Die Zürcher Skyline wächst. Immer höher und grösser ragen die Häuser in der Limmatstadt in den Himmel. Längst handelt es sich dabei nicht mehr nur um reine Bürotürme oder Hotels. Immer öfter werden auch Hochhäuser mit reiner oder vorwiegender Wohnnutzung geplant und hochgezogen. Mit dem Jabee Tower in Dübendorf hat die Region Zürich letztes Jahr gar das höchste Wohnhochhaus der Schweiz erhalten. Die Nachfrage nach exklusiven Wohnungen in luftiger Höhe scheint trotz der Corona-Krise vorerst ungebrochen.
Einzigartige Kombination von Aussicht und Zentralität
Hochhauswohnen findet immer mehr Anklang, auch bei der breiten Masse. Angesichts des knappen Wohnraums in den urbanen Zentren erstaunt dies kaum. Hochhäuser verfügen über das einzigartige Potenzial, zwei sonst nur schwer kombinierbare, jedoch sehr entscheidende Immobilieneigenschaften zu vereinen: Zentralität und Aussicht. Es dürfte just dieses Paket sein, das viele Käufer anspricht und die starke Nachfrage im Raum Zürich beflügelt. Selbst vor den im Vergleich zu konventionellen Bauten eher höheren Preisen schreckt kaum jemand zurück. Die mit einem Hochhausbau einhergehenden Zusatzkosten führen zu höheren Preisen beziehungsweise teureren Mieten. Dies erfolgt typischerweise über eine sogenannte Stockwerkprämie – je höher die Etage, desto teurer die Wohnung. Auf den ersten Blick scheint diese Preisgestaltung nachvollziehbar, kann doch davon ausgegangen werden, dass mit zunehmender Höhe eine schönere Aussicht einhergeht. Doch wie so oft steckt auch hier der berühmte Teufel im Detail. Was bedeutet es eigentlich, eine «schöne» Aussicht zu haben? Und stimmt es wirklich, dass die Aussicht mit grösserer Höhe immer «besser» wird? Diesen Fragen sind wir nachgegangen.
Werde ich in meiner Wohnung Seesicht haben?
Stellen Sie sich ein Hochhaus mitten in der Stadt Zürich vor. Ist das Quartier sehr dicht gebaut, profitieren Sie erst ab der achten oder neunten Etage von der schönen Aussicht. Dann nämlich sind Sie über den Dächern der Nachbargebäude. Das Panorama ist nicht mehr durch die angrenzenden Häuser eingeschränkt. Ihr Blick kann in die Ferne schweifen. Je nach Lage sehen Sie vielleicht bis zu den Alpen oder gar auf den Zürichsee. Unterhalb dieser Hochhausgrenze dürfte die Aussicht hingegen gerade mal ins Wohnzimmer des Nachbarn reichen. Vom schönen Hochhaus-Feeling wird da nicht viel zu spüren sein.
Dieses kurze Gedankenexperiment zeigt, dass die Qualität der Aussicht je nach Etage und Hochhaus sehr unterschiedlich sein kann. Mitunter sind gar von Etage zu Etage grosse Schwankungen möglich. Werden Wohnungen ab Plan im Voraus reserviert oder gekauft, wie dies oft bei Neubauprojekten der Fall ist, löst das viele Fragen beim potenziellen Käufer aus. Werde ich in meiner Wohnung den See schon sehen? Wenn ja, wie viel davon? Lohnt sich der Aufpreis für die zwanzigste Etage, oder reicht auch die sechzehnte? Ohne eine Besichtigung der Wohnung lassen sich solche Fragen kaum beantworten. Drohnenflüge können zwar einen ersten Eindruck verschaffen, für einen direkten objektiven Vergleich verschiedener Etagen oder Hochhäuser ist diese Technologie jedoch ungeeignet.
Etagengenaue Sichtbewertung
Dank neuer Datengrundlagen und Berechnungsmethoden können wir die Aussicht erstmals etagengenau für die ganze Schweiz quantifizieren und bewerten. Damit lässt sich die Aussicht zwischen Etagen innerhalb eines Gebäudes und gebäudeübergreifend direkt miteinander vergleichen. Für unsere Berechnungen berücksichtigen wir typische für die Aussicht relevante Aspekte wie See-, Fluss- und Bergsicht sowie die Sicht auf andere Gebäude. In einem zweiten Schritt messen wir, wie stark der Immobilienmarkt diese einzelnen Sichtattribute honoriert. See- oder Bergsicht geht – wenig überraschend – mit einem höheren Immobilienpreis einher. Ein hoher Anteil an überbautem Terrain im Sichtfeld wird andererseits abgestraft (weitere Informationen zur Methode finden Sie am Schluss des Artikels). Indem wir gewissermassen den Computer aus dem Fenster schauen lassen und daraus ein Sichtmass ableiten, können wir für jede beliebige Adresse und Etage in der Schweiz den Marktpreis für die Aussicht berechnen. Eine illustrative Aufbereitung dieses Sichtmasses für die bekanntesten Hochhäuser und Hochhausprojekte der Stadt Zürich finden Sie nachfolgend. Je dunkler eine Etage eingefärbt ist, desto höher ist das Sichtmass und desto «besser» ist die Sicht.