswaren mit Hülle und Füllung? «Ja», würde eine versierte Kulinarikerin antworten und ins Schwelgen kommen. «Ja –und noch sehr viel mehr», meint hingegen Yves Jäger. Er führt uns durch eine Grossküche voller Düfte – und mitten hinein in die Gründungs­geschichte seines Unternehmens Madame Sum. «Ein Dumpling», sagt Jäger, «das bedeutet die gesamte Geschmacksvielfalt in einem Gericht.»

Für den koch- und essfreudigen Jäger (28) und zwei Kommilitonen an der Hotelfachschule Lausanne ist der Dumpling deshalb eine besonders lustvolle Inspirationsquelle auf Reisen und an den Orten seiner Praktika. Und bald ist der Dumpling auch als Hauptspeise gesetzt auf ihrem Menü- und Businessplan, den sie nach Abschluss der Ausbildung erstellen.

Die drei Gastronomen werden also zu Gründern; sie mischen frische Zutaten zu immer neuen Füllungen, tüfteln an der Konsistenz und der Farbe der Teighülle. Bald ist eine ehemalige Bäckerei in Herrliberg als Pop-up-Küche bezogen, bald sind die ersten Prototypen an Street-Food-Festivals getestet und ist das Konzept für eine Dumpling-Bar geschrieben. Auch der Vertrag für ein Lokal liegt schon auf dem Tisch – doch dann kommt die Pandemie und damit der Lockdown – und deshalb sind auch bei den Jungunternehmern Ofen und Herd erst einmal aus.

Von der Bar ins Web

Der Stillstand dauert bei Yves Jäger und seinen Freunden allerdings nur ein paar Tage – dann haben sie neben den Dumplings auch noch einen Webshop kreiert. Aus den Restaurant-Plänen wird eine Ghost Kitchen, eine Küche ohne Gastraum. Und aus den Köchen werden Versandhändler. Von der neuen Lust der Schweizerinnen und Schweizer, ihr Essen nach Hause zu bestellen, profitieren auch die Macher von Madame Sum: Ihr Esslieferdienst mit den gefrorenen Dumplings, die mit Dampf einfach zubereitet werden können, floriert. Sie holen sich personelle Verstärkung an Pfannen und Töpfen und beziehen im Sommer 2021 eine ehemalige Kantinenküche in Dübendorf als neuen Firmenstandort.

Nur ein Vorurteil hängt irgendwie noch in der Luft: Dass Tiefkühlmenüs minderwertige Kost seien. Natürlich haben Yves Jäger und seine Compagnons die entsprechende Argumentation schon parat: «Wir arbeiten nicht mit Halbfabrikaten, sondern nur mit frischen Zutaten. Durch die Schockfrostung bei – 35 Grad bleibt diese Frische auch in den Dumplings bestens erhalten.»

Diese Qualität hat ihren Preis: Die Dumplings von Madame Sum sind ein Premiumprodukt. «So heben wir uns klar von der Masse der Low-Budget-Foodlieferdienste ab», sagt Jäger, der für das Produktmanagement und den Einkauf zuständig ist. Diese Strategie überzeugt offenbar auch Gourmetköche: Seit diesem Jahr führt Madame Sum eine «Chef’s Edition», hier packen Köche von Michelin-Restaurants ihre Ideen in einen Dumpling. «Unerwartete Geschmacksexplosionen als Resultat einer inspirierenden Zusammenarbeit», so lautet das Fazit von Jäger, der in diesem Moment auch ein Verkäufer ist.

Innovation = Offenheit × Mut × Geduld

Doch wie gelingt es, dass zwischen Blumenkohlrösten, Bällchenformen und dem Abarbeiten von Bestellungen die Kreativität nicht auf der Strecke bleibt? «Wir verstehen unsere Küche nicht nur als Produktionsort, sondern auch als Atelier. Wir wollen Grenzen ausloten», sagt Yves Jäger. Dazu gehöre es, Neues auszuprobieren, obwohl andere manchmal davon abrieten. Innova­tion hat für die Macher von Madame Sum deshalb viel mit Offenheit, Mut und Geduld zu tun. Aber auch damit, den Status quo immer wieder zu hinterfragen.

An Ideen, wie sie Madame Sum weiterent­wickeln können, mangelt es den drei Gründern nicht. So sehen sie ihre Dumplings auch als ideales Angebot von Restaurants oder Kantinen. Und die Lieferung könnte ihrer Ansicht nach mit weiteren Standorten problemlos europaweit funktionieren. Die passenden Dumplings von «Loup de Mer» über «Lasagna» bis hin zu «Planted Kebab» haben sie ja schon im Angebot.

Website von Madame Sum

Serie «Kurs Innovation»

Um die Ecke denken, Technologien anders aufsetzen, versteckte Märkte entdecken: Wer Dinge neu anpackt, wagt oft viel – und kann noch mehr gewinnen.

In der Serie «Kurs Innovation» stellen wir die innovativsten Unternehmen aus dem Kanton Zürich vor.

Kategorien

ZH