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«Zürcher Wirtschaft im Fokus»

Die Publikation «Zürcher Wirtschaft im Fokus» des Economic Research der ZKB liefert fundierte volkswirtschaftliche Analysen zu Wirtschaft und Gesellschaft mit Schwerpunkt Zürich. Fokus diesmal: Die kantonale Wettbewerbsfähigkeit und strukturelle Arbeitslosigkeit.

Interview: Tanja Müller

Kevin Gismondi und David Marmet (Bild: Andreas Guntli)
Die Studienautoren Kevin Gismondi (links) und David Marmet (rechts) (Bild: Andreas Guntli)

David Marmet, Sie haben in dieser Ausgabe den verschärften Standortwettbewerb der Kantone analysiert. Wie lässt sich dieser untersuchen?

David Marmet: Auf Basis der Daten des nationalen Finanzausgleichs (NFA) zeigt die Analyse in der aktuellen Ausgabe von «Zürcher Wirtschaft im Fokus», wie erfolgreich die einzelnen Kantone zwischen 2003 und 2022 in der Standortwettbewerbsfähigkeit gewesen sind. Der Standortwettbewerb zwischen den Kantonen wird intensiver – und die Kantone buhlen um steuerstarke Privatpersonen und Unternehmen, die attraktive Arbeitsplätze bieten. Deutlich wird dies beim Ressourcenpotenzial, einem Indikator für die wirtschaftliche Stärke eines Kantons. Zusammengesetzt ist dieser aus den Faktoren steuerbares Einkommen, Vermögen sowie Unternehmensgewinne

Was fällt besonders auf?

David Marmet: Wie deutlich sich der Standortwettbewerb zwischen den Kantonen verschärft. Beispielsweise ist heute das steuerbare Pro-Kopf-Einkommen im reichen Kanton Zug 2.5-mal so hoch wie im schwächsten Jura. Auch beim Pro-Kopf-Vermögen geht die Schere auf, sodass das Pro-Kopf-Vermögen mit CHF 982'000 im Kanton Nidwalden heute 8.8-mal höher als dasjenige von Freiburg mit CHF 111'900 ist. Und auch beim Unternehmensgewinn pro Kopf zeigt sich ein ähnliches Bild. In der gesamten Schweiz stieg dieses innerhalb von 20 Jahren um durchschnittlich 11 Prozent. Auffallend ist jedoch, dass es in 13 Kantonen negativ ausfiel.

Welches Bild zeigt sich für Zürich?

David Marmet: Zürich hat zwischen 2003 und 2022 an Wettbewerbsstärke eingebüsst. Der Kanton hatte vor zwanzig Jahren hinter Zug, Genf und Basel-Stadt das vierthöchste Ressourcenpotenzial ausgewiesen. Seither haben Schwyz und Nidwalden den Kanton Zürich überflügelt. Der derzeitige sechste Platz ist immer noch ansehnlich – allerdings zeigt sich, dass das Ressourcenpotenzial in den letzten zwanzig Jahren nicht stark gestiegen ist.

Kevin Gismondi, Sie haben sich der Thematik der strukturellen Arbeitslosigkeit angenommen. Welche Erkenntnisse liefern Ihre Analysen?

Kevin Gismondi: Die Auswertungen unserer Studie lassen darauf schliessen, dass die Genferseeregion sowie das Tessin eine etwas höhere strukturelle Arbeitslosenquote als die restliche Schweiz vorweisen. Die Arbeitslosigkeit im Kanton Zürich liegt in etwa im gesamtschweizerischen Durchschnitt.

Schweizer Arbeitsmarkt wird ineffizienter. Was heisst das genau?

Kevin Gismondi: Das ist korrekt, die beiden Seiten des Arbeitsmarktes finden schlechter zueinander, was sich in der Koexistenz von Arbeitslosen und offenen Stellen bemerkbar macht. Das «Matching» funktioniert weniger gut, was bedeutet, dass die Fähigkeiten der Arbeitslosen und die Anforderungen der Arbeitsnachfrage zunehmend auseinanderlaufen.

Wie lässt sich das erklären?

Kevin Gismondi: Für diesen Trend gibt es verschiedene Gründe. Häufig genannt werden der demografische Wandel und der technologische Fortschritt. Doch auch der strukturelle Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sowie in technischen und handwerklichen Berufen schlägt sich hier nieder. Interessant ist ausserdem, dass die Pandemie diese Entwicklung zusätzlich beschleunigt hat. Der Trend ist in den deutschsprachigen Regionen stärker ausgeprägt als in den lateinischen. Im Kanton Zürich hingegen ist praktisch keine Verschlechterung der Vermittlungseffizienz zu beobachten.

Die halbjährlich erscheinende Publikation liefert fundierte volkswirtschaftliche Analysen zu Wirtschaft und Gesellschaft mit Schwerpunkt Regionalökonomie. Im Fokus stehen vergleichende Analysen zwischen Regionen, Kantonen und Branchen. Die makroökonomischen Analysen zu Wirtschaft und Gesellschaft im Kanton Zürich unterstützen die Zürcher Kantonalbank bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Leistungsauftrags. Dazu dient der stetige und tiefe Wissensaustausch der Bank mit den entscheidenden Anspruchsgruppen im Kanton.

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