Rosinen picken am CHF-Obliga­tionen­markt

2022 war das Jahr der Zinswende. Das neue Zinsniveau ist nicht nur für unsere Altersvorsorge ein Segen, sondern eröffnet auch attraktive Anlagechancen am CHF-Obligationenmarkt. Welche Rosinen Sie bereits picken könnten, lesen Sie im Beitrag von Anlagespezialist Jens Schweizer.

Text: Jens Schweizer / Bild: Andreas Guntli

«Der CHF-Obligationenmarkt ist ein sehr vielseitiger Zinskuchen», Jens Schweizer, Anlagespezialist. (Bild: guanabarino/Pixabay)

Das Jahr 2022 wird als Jahr der Zinswende in die Annalen eingehen. Zentralbanken rund um die Welt begegneten der gestiegenen Inflation mit einer restriktiven Geldpolitik. Die Renditen auf dem CHF-Obligationenmarkt haben sich nicht nur aus dem negativen Bereich gelöst, sondern auch Niveaus erreicht, die wir seit dem Nachgang der Finanzkrise nicht mehr gesehen haben.

Was bei bestehenden Obligationen zu schmerzhaften temporären Verlusten führte, ist langfristig eine gesunde Entwicklung. Kapital, die zentrale Steuerungsgrösse unseres Wirtschaftssystems, erhält wieder einen Wert. Das neue Zinsniveau ist nicht nur für unsere Altersvorsorge ein Segen, sondern eröffnet auch attraktive Anlagechancen am CHF-Obligationenmarkt.

Gute Bonitäten mit Zinsvorteil gegenüber Staatsanleihen

In der Schweiz erwarten die Experten der Zürcher Kantonalbank zwar kurzfristig weiteres Anstiegspotenzial bei den Zinsen. Ihrer Meinung nach unterschätzen die Marktteilnehmer das Risiko weiterführender Leitzinserhöhungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Am verletzlichsten scheinen hier aber die Staatsanleihen der Eidgenossenschaft zu sein. Die Renditen anderer Anleihensegmente mit vergleichbaren Bonitäten bieten hingegen bereits attraktive Einstiegsniveaus.

Bei einer differenzierteren Betrachtung fällt nämlich auf, dass selbst Emittenten mit sehr guter Kreditqualität einen stark gestiegenen Zinsaufschlag gegenüber Staatsanleihen aufweisen, was zuletzt während der Finanzkrise beobachtet werden konnte. Zu diesen Schuldnern zählen beispielsweise Pfandbrief- oder Kantonalbanken, einige Lokalbehörden und supranationale Organisationen. Bei tiefen Bonitäten ist weiterhin Vorsicht angebracht. Die Experten der Zürcher Kantonalbank erachten hier den Einstieg aufgrund der konjunkturellen Eintrübung als verfrüht.

Ausländische Emittenten mit Zinsvorteil gegenüber inländischen Schuldnern

Eine zweite Auffälligkeit ergibt der Vergleich von in- und ausländischen Emittenten. Aktuell bieten Obligationen ausländischer Emittenten einen selten gesehenen Zinsvorteil. Diese Differenz ist mitunter auf die leicht schlechtere Kreditqualität der ausländischen Schuldner zurückzuführen. Die Bonität ist aber in den gängigen Indizes mit einem AA– nur wenig tiefer als bei inländischen Emittenten (AA+). Sie emittieren auch meist kürzere Laufzeiten, was zu einem geringeren Zinsrisiko führt. Das Potenzial für eine substanzielle Fortsetzung der bereits weit gelaufenen Kreditaufschläge für gute Bonitäten scheint in Relation zum Zinsrisiko ebenfalls verkraftbar. Die Kombination aus nur leicht höherem Kreditrisiko, tieferem Zinsrisiko und höherer Rendite könnte im aktuellen Umfeld vorteilhaft sein.

Wie Sie sehen, ist der CHF-Obligationenmarkt ein sehr vielseitiger Zinskuchen. Gemeinsam ist allen Obligationen in Schweizer Franken jedoch, dass bei ihnen kein direktes Währungsrisiko besteht. Ein bedeutender Vorteil – nicht nur im aktuellen Umfeld. In diesem Sinne: Nehmen Sie sich ein Stück des Kuchens und picken Sie die Rosinen heraus!

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