Bankensektor hält Finanzmärkte in Atem

Die aktuellen Geschehnisse im Bankensektor sorgen für Volatilität an den Finanzmärkten. Lesen Sie die detaillierte Einschätzung der Zürcher Kantonalbank von Chefstratege, Manuel Ferreira.

Text: Manuel Ferreira

Der unerwartete Konkurs der Silicon Valley Bank (SVB) ist im Wesentlichen auf ihre spezielle Geschäftstätigkeit sowie ein ungenügendes Risikomanagement zurückzuführen und nicht auf eine generelle Fehlentwicklung im US-Finanzsektor.

Notenbanken und Aufsichtsbehörden stabilisieren die Finanzmärkte

Dementsprechend erwarten wir, dass die getroffenen Massnahmen der US-Notenbank Fed, der US-Finanzaufsicht und des US-Finanzministeriums weiterhin für eine Beruhigung der Situation sorgen werden. Die Aussage des Vorsitzenden der Saudi National Bank, dass sie als grösster Aktionär der Credit Suisse kein weiteres Kapital einschiessen werden, hat am Mittwoch, 15. März 2023 die Turbulenzen an den Finanzmärkten erneut entfacht. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) haben jedoch klar festgehalten, dass von den Problemen im US-Bankensektor keine Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt ausgeht und dass die Credit Suisse bei Bedarf zusätzliche Liquidität von der SNB erhalten wird. Als Kreditgeber der letzten Instanz werden die Notenbanken im Ernstfall weitere Massnahmen ergreifen, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Aus heutiger Sicht droht deshalb keine globale Finanzkrise.

Bekämpfung der Inflation bleibt in der Geldpolitik oberste Priorität

Die Notenbanken befinden sich jedoch nun in einem offensichtlichen Dilemma. Die Inflationsrisiken sind nicht gebannt. Gleichzeitig haben mit den jüngsten Entwicklungen die Sorgen über die Stabilität des Finanzsystems und die Konjunktur zugenommen. Die Kernaufgabe der Geldpolitik bleibt aber die Gewährung der Preisstabilität, weshalb wir nächste Woche sowohl von der US-Notenbank wie auch von der SNB einen weiteren Zinsschritt von 25 bzw. 50 Basispunkten erwarten. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins heute wie von uns erwartet um weitere 50 Basispunkte auf 3.50% erhöht und den Entscheid mit dem immer noch viel zu hohen Preisdruck begründet. Für einen geldpolitischen Kurswechsel ist es somit noch zu früh.
 

In den Portfolios bleiben wir defensiv aufgestellt.

Manuel Ferreira, Chefstratege

Konjunktureinschätzungen bleiben unverändert

Aufgrund der stark gestiegenen Leitzinsen und der hohen Inflation waren unsere Konjunkturaussichten bereits vor den jüngsten Entwicklungen verhalten. Wieso? Eine restriktivere Geldpolitik schlägt sich erfahrungsgemäss erst mit einer Verzögerung von mehreren Monaten vollumfänglich in den Wachstums- und Inflationszahlen nieder. In dieser Phase des Konjunkturzyklus verschärfen typischerweise die Geschäftsbanken bei der Kreditvergabe ihre Konditionen. Gleichzeitig nimmt die Kreditnachfrage von Unternehmen und Haushalten ab. Beides belastet das Wachstum und den Arbeitsmarkt. Ausserdem sorgt dies dafür, dass die Inflationsraten rund um den Globus weiter abnehmen werden.

Defensive Ausrichtung hat sich bewährt

Vor diesem Hintergrund hatten wir die gesamtwirtschaftliche Lage bereits im Vorfeld der jüngsten Verwerfungen als fragil eingeschätzt. Daher reduzierten wir die Aktiengewichtung und erhöhten die Obligationen- sowie Liquiditätsquote und richteten damit die Portfolios der Vermögensverwaltungsmandate defensiv aus. Retrospektiv war dies die richtige taktische Entscheidung. Im Weiteren stellt die Silicon Valley Bank keine Gefahr für die Portfolios der Vermögensverwaltungsmandate dar. Auch die Position der Credit Suisse ist marginal.

Taktische Anlagepositionierung bleibt unverändert

Aus heutiger Sich erachten wir die Ansteckungsgefahr für das globale Bankensystem als gering. Dennoch stellt ein zunehmender Vertrauensverlust im Bankensektor ein Risiko dar. Das Hoffen und Bangen der Investoren wird die Schwankungen an den Finanzmärkten weiter hochhalten. Aus diesem Grund nehmen wir keine Änderungen an der aktuellen Anlagepositionierung vor und bleiben defensiv aufgestellt. Wir werden die Entwicklung an den Finanzmärkten weiter beobachten und gegebenenfalls Anpassungen in den Portfolios vornehmen