Was in der Ladentheke von Immobilien­plattformen liegen bleibt

Mit der Zinswende ist die Sorglosigkeit beim Immobilienverkauf vielerorts einer Unsicherheit gewichen. Denn es mehren sich die Anzeichen, dass es wieder schwieriger werden könnte, schnell einen passenden Käufer zu finden. Wir haben die Inserate auf Onlineplattformen analysiert und zeigen auf, ob es einen Trend hin zu längeren Vermarktungsdauern gibt und welche Inserate am ehesten lange liegen bleiben.

Text: Benedikt Lennartz, Analytics Immobilien

Ladenhüter
Wer ein Objekt an weniger bevorzugter Lage und mit schlechtem Ausbaustandard verkaufen möchte, braucht in Zukunft mehr Geduld. (Illustration: JoosWolfangel)

Wer in den letzten Jahren ein Objekt zum Verkauf auf einer grossen Onlineplattform anbot, konnte sich vor Interessenten kaum retten. Das Telefon stand nicht still, und Besichtigungstermine waren innert kurzer Zeit überbucht. Die Suche nach einem geeigneten Käufer war ein Selbstläufer. Schauen wir auf die grossen Immobilienplattformen, bestätigt sich dieser Eindruck. Die Zahl der Inserate, die länger als ein halbes Jahr online blieben, nennen wir sie (digitale) Ladenhüter, wurde immer kleiner. Doch nun beginnen die steigenden Zinsen und die damit verbundene Verteuerung von Hypotheken auf dem Eigenheimmarkt zu wirken: Seit Anfang 2022 kommen wieder mehr Eigenheiminserate auf den Markt. Die luxuriöse Situation von Verkäufern könnte sich also perspektivisch ändern. Somit befürchten viele, die über einen Verkauf nachdenken, ihre Immobilie im aufziehenden Marktumfeld schlechter loszuwerden. Zwar kann derzeit nicht von einem Überangebot an Eigenheimen die Rede sein. Die Sorge jedoch, dass das eigene Objekt zum Ladenhüter werden könnte, steigt erstmals seit langer Zeit wieder.

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Ladenhüter sind bisher selten

Wer beispielsweise seine Eigentumswohnung im Kanton Zürich demnächst online anbieten möchte, fragt sich, wie lange man warten muss, bis genügend Interessenten für einen Verkauf angeworben sind. Die Daten der letzten Jahre zeigen: Rund die Hälfte der Objekte sind etwas länger als einen Monat online. Die Ladenhüterquote hingegen ist niedrig. Durchschnittlich sind nur ca. 10% der Wohnungen länger als ein halbes Jahr aufgeschaltet. Erste Anzeichen für längere Inseratedauern lassen sich bei genauer Betrachtung erkennen: Insgesamt ist der Anteil Ladenhüter zwar niedrig, im Verlauf des letzten Jahres ist er jedoch gestiegen. Waren in der ersten Hälfte 2022 noch durchschnittlich rund 9% der sichtbaren Stockwerkeigentums- und 7% der Einfamilienhausinserate Ladenhüter, waren die Anteile im Januar 2023 auf 12% und 8% gestiegen.
 

Die Neuaufschaltungen von Stockwerkeigentum steigen – die Ladenhüterquote (noch) nicht

Homegate-Neuaufschaltungen und Ladenhüterquote von Inseraten in der Schweiz
 

Neuaufschaltungen/Ladenhüter
Quelle: Homegate, Zürcher Kantonalbank

Die ersten Wochen sind entscheidend

Zudem zeigt sich, dass die ersten Wochen nach der Aufschaltung entscheidend für den weiteren Verlauf sind. Während Stockwerkeigentumsinserate im Kanton Zürich gesamthaft zu ca. 10% zu Ladenhütern geworden sind, waren es bei solchen Inseraten, die nach einem Monat noch online waren, sogar gut 17%. Wer also nach einem Monat noch nicht genügend Interessenten zusammengetragen hat, wird auch im weiteren Verlauf Schwierigkeiten haben.
 

Je schlechter die Lage, desto eher wird ein Objekt lange liegen bleiben

Ladenhüterquote verglichen mit durchschnittlicher Makrolage in Prozentpunkten
 

Ladenhüterquote
Quellen: Homegate, Zürcher Kantonalbank

Schlechte Lage als Risiko

Welche Objekte sind nun gefährdet, zum Ladenhüter zu werden? Um diese Frage zu beantworten, schauen wir auf die Inserate, die in den letzten Jahren auf grossen Onlineportalen aufgeschaltet wurden. Allgemein lässt sich sagen, dass am Markt beliebte Objekte auch schneller wieder verschwinden. So ist die Ladenhüterquote an guten Lagen, also in teuren Wohnquartieren, niedriger als an schlechten. Dieser Zusammenhang gilt besonders für Stockwerkeigentumsinserate, die häufiger in städtischen und teureren Lagen zu finden sind. Die Lage spielt also eine entscheidende Rolle, egal was man am Eigenheimmarkt veräussern möchte.

Weniger Ladenhüter bei qualitativ hoch­wertigen Objekten

Doch obwohl die Lage eine wichtige Rolle spielt, sind auch die übrigen Eigenschaften der Verkaufsobjekte entscheidend. Hierzu analysieren wir, welchen Beitrag einzelne Objekteigenschaften auf die Wahrscheinlichkeit haben, dass ein Inserat zum Online-Ladenhüter wird. Es zeigt sich: Bei Einfamilienhausinseraten hilft es, wenn in den letzten Jahren saniert wurde, wohl weil Sanierungen die Unsicherheit für Käufer über künftige Investitionen reduzieren. Dazu passt, dass Einfamilienhäuser, deren Heizung mit Öl betrieben wird, mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Ladenhütern werden als solche mit Wärmepumpe. Dieser positive Effekt energetischer Sanierungen dürfte in der aktuellen Situation wohl noch an Bedeutung gewonnen haben. Bei Stockwerkeigentum spielen Sanierungen keine relevante Rolle, wohl auch, weil hier häufig neuere Objekte angeboten werden.

Welche Objekte haben es schwerer?

Angaben in Prozentpunkten
 

Quellen: Homegate, Zürcher Kantonalbank

Weiterhin lohnt es sich, wenn das eigene Objekt über attraktive Extras verfügt. Bei Einfamilienhäusern kann das ein Cheminée sein, bei Stockwerkeigentum sinkt die Aufschaltungsdauer, wenn ein Garagenplatz mitverkauft wird. Dieser ist besonders in urbanen Lagen, wo Abstellflächen fehlen, ein attraktives Kaufkriterium, das somit besonders Eigentumswohnungen zugutekommt. Dachwohnungen haben es in vielerlei Hinsicht bei potenziellen Käufern schwer. Sie sind aufwendig zu möblieren und tendieren im Sommer zu Hitzestau. Auch bei den Aufschaltungsdauern zeigt sich: Wer eine Dachwohnung veräussert, muss damit rechnen, dass die Suche nach einem Käufer etwas länger dauert. Allgemein zeigt sich, dass Immobilien mit hohem Qualitätsstandard weniger stark gefährdet sind, zum digitalen Ladenhüter zu werden. Aufatmen können ausserdem Besitzer von Einfamilienhäusern mit grosser Grundstücksfläche. Für solche Objekte lassen sich nicht nur höhere Preise erzielen, sie sind auch weniger lang online verfügbar.

Geduld wird zur Tugend

Wer sein Objekt nun gefährdet sieht und wem die zeitliche Flexibilität fehlt, dem bleibt die Ultima Ratio, die Preisanpassung. Denn Ladenhüter sind sowohl beim Stockwerkeigentum wie auch bei Einfamilienhäusern einige Prozent teurer als vergleichbare Objekte mit kürzerer Insertionsdauer. Wer den Preis reduziert, kann also damit rechnen, dass sein Objekt schneller einen Käufer findet. Jedoch werden viele Veräusserungswillige nur für eine leicht kürzere Interessentensuche keine Preiskorrektur in Kauf nehmen.

Zusammenfassend bleibt dann nur festzustellen: Wer ein Objekt an weniger bevorzugter Lage und mit schlechtem Ausbaustandard verkaufen möchte, braucht in Zukunft mehr Geduld. Vor allem, wenn der Verkäufer keine Kompromisse beim Preis machen möchte. Denn aktuell kann man nicht mehr erwarten, das Objekt förmlich aus der Hand gerissen zu bekommen, sondern muss mehr Zeit einplanen. Andererseits setzt sich Qualität am Eigenheimmarkt durch. Wer also ein Objekt mit gutem Ausbaustandard an ansprechender Lage veräussern möchte, wird auch in nächster Zeit kaum Schwierigkeiten haben, schnell einen Käufer zu finden. Für Kaufinteressenten könnten sich indes bei grösserer Auswahl nach schwierigen Jahren bald wieder attraktivere Gelegenheiten auftun.
 

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