Greta Thunbergs Weckruf zur Rettung des Klimas hat mittlerweile auch die schläfrigsten Portfoliomanager aufgeweckt. Schliesslich verschaffte sich die Klimajugend auch schon lautstark auf dem Paradeplatz Gehör. Der ESG-Hype zieht sich durch alle Anlageklassen. Die Abkürzung ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance). Gerade das «E» in ESG verdient bei Immobilien eine genauere Betrachtung, denn diese nehmen für die Erreichung der Pariser Klimaziele (Netto-Null bis 2050) eine zentrale Rolle ein. So verursacht der Gebäudepark rund ein Viertel der Schweizer CO2-Emissionen. Die Immobilienbranche zeichnet sich nicht als Musterknabe in Sachen Transparenz aus. Auch wenn einige Immobilienanlagegefässe vorbildliche Nachhaltigkeitsanstrengungen unternehmen, sind öffentliche Informationen dazu immer noch rar gesät. Bis heute kennt man keinen branchenweiten Standard zur Ermittlung der CO2-Emissionen von Gebäuden. Dies verhindert Vergleiche über Immobilienanlagegefässe hinweg. Für Anleger stellt sich daher die Frage, wie nachhaltig sind meine Investitionen in Immobilien überhaupt? Eigene Modellberechnungen sollen etwas Licht ins Dunkel bringen (Details zur angewandten Methode finden Sie am Schluss des Artikels).
Wir alle sind bereits in Immobilien investiert
Neben den direkt ins Eigenheim Investierten sind gleichzeitig die meisten Erwerbstätigen über ihre Pensionskasse in Immobilien investiert. Wie Swisscanto in ihrer Pensionskassenstudie aufzeigt, steigt der Anteil an Immobilienanlagen der Pensionskassen kontinuierlich. Er liegt aktuell bei knapp unter 25 Rappen pro investiertem Franken. Pensionskassen investieren in den Immobilienmarkt über direkte Anlagen wie Mehrfamilienhäuser oder indirekte Anlagen wie Immobilienaktien, Anlagestiftungen oder kotierte Immobilienfonds.
Gerade weil Immobilienanlagen direkt oder indirekt ein Grossteil der Bevölkerung betreffen, lohnt sich ein genauer Blick auf den Umweltaspekt. Eine umfassende Analyse der Liegenschaftsverzeichnisse aus den Jahresabschlüssen der Anlagestiftungen und der kotierten Immobilienfonds ermöglicht uns, diese beiden indirekten Anlagetypen mit unserem CO2-Modell zu evaluieren. Wir beschränkten uns auf Immobilienanlagegefässe mit mindestens 50 Prozent Wohnungs- plus Gemischtnutzungsanteil.
Somit analysierten wir 18 Anlagestiftungen und 24 kotierte Immobilienfonds, die in ca. 6500 Gebäuden mit Wohn- oder Mischnutzung investiert sind. Dies deckt 90’000 Wohnungen in zehn Kantonen1 ab. Als Benchmark nehmen wir alle anderen Mehrfamilienhäuser in diesen Kantonen.
Immobilienanlagen oft besser als der Benchmark
Entgegen dem Vorurteil, dass Portfoliomanager aufgrund von Renditeüberlegungen wenig zum Klimaschutz beitragen, glänzen Anlagestiftungen mit einem tieferen CO2-Ausstoss pro Quadratmeter Energiebezugsfläche (EBF) pro Jahr als der Benchmark (fast 10 Prozent weniger). Auch kotierte Immobilienfonds schneiden immerhin etwas besser ab.
Obwohl beim Heizungsersatz mittlerweile ökologische Aspekte hoch gewichtet werden, wird beim Altbau je nach Kanton immer noch ein Grossteil der Heizungen mit Öl- oder Gasheizungen ersetzt. Demnach basieren zwei Drittel aller bestehenden Heizungen auf fossilen Brennstoffen. Die bessere CO2-Bilanz der Anlagestiftungen (und zu einem kleineren Teil der Fonds) geht grösstenteils auf den höheren Anteil an Gasheizungen zurück, die im Vergleich zu Ölheizungen durchschnittlich einen Viertel weniger CO2 ausstossen. Festzuhalten bleibt, dass Anlagestiftungen und kotierte Immobilienfonds im Vergleich zum Schweizer Benchmark früher auf klimafreundlichere Heizungen umsteigen. So ist der Gasheizungsanteil bei älteren Gebäuden (Jahrgang 1960–1970) bedeutend höher und der von Ölheizungen entsprechend geringer. Bei Neubauten (ab 2000) konstatieren wir einen fast doppelt so hohen Anteil an nachhaltigen Holz- und Fernwärmeanlagen. Portfoliomanager scheinen daher gegenüber neuer Heizungstechnologie freundlicher gesinnt zu sein als der Benchmark.