Nachhaltige Investments: Drei Wünsche an die Wissenschaft

Was kann die Wissenschaft zusätzlich leisten, damit sich die Qualität nachhaltiger Investments verbessert und sich somit deren Attraktivität bei Investor:innen weiter erhöht? Fabio Pellizzari, Leiter ESG Strategie und Entwicklung im Asset Management der Zürcher Kantonalbank, macht Vorschläge.

Fabio Pellizzari, Leiter ESG Strategie und Entwicklung im Asset Management der Zürcher Kantonalbank, an der GRASFI-Konferenz 2022 in Zürich.

Nachhaltiges Investieren liegt im Trend. Die Wachstumsraten sind zweistellig und immer mehr Asset Manager springen auf den Zug auf. In der Folge hat sich innert weniger Jahre der globale Anteil nachhaltig verwalteter Anlagen auf rund 35 Billionen Dollar erhöht. Dies ist immerhin fast ein Drittel aller verwalteter Vermögen (Stand: 2020).

Gleichzeitig hat auch die Wissenschaft den Themenbereich des nachhaltigen Investierens besetzt und im Zuge dessen zahlreiche Beiträge veröffentlicht. Es ist beispielsweise das Verdienst der Akademie, indem sie aufzeigte, dass nachhaltig Anlegen im Vergleich zu konventionellem Investieren nicht zu schlechteren Renditen führt.

In naher Zukunft wünscht sich Fabio Pellizzari, Leiter ESG Strategie und Entwicklung im Asset Management der Zürcher Kantonalbank, in seiner Eröffnungsrede der diesjährigen GRASFI-Konferenz in Zürich, dass die folgenden drei Aspekte berücksichtigt werden:

  1. Form der wissenschaftlichen Arbeiten und Zugang zu Forschungsdaten:
    Research sollte nicht bloss klassisch in Papierform produziert werden. Asset Manager sind vor allem an aktuell gehaltenen globalen, sektoriellen sowie branchen- und emittentenspezifischen Nachhaltigkeits-Daten interessiert, die sie jederzeit über Datenbanken-Schnittstellen beziehen können. Dies würde die Arbeit der Asset Manager deutlich effizienter und effektiver gestalten und sie auch motivieren, hochwertiges Research mitzufinanzieren.
  2. Grosser Bedarf an Nachhaltigkeitsdaten von KMU:
    Eine valide ESG-Beurteilung von Unternehmen (E für Environment, S für Social und G für Governance, sprich gute Unternehmensführung) benötigt verlässliche Daten. Bei Grossunternehmen ist die ESG-Datenlage mittlerweile gut. Die Herausforderung liegt in der Nachhaltigkeits-Beurteilung der unzähligen kleinen und mittelgrossen Unternehmen in Ländern, wo Regulatoren keine ESG-Berichterstattung verlangen.
  3. Erhöhung der Datenqualität von Scope-3-Emissionsquellen:
    Scope-3-Emissionquellen umfasst der Treibhausgasausstoss von vor- und nachgelagerten Aktivitäten anderer Unternehmen. Dazu zählen beispielsweise die CO2e-Emissionen eingekaufte Waren und Dienstleistungen oder jene die bei der Nutzung der verkauften Güter bei den Konsument:innen freigesetzt werden. Die Europäische Union verlangt ab 2024 eine Integration dieser Scope-3-Daten in das Nachhaltigkeitsreporting jeder Anlage. Die Datenqualität ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch fragwürdig. Die meisten Daten werden von Unternehmen oder Datenanbietern nach ihren eigenen Definitionen geschätzt. Ferner bereiten Pellizzari Doppel- und Dreifachzählungen Kopfschmerzen. Werden die Scope-3-Treibhausgasemissionen unbedacht zu den Scope-1 und Scope-2-Treibhausgasemissionen addiert, dann betragen die Scope-3-Emissionen aufgrund der Mehrfachzählungen rund 80 Prozent der Gesamtsumme. Diese simple Addition funktioniert also nicht.

    Die Bemühungen der Emittenten und der Asset Manager in Bezug auf Scope 1 und 2 (siehe Box, unten) werden somit durch die Integration von Scope-3-Emissionsdaten schlechter Qualität verwässert. «In Anbetracht der drohenden Folgen des Klimawandels gilt es zusammen mit der Wissenschaft und der internationalen Politik, branchenspezifische Skalierungsfaktoren oder weitere Konzepte voranzutreiben, um die Integration von Scope-3-Emissionsdaten schnellst- und bestmöglich zu bewältigen», sagt Pellizzari.

Scope 1, 2 & 3

Die Differenzierung der Treibhausgasemissionen in Scope 1,2 und 3 geht auf das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) zurück. Ziel ist es, entstandene Treibhausgasemissionen über den gesamten Zyklus eines Produkts oder einer Dienstleistung (von der Rohstoffgewinnung bis hin zur Entsorgung eines Produkts) zu messen und zu dokumentieren.

Scope 1: betrifft Emission von Treibhausgasen vom Unternehmen selbst
Scope 2: betrifft Emission von Treibhausgasen durch eingekaufte Energie
Scope 3: betrifft Emission von Treibhausgasen in den vor- und nachgelagerten Lieferketten
 

Kategorien

Nachhaltigkeit