Turnaround der Schweizer Leer­stand­ssituation

Die Schweiz zählt voraussichtlich weniger Leerwohnungen – erstmals seit 2009. Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich.

Text: Julia Lareida, Immobilien Analytics bei der Zürcher Kantonalbank

Leerstände verbessert: Der Kanton Zürich verzeichnet aktuell einen Rückgang der Leerwohnungen von über 20%. (Bild: Zürcher Kantonalbank)
Leerstände verbessert: Der Kanton Zürich verzeichnet aktuell einen Rückgang der Leerwohnungen von über 20%. (Bild: Zürcher Kantonalbank)

Seit 2009 ist die Anzahl leerstehender Wohnungen in der Schweiz Jahr für Jahr gestiegen. Grund dafür ist ein regelrechter Bauboom, angeregt vom Niedrigzinsumfeld. Jährlich investieren Grossanleger in der Hoffnung auf vielversprechende Renditen Milliarden von Franken in Bauprojekte, Kräne und Baustellen sind aus dem Schweizer Landschaftsbild nicht mehr wegzudenken. Obwohl es zeitweise nicht genügend Abnehmer für das Überangebot an neuen Mietwohnungen gab, wurde weiter in Neubau investiert. In Huttwil beispielsweise standen bis vor Kurzem bis zu 15% aller Wohnungen leer.

Vermutlich erfolgt dieses Jahr die Kehrtwende. Die Leerstände in den Kantonen Zürich, Basel-Stadt und Basel-Land sind veröffentlicht und die Entwicklung verblüfft: Insgesamt verzeichnet der Kanton Zürich einen Rückgang der Leerwohnungen von über 20 %, wobei sich grosse regionale Unterschiede zeigen. Während es in der Stadt Zürich ein Plus von 42 leeren Wohnungen gibt, nimmt die Anzahl leerer Wohnungen in Bülach um 167 ab. Die gleiche Stadt-Land-Dynamik zeigt sich auch in Basel.

58'000 leere Mietwohnungen

Schweizweit ist mit einem Rückgang der Leerwohnungen zu rechnen. Insgesamt wurden bisher 8156 Leerwohnungen gezählt, davon 7236 Mietwohnungen. Dies entspricht einem Rückgang von rund 15% im Vergleich zum Vorjahr. Die Anzahl leerstehender Wohnungen im Eigenheim- und Mietsegment dürfte schweizweit im gleichen Umfang gesunken sein. Entsprechend gehen wir davon aus, dass in der ganzen Schweiz aktuell ca. 58'000 Mietwohnungen leer stehen.

Weshalb entwickeln sich die Leerstände gerade jetzt zurück? Erstens schien den Investoren die Problematik der teils hohen Leerstände bewusst zu werden. Zweitens veränderten sich die Bedürfnisse vieler Mieterinnen und Mieter während der Pandemie. Grössere Wohnungen, mehr Grünflächen und Aussenbereiche und auch Ferien- und Zweitwohnungen waren gefragt. Homeoffice dürfte diese Bedürfnisse noch befeuert haben. Die Wohnungssuchenden haben ihren Suchradius aufgrund des knappen und hochpreisigen Angebots an den zentralen Lagen ausgeweitet. Drittens ist die Bevölkerung der Schweiz weiterhin stark gewachsen, was Grossteils auf Arbeitskräfte zurückzuführen ist, die aufgrund von COVID-19 die Schweiz nicht verlassen haben – wie es in Vorjahren der Fall war. Diese Kombination aus sich stabilisierender Bautätigkeit, gestiegener Nachfrage und wachsender Bevölkerung hat zu einer Entschärfung der Leerstandsproblematik geführt.

Regionale Entschärfung der Leerstandsproblematik

Noch sind die leeren Mietwohnungen nicht gefüllt. Trotz der rückläufigen Entwicklung bei der Neubautätigkeit gelangen weiterhin viele neue Wohnungen auf den Markt. Auch bei der Nettozuwanderung erwarten wir im kommenden Jahr einen Rückgang. Daher wird es vorerst nicht zu einer Angebotsknappheit auf dem Mietwohnungsmarkt kommen.

Die Leerstandsproblematik wird sich aber regional entschärfen. So sieht man jetzt schon, dass Mieter vermehrt in die äusseren Agglomerationen, beispielsweise nach Bülach, mit einem grossen Angebot an freien Mietwohnungen ziehen und sich die Leerstandssituation in diesen Regionen etwas entschärft hat. Durch dieses grosse Angebot in den äusseren Agglomerationen ist ein Umzug noch weiter raus, in die sehr peripheren Gemeinden, für die erhoffte Traumwohnung mit dem zusätzlichen Zimmer jedoch weiterhin nicht notwendig. Die leeren Wohnungen in Huttwil werden daher nicht gefüllt.

Leerwohnungsziffer der Schweiz nach Region in % des Wohnungsbestands
Leerwohnungsziffer der Schweiz nach Region in % des Wohnungsbestands

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Immobilien