Makler meiden Immobilien­plattformen

Viele Eigenheimsuchende sind zurzeit mit einem stark geschrumpften Angebot auf den grossen Immobilienportalen konfrontiert. Umso erstaunlicher ist, dass es während der Pandemie so viele Handänderungen von Eigenheimen gibt. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass die fehlenden Objekte alle unter der Hand verkauft werden. Unsere Analyse der Homegate-Inserate zeigt ein anderes Bild: Insbesondere die grossen Makler haben ihr Angebot auf externen Portalen reduziert.

Text: Gerd Gisler, Analytics Immobilien

Makler meiden Immobilienplattformen
Wo finden sich Immobilienangebote? Das fragen sich viele Eigenheimsuchende. (Illustration: Zürcher Kantonalbank)

Wer gegenwärtig im Kanton Zürich auf Eigenheimsuche ist und das Internet nach passenden Inseraten durchforstet, kennt das Phänomen nur zu gut: Die grossen Immobilienportale sind leergefegt. Die wenigen verbleibenden Inserate sind meist schnell wieder weg. Gleichzeitig kennt man im persönlichen Umfeld trotzdem überraschend viele Leute, die mehr Glück hatten und ein Objekt gefunden haben. Ein Blick in die Daten bestätigt diesen Eindruck. Die Zahl der veräusserten Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen bleibt auf hohem Niveau, und der Trend der letzten Quartale zeigt klar nach oben. Da stellt sich die Frage, auf welchen Kanälen diese Eigenheime angeboten werden. Die Legende, diese Objekte seien «unter der Hand» verkauft worden, hält sich wacker. Aber ist es wirklich so, dass Kaufwillige heutzutage nur noch über informelle Kontakte und Beziehungen zu den eigenen vier Wänden kommen?

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Eigenheiminserate werden seltener, Transaktionen steigen

Transaktionen und Verkaufsinserate, Index (100=Q4 2018)

Eigenheiminserate werden seltener, Transaktionen steigen
(Quellen: Statistisches Amt Kanton Zürich, Homegate, Zürcher Kantonalbank)

Informelle Kontakte sind bei der Immobiliensuche selbstverständlich von grossem Nutzen. Trotzdem sind wir davon überzeugt, dass die meisten Transaktionen über den freien Markt ablaufen. Die freundliche Frau von gegenüber, die der Nachbarsfamilie zu gegebener Zeit aus persönlicher Sympathie ihr Haus zum Kauf anbietet und gleichzeitig auf ein öffentliches Angebot verzichtet, ist ein höchst seltenes Phänomen. Wir sehen vor allem drei Gründe für den starken Rückgang der Immobilieninserate.

 

Erstens müssen Neubauten oft gar nicht mehr inseriert werden. Häufig reicht das Aufstellen einer Bautafel, um bereits vor Baubeginn sämtliche Wohnungen zu verkaufen. Zweitens gibt es heutzutage kaum noch Ladenhüter. Wer kennt nicht die früheren Objekte an lärmigen Strassen, peripherer Lage oder mit schlechter Besonnung, die man innerlich bereits zum hoffnungslosen Fall erklärt hatte. Diese wurden immer wieder aufgeschaltet, um doch noch einen Käufer zu finden. Solche Fälle gibt es heutzutage praktisch nicht mehr. Es geht nahezu alles weg. Der dritte und wohl auch wichtigste Grund für die rückläufigen Eigenheiminserate liegt an den grossen, renommierten Maklerfirmen. Vor allem überregionale Makler haben die Zahl der inserierten Objekte auf der Plattform reduziert. Diese Entwicklung bedeutet jedoch nicht, dass die grösseren Agenturen weniger aktiv sind. Vielmehr setzen sie vermehrt auf eigene Vertriebskanäle, um die Objekte zu vermarkten. Sie führen in der Regel Interessentenlisten mit konkreten Suchprofilen und halten ihre Kundschaft über Newsletters auf dem Laufenden. Mit ihren eigenen Portalen können sie ihre Kundschaft zielgerichteter ansprechen. Lokales Publikum, das nur aus Neugierde am Objekt an Besichtigungen teilnimmt, sowie andere Schaulustige bleiben somit aus. Zurzeit ist die Nachfrage nach Eigenheimen oft dermassen gross, dass Makler für Einfamilienhäuser mehrere Hundert Kontaktanfragen erhalten, was den administrativen Aufwand erhöht. Der gewünschte Preis lässt sich in der Regel bereits mit deutlich weniger Kaufinteressenten erzielen. Weiter verbessert sich bei der direkten Vermarktung über das eigene Portal die Kundenbindung, was zu Folgeaufträgen führen kann. Oft haben potenzielle Käufer mit dem Umzug selbst ein Eigenheim zu veräussern. Beispielsweise beim altersbedingten Wechsel von einem Einfamilienhaus in eine Eigentumswohnung oder beim Erwerb einer grösseren Immobilie. Schlussendlich sparen sich die Makler durch die direkte Vermarktung auch die Insertionskosten.

Die grossen Maklerfirmen schalten weniger Inserate

Anteil der 15 grössten Makler an allen Verkaufsinseraten

Makleranteil bei Verkaufsinseraten
(Quellen: Homegate, Zürcher Kantonalbank)

Es überrascht nicht, dass es gerade die namhaften Makleragenturen sind, die ihr Angebot auf den grossen Portalen reduzieren. Da sie bereits über einen beachtlichen Bekanntheitsgrad verfügen, können sie problemlos genug Nachfrage auf ihren eigenen Portalen generieren. Kleinere Makler, wie beispielsweise Proptech-Start-ups, sind hingegen meist noch unbekannt und erreichen ihr Publikum nur über die Immobilienportale.

Immer weniger wagen den Verkauf ohne Makler

Obwohl die von überregionalen Maklern geschalteten Inserate zurückgehen, sinkt der Anteil der Inserate, die ohne Einbezug eines Maklers geschaltet werden, seit Jahren. Kleinere Agenturen gewinnen mehr und mehr an Bedeutung und in den letzten beiden Jahren zunehmend auch Proptech-Unternehmen. Aufgrund der dynamischen Preisentwicklung besteht bei vielen veräusserungswilligen Personen die Hoffnung, beim Verkauf durch einen Profi einen etwas höheren Verkaufspreis zu erzielen. Weiter spielt wohl auch der Wunsch mit, bei den gegenwärtig sehr hohen Eigenheimpreisen nicht selbst Verhandlungen mit Interessenten führen zu müssen. Schlussendlich scheuen viele wohl auch Risiken beim Verkauf, die ein professioneller Verkäufer gezielt umschiffen kann.

Immer weniger Verkäufe finden ohne Einbezug eines Maklers statt

Immer weniger Verkäufe finden ohne Einbezug eines Maklers statt
(Quellen: Homegate, Zürcher Kantonalbank)

Die Proptech-Makler sind auf dem Vormarsch

Im Gegensatz zu den grossen Playern haben viele Proptech-Unternehmen die Anzahl der ausgeschriebenen Inserate erhöht. Die Start-ups setzen meist auf einen einen digitalisierten Prozess mit automatisierten Abläufen. Im Gegensatz zu traditionellen Maklern, die ihre Provision in der Regel vom erzielten Kaufpreis abhängig machen, werben die Newcomer oft mit Fixpreisen für die Abwicklung des Verkaufs. Gegenwärtig werden die Schätzpreise für Eigenheime häufig überschritten. Durch das Provisionssystem haben traditionelle Makler einen grossen Anreiz, ihr Engagement für einen hohen Kaufpreis nochmals zu intensivieren. Bei Fixpreisen verschiebt sich der Anreiz, hochpreisig zu verkaufen, hin zu einer möglichst speditiven Abwicklung des Verkaufsprozesses.

Proptech-Makler verzeichnen schnelles Wachstum in den letzten Jahren

Anzahl der von Proptech-Firmen geschalteten Verkaufsinserate, laufende Jahressumme

Proptech-Makler verzeichnen schnelles Wachstum in den letzten Jahren
(Quellen: Homegate, Zürcher Kantonalbank)

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