Abstimmungsentscheid: Der Eigenmietwert fällt weg
Wen betrifft der Wegfall des Eigenmietwerts – und wie? Wir beleuchten die Konsequenzen aus den drei massgebenden Aspekten: Steuern, persönliche Finanzplanung und Immobilienmarkt. Und wir geben Tipps, worauf man jetzt besonders achten sollte.
Redaktion: Elisabeth Zsindely, Fabienne Hänsli / Video: Flavio Pinton
Abschaffung Eigenmietwert
Über die Abschaffung des Eigenmietwerts wurde mehrfach abgestimmt. Die bisherigen Versuche sind gescheitert, aber mit der heutigen Annahme der Vorlage zur Einführung einer kantonalen Liegenschaftssteuer für Zweitwohnungen, fällt der Eigenmietwert tatsächlich weg – auch wenn es bis zur effektiven Umsetzung noch mindestens zwei bis drei Jahre dauern wird.
Steuern
Welche Bedeutung hat dieser Systemwechsel in der Besteuerung? Betroffen sind nicht nur Eigentümerinnen und Eigentümer von selbstgenutzten oder vermieteten Liegenschaften, sondern auch Steuerpflichtige, die Schulden haben aber keine Immobilien besitzen.
Die folgenden Ausführungen zu den steuerlichen Auswirkungen beziehen sich ausschliesslich auf die Auswirkungen auf die Einkommenssteuern von natürlichen Personen und die besondere Liegenschaftssteuer.
Eigentümerinnen und Eigentümer von Eigenheim und Zweitliegenschaften
Nach der Umsetzung fällt die Besteuerung des Eigenmietwerts auf alle selbstgenutzten Liegenschaften weg. Im Gegenzug entfallen auch die mit diesen Liegenschaften verbundenen Unterhalts- und Schuldzinsabzüge. Um den Eigenheimkauf etwas leichter zu machen, gilt hierfür eine Ausnahme: Bis zu zehn Jahre nach dem Erwerb können Schuldzinsen im Umfang von maximal CHF 10’000 (Ehepaare) und CHF 5’000 (Alleinstehende) in Abzug gebracht werden. Der Abzug nimmt über zehn Jahre linear um jährlich zehn Prozent ab.
Das bedeutet:
Die Steuerdeklaration wird sich vereinfachen und die Steuerbelastung wird sich für viele Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer im aktuellen Zinsumfeld reduzieren. Da zukünftig die Unterscheidung zwischen werterhaltenden und wertvermehrenden Kosten nicht mehr über die Einkommensteuer erfolgt, empfiehlt es sich, die wertvermehrenden Kosten gut zu dokumentieren. Diese können dann bei der Grundstückgewinnsteuer – diese fällt im Zeitpunkt des Verkaufs der Liegenschaft an – abgezogen werden.
Wenn in naher Zukunft Renovationen oder andere Unterhaltsarbeiten an der Liegenschaft anstehen, könnte es sinnvoll sein, diese vorzuziehen. Bei Stockwerkeigentum könnte zusätzlich eine temporäre Erhöhung der Beiträge in den Erneuerungsfonds prüfenswert sein.
Eigentümerinnen und Eigentümer von Renditeobjekten
Sie werden ebenfalls direkte Auswirkungen auf die zukünftige Steuerbelastung spüren. Schuldzinsen können neu nur noch im Umfang der Quote des unbeweglichen Vermögens der vermieteten Objekte zum Gesamtvermögen (quotal restriktive Methode) geltend gemacht werden. Ein Beispiel ist dem Faktenblatt zu entnehmen.
Das bedeutet:
Durch den eingeschränkten Schuldzinsabzug wird sich die Steuerbelastung bei Eigentümerinnen und Eigentümern von Renditeobjekten erhöhen, da ein Teil der Schuldzinsen neu ins Leere laufen.
Steuerpflichtige ohne Liegenschaften
Sie sind ebenfalls betroffen, da sie keine Schuldzinsen (private Darlehen, Kleinkredite etc.) mehr abziehen können.
Was jetzt noch unklar ist
- Die Kantone haben die Möglichkeit, eine besondere Liegenschaftssteuer auf Zweitliegenschaften zu erheben. Diese wird insbesondere für Tourismuskantone von grosser Bedeutung sein. Welche Kantone diese Steuer einführen und wie die Steuerbemessung konkret aussieht, ist offen. Hierfür müssen die Kantone die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen schaffen.
- Beim Liegenschaftsunterhalt können die Kantone bis 2050 weiterhin zeitlich begrenzte Abzüge für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen zulassen. Welche Kantone von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, ist ebenfalls noch nicht bekannt.
Was ist aus finanzplanerischer Sicht zu beachten?
Die steuerlichen Änderungen im Nachgang zu dieser Abstimmung haben auch Auswirkungen auf die persönliche Finanzplanung und Vermögensstruktur. So stellt sich die Frage nach der optimalen Finanzierung der Liegenschaften. Die Höhe der Fremdfinanzierung ist dabei nicht nur auf die steuerlichen Gegebenheiten abzustimmen. Vielmehr müssen sämtliche Faktoren betrachtet werden: Wie wird die langfristige Liquidität sichergestellt? Welche finanzielle Flexibilität wird in der Zukunft benötigt? Spricht ein Vergleich zwischen den Finanzierungskosten sowie der erwarteten Rendite für eine alternative Investition eventuell dafür, Belehnungen hoch zu lassen?
Das bedeutet:
Es lohnt sich, das Gesamtbild individuell genau anzuschauen. Wird eine Hypothek mit vorhandenem Kapital amortisiert, so sind die Mittel fortan in der Liegenschaft gebunden und stehen im freien Vermögen nicht mehr zur Verfügung. Dies kann dazu führen, dass der Lebensunterhalt z. B. im Alter unnötig eingeschränkt werden muss oder attraktive Investitionsopportunitäten nicht genutzt werden können.
Auswirkungen auf den Immobilienmarkt
Wie sich die Eigenheimpreise nach der heutigen Entscheidung entwickeln, hängt massgeblich davon ab, wie sich die steuerliche Situation derjenigen verändert, die erstmalig eine Immobilie erwerben. Diese sind in der Regel auf eine hohe Hypothek angewiesen. Laut der schweizweiten Statistik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind 40 Prozent der Neugeschäfte bei selbstgenutztem Wohneigentum mit über 74 Prozent belehnt. Dabei übersteigen die Zinszahlungen die zeitlich begrenzten Möglichkeiten zum Schuldzinsabzug. Beim Kauf eines älteren Hauses oder einer sanierungsbedürftigen Wohnung schrumpfen die steuerlichen Vorteile weiter – sie können sogar ins Negative kippen. Ein wichtiger Punkt, der oft übersehen wird: Neu erworbene Stockwerkeigentumswohnungen im Kanton Zürich sind im Durchschnitt 20 Jahre alt, während Einfamilienhäuser sogar ein mittleres Alter von 50 Jahren aufweisen. Hinzu kommt, dass die grundlegenden Herausforderungen beim Erwerb von Wohneigentum – wie die hohen Immobilienpreise und die oft unzureichenden finanziellen Mittel vieler Käufer – durch die Abschaffung des Eigenmietwerts nicht gelöst werden. Damit bleibt die Wirkung der Abstimmung für den Markt insgesamt begrenzt.
Preisunterschied zwischen neu und alt
Die Abschaffung des Eigenmietwerts dürfte zu einer stärkeren Differenzierung zwischen älteren Liegenschaften und Neubauprojekten führen, was voraussichtlich den Preisunterschied dieser beiden Kategorien vergrössern wird. Für Besitzerinnen und Besitzer von Zweitliegenschaften könnte sich die steuerliche Situation weniger vorteilhaft entwickeln als für Eigentümerinnen und Eigentümer von Erstwohnungen. Trotz des Wegfalls der Abzugsmöglichkeiten für Schuldzinsen und Unterhaltsarbeiten, verbleiben die Kosten für die neue Liegenschaftssteuer auf Zweitliegenschaften. Wie stark diese die Nachfrage nach Ferienwohnungen dämpft, hängt von ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Angesichts der durch das Zweitwohnungsgesetz hervorgerufenen Knappheit auf dem Zweitwohnungsmarkt, sind jedoch keine Preisrückgänge zu erwarten. Insgesamt rechnen wir damit, dass die Preise der Schweizer Eigenheime in diesem und im kommenden Jahr um je 4 Prozent steigen werden – im Kanton Zürich sogar um 4,5 Prozent.
Das bedeutet:
Viele Einfamilienhäuser haben angesichts des Gebäudealters Spielraum für Verbesserungen und Sanierungen. Auch bei Stockwerkeigentum gibt es Sanierungspotentiale. Immerhin feierte diese Wohnform dieses Jahr ihren 60. Geburtstag. Eigentümerinnen und Eigentümer sollten sich die Frage stellen, bei welchen Massnahmen es sich lohnen könnte, sie vorzuziehen. Dabei gilt es, die langfristige Objektstrategie im Auge zu halten. Nicht jede Sanierung ist gleich sinnvoll, insbesondere bei Einfamilienhäusern. Lohnen sich weitere Investitionen in die bestehende Bausubstanz oder wird es aufgrund besserem Ausnützungspotenzial doch früher oder später zu einem Ersatzneubau kommen?
Häufige Fragen zum Eigenmietwert
Was wurde in der Abstimmung entschieden?
Was wurde in der Abstimmung entschieden?
Die Abstimmungsvorlage umfasste die Einführung einer kantonalen Liegenschaftssteuer für Zweitwohnungen und war an das Bundesgesetz über den Systemwechsel der Wohneigentumsbesteuerung gekoppelt. Gleichzeitig wurde der Eigenmietwert abgeschafft.
Welche Auswirkungen hat der Entscheid?
Welche Auswirkungen hat der Entscheid?
Eine Übersicht und Details der Auswirkungen finden Sie im Faktenblatt.
Wer ist vom Entscheid betroffen?
Wer ist vom Entscheid betroffen?
- Eigentümerinnen und Eigentümer von Erst- und Zweitliegenschaften sind direkt betroffen aufgrund des Systemwechsels bei der Besteuerung von selbstgenutztem Wohneigentum.
- Auswirkungen hat der Entscheid auch auf Eigentümerinnen und Eigentümer von vermieteten Liegenschaften durch die restriktivere Berechnung beim Schuldzinsabzug.
- Ebenso sind Privatschuldner ohne Renditeliegenschaften tangiert, da künftig Schuldzinsen nicht mehr steuerlich in Abzug gebracht werden können, wenn keine Renditeliegenschaften vorhanden sind.
Wann tritt die neue Besteuerung in Kraft?
Wann tritt die neue Besteuerung in Kraft?
Der Bundesrat entscheidet über den Zeitpunkt der Inkraftsetzung. Die Umsetzung wird frühestens in zwei bis drei Jahren erwartet.
Was ist bei älteren Liegenschaften mit Renovationsbedarf ratsam?
Was ist bei älteren Liegenschaften mit Renovationsbedarf ratsam?
Wenn in naher Zukunft Renovationen oder Unterhaltsarbeiten an der Liegenschaft anstehen, kann es sinnvoll sein, diese vorzuziehen. So können Sie noch von den steuerlichen Abzügen profitieren. Besonders bei Energiespar- und Umweltmassnahmen profitieren Sie unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich von staatlichen Fördermitteln und Vergünstigungen bei der Finanzierung.
Was können Stockwerkeigentümerinnen und -eigentümer tun?
Was können Stockwerkeigentümerinnen und -eigentümer tun?
Prüfen Sie eine mögliche Erhöhung der Beiträge in den Erneuerungsfonds. Diese Einlagen sind bis zum Inkrafttreten absetzbar. Die Ausführungen zu einem allfälligen Renovationsbedarf gelten ebenfalls.
Welche Aspekte gilt es neben Amortisationen zu beachten?
Welche Aspekte gilt es neben Amortisationen zu beachten?
- Keine übereilten Entscheidungen: Steuerliche Abzüge sind auch in der Übergangsfrist weiterhin möglich. Neben der steuerlichen Betrachtung gibt es weitere Aspekte zu berücksichtigen.
- Liquidität sicherstellen: Um den laufenden Verpflichtungen und Bedürfnissen nachzukommen, ist die Sicherstellung von genügend Liquidität essenziell.
- Tiefes Zinsumfeld nutzen: Aktuell profitieren Sie von einem tiefen Zinsumfeld, das Ihnen neben der Amortisation weitere interessante Möglichkeiten bietet für Renovationen, Investitionen ins Eigenheim zum nachhaltigen Werterhalt oder zur Diversifikation.
Können Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen abgezogen werden?
Können Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen abgezogen werden?
- Direkte Bundessteuer: Abzüge für Energie- und Umweltschutzmassnahmen sind nicht mehr möglich.
- Kantonale Regelungen: Einige Kantone können Abzüge bis längstens 2050 weiterhin zulassen. Welche Kantone von der Möglichkeit Gebrauch machen, ist noch offen.
Welche Auswirkungen hat der Entscheid auf den Immobilienwert?
Welche Auswirkungen hat der Entscheid auf den Immobilienwert?
Die direkten Auswirkungen auf die Immobilienpreise dürften gering sein. Die grössten Herausforderungen für Käuferinnen und Käufer bleiben das hohe Preisniveau, die Tragbarkeit und die ausreichenden Eigenmittel. Diese Faktoren ändern sich durch die Anpassung des Steuerregimes nicht wesentlich.
Was bedeutet der Entscheid für Personen, die erst kürzlich ein Eigenheim erworben haben oder in der Kaufphase sind?
Was bedeutet der Entscheid für Personen, die erst kürzlich ein Eigenheim erworben haben oder in der Kaufphase sind?
Erstfinanziererinnen und Erstfinanzierer können bis zu zehn Jahre nach dem Erwerb der Liegenschaft einen Schuldzinsabzug geltend machen (maximal CHF 10’000 für Ehepaare und maximal CHF 5’000 für Alleinstehende). Der Abzug reduziert sich jährlich um 10%. Der Ersterwerberabzug gilt nicht für Zweitliegenschaften.
Wie hoch fällt die Liegenschaftssteuer für Zweitliegenschaften aus?
Wie hoch fällt die Liegenschaftssteuer für Zweitliegenschaften aus?
Die Höhe der Liegenschaftssteuer ist noch nicht festgelegt. Es bleibt abzuwarten, welche Kantone die Steuer einführen und wie die Bemessung erfolgt. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Kantone mit vielen Zweitliegenschaften (z. B. Tourismuskantone) diese Möglichkeit nutzen werden, um Steuerausfälle zu kompensieren.