Verkehr: Hoher Nutzen, aber hohe Kosten
Ohne den Verkehr für Personen und Güter gäbe es keine Arbeitsteilung, keinen Waren- und Dienstleistungshandel und wohl auch kein Wirtschaftswachstum. Dementsprechend gross ist der Nutzen des Verkehrs, auch wenn er hohe Kosten verursacht.
Text: David Marmet
Das Bundesamt für Statistik hat errechnet, dass der motorisierte Verkehr auf der Strasse, der Schiene und in der Luft in der Schweiz im Jahr 2022 Kosten von CHF 112.3 Mrd verursachte – oder CHF 13 000 pro Einwohner.
Dabei entfielen 77% der Auslagen auf den Personenverkehr und 23% auf den Güterverkehr. Die Kosten für den motorisierten Strassenverkehr waren mit CHF 90 Mrd mehr als sechsmal höher als beim Schienenverkehr (CHF 13.5 Mrd) und zehnmal höher als beim Luftverkehr (CHF 8.8 Mrd). Allerdings wuchsen die Aufwendungen für den motorisierten Strassenverkehr zwischen 2010 und 2022 mit 14% weniger stark als diejenigen im Schienenverkehr (29%) und im Luftverkehr (19%). Während der Ausgabenanstieg beim Flugverkehr mehrheitlich auf höheres Passagieraufkommen zurückzuführen war, ist er im Schienenverkehr Eisenbahngrossprojekten wie dem Gotthard-Basistunnel geschuldet.
Verteilung der Verkehrskosten
Bei den hohen Verkehrskosten entfällt der Löwenanteil von 54% auf Anschaffung, Betrieb und Unterhalt der Verkehrsmittel. Dahinter folgen mit 22% die Ausgaben für die verkehrsbedingten Schäden an Umwelt und menschlicher Gesundheit. Dazu zählen beispielsweise Erkrankungen infolge von Luftverschmutzung und Lärm, Klimaschäden aufgrund der Treibhausgasemissionen oder Externalitäten bei der Herstellung und Entsorgung von Fahrzeugen. Die Kosten für die Verkehrsinfrastruktur belaufen sich auf 13%, die Auslagen für Unfallfolgen auf 10%. Erfreulicherweise weisen die Unfallkosten seit Jahren eine abnehmende Tendenz auf – besonders beim motorisierten Strassenverkehr.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht stellt sich die Frage, ob die Kosten auch von den Nutzern getragen werden. Die Antwort ist ein klares Nein. Keiner der Verkehrsträger trägt seine Kosten vollumfänglich selbst. Im privaten Strassenpersonenverkehr trugen die Nutzer nur 72% der Kosten, 28% übernahm die Allgemeinheit. Damit sind Dritte gemeint, die von den negativen Folgen des Verkehrs betroffen sind, ohne direkt an dessen Nutzen teilzuhaben. Beim Schienen- und Luftverkehr fällt der von der Allgemeinheit absolut zu tragende Beitrag deutlich niedriger aus, während der relative Anteil indes deutlich höher liegt. Im Personenverkehr auf der Schiene werden zum Beispiel 46% der Kosten von der öffentlichen Hand und 12% von der Allgemeinheit getragen. Die Differenzierung ist deshalb wichtig, weil die öffentliche Hand im Gegensatz zur Allgemeinheit Kosten bewusst und gewollt übernimmt.
Optimierung der Kostenverteilung
Ökonomisch wäre es wünschenswert, könnten von der Allgemeinheit getragene Kosten internalisiert werden. Dadurch würden nur gerade so viele Verkehrsleistungen nachgefragt, wie es gesamtgesellschaftlich gesehen optimal wäre. Ein Beispiel für die Internalisierung der Kosten ist die im Jahr 2001 eingeführte leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA).
Der Verkehrsnutzen ist riesig, die Kostenverteilung indes noch nicht optimal. Hier ist die Politik zum Wohl der Gesamtgesellschaft gefordert, passende wirtschaftspolitische Instrumente wie die LSVA konsequenter anzuwenden – und zwar nicht nur in der Schweiz.