Hitzeinseln bekämpfen
Die Dachbegrünung ist besonders dort wichtig, wo der Versiegelungsgrad hoch ist. Es stellt sich also die Frage, ob Gebiete mit weniger Begrünung am Boden vermehrt auf Gründächer setzen. Wir haben deshalb mit der oben genannten NDVI-Methode zusätzlich die Bodenbegrünung in den Siedlungsgebieten der Stadt Zürich gemessen. Dieses Mal haben wir nur Vegetation berücksichtigt, die auf dem Boden wächst, Gebäude blieben aussen vor. Gesamthaft betrachtet ist der Boden in der Stadt Zürich mit einem Anteil von 56 Prozent gut begrünt. Es gibt aber grosse Unterschiede zwischen den Stadtkreisen (s. Karte zu den Stadtkreisen oben). Am besten schneiden die Kreise 10, 7 und 2 ab, wo mehr als 60 Prozent der Siedlungsfläche begrünt ist. Diese Kreise sind generell weniger urban, es gibt noch viele Einfamilienhäuser mit Garten sowie mehr Bäume und Wiesen. In den Kreisen 1, 4 und 5 ist hingegen die Versiegelung sehr hoch, zum Teil ist weniger als 25 Prozent der Fläche grün. Ein bekanntes Beispiel ist der Turbinenplatz im Kreis 5. Die Begrünung ist trotz Nachbesserung immer noch spärlich. Umso wichtiger wären deshalb Gründächer im Umfeld. Aber auch die Begrünung auf der obersten Etage funktioniert hier nicht optimal. Die Kombination von wenig Grün sowohl am Boden wie auf dem Dach ist hinsichtlich der Bekämpfung von Hitzeinseln ungünstig. Vor allem in den Kreisen 4 und 5 könnten die vielen Flachdächer besser ausgenutzt und so die Überhitzung wirksamer bekämpft werden.
Begrünung zahlt sich aus
Der initiale finanzielle Aufwand für die Begrünung eines Daches kann abschreckend wirken. Die Statik des Gebäudes muss die zusätzliche Last der Substratschicht tragen, deshalb lohnt sich die Begrünung in erster Linie bei Sanierungen oder Neubauten. Auch die Pflege, vor allem von intensiv begrünten Flächen, muss konsequent umgesetzt werden, damit das Zusammenspiel zwischen Pflanzen und Dach funktioniert. Langfristig gesehen bringt die Dachbegrünung aber finanzielle Vorteile: Vegetations- und Substratschicht schützen die Dachabdichtung vor UV-Einstrahlung und Witterungseinflüssen wie Hitze und Hagel. Die Lebensdauer eines Daches lässt sich damit fast verdoppeln. Des Weiteren führt die isolierende Wirkung der Vegetation zu geringeren Kühl- und Heizungskosten. Die höheren Ausgaben für die Pflege können dadurch mindestens zum Teil kompensiert werden. Auch in Kombination mit Photovoltaikanlagen wurden vorteilhafte Wechselwirkungen beobachtet. Der kühlende Effekt der Vegetation hat einen positiven Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Anlagen, die Stromproduktion nimmt zu. All diese Vorteile sollten Immobilienbesitzer dazu motivieren, ihr Dach zu begrünen und zu pflegen.
Viele Gemeinden haben die Weichen für grünere Dächer mit Vorgaben oder Förderprogrammen schon gestellt. Auch auf Kantonsebene haben Vorlagen zur Dachbegrünung gute Chancen, in der näheren Zukunft umgesetzt zu werden. Mehr als hundert Jahre später könnte sich die Prophezeiung von Le Corbusier doch noch bewahrheiten: Die fünfte Fassade hat das Potenzial, zur natürlichen Klimaanlage unserer Städte zu werden.
1 Die Analysen wurden in Zusammenarbeit mit Esri Schweiz konzipiert.