Rekordjahr bei Unternehmens­käufen

Unternehmungen in der Schweiz wurden im Jahr 2021 überdurchschnittlich viel gekauft und verkauft. Die Auswirkungen sind auch bei der Zürcher Kantonalbank spürbar. So etablierte die Bank gegenüber den Vorjahren deutlich mehr Finanzierungen für Unternehmenskäufe. Der Ausblick für 2022 ist ebenfalls positiv.

Text und Bild: Livia Caluori

Matthias Siegenthaler, Teamleiter Structured Finance bei der Zürcher Kantonalbank
Matthias Siegenthaler, Teamleiter Structured Finance der Zürcher Kantonalbank, prognostiziert auch für das Jahr 2022 viele Aktivitäten auf dem Merger & Akquisitionen-Markt.

Der Merger & Akquisitionen-Markt (M&A) erholt sich, nach einem kurzen pandemiebedingten Unterbruch im Frühjahr 2020, derzeit auf eindrucksvolle Weise – schweizweit und global. Die insgesamt 233 Abschlüsse mit Beteiligung von Schweizer KMU markieren einen Rekord, wie eine Deloitte-Studie zeigt. Verglichen mit dem Jahr 2020 ist ein eindrücklicher Anstieg von 24,6 Prozent zu verzeichnen. Klar vorn liegt der Kanton Zürich mit 55 Transaktionen. Zweiter ist Bern mit 18 Transaktionen, dicht gefolgt vom drittplatzierten Genf mit 13 Transaktionen. Bei grossen Unternehmen ist eine ähnliche Dynamik zu sehen, wie eine KPMG-Studie zeigt: Insgesamt zählt man für das Jahr 2021 schweizweit 604 Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von fast 170 Mrd. Dollar. Vieles spricht dafür, dass die M&A-Aktivitäten auch 2022 weiter zunehmen werden.

Doch nicht nur die Anzahl Übernahmen markieren einen Rekord. Auch das damit verbundene Finanzierungsvolumen schnellte vergangenes Jahr in die Höhe; so zu spüren bei den Teams Structured Finance und Loan Syndications der Zürcher Kantonalbank.

Mitunter teuer, immer komplex

Ist von M&A-Aktivitäten die Rede, dann wird meist auch von grossen Summen Geld gesprochen. Zudem sind die Ansprüche an die Finanzierung komplex. Clevere, individuelle und pragmatische Lösungen sind gefragt.

Vielfach übersteigt der Finanzierungsbedarf in solchen Fällen den Risikoappetit einer einzelnen Bank und für die gewünschten Grosskredite kommt das Instrument des Konsortialkredites zum Zuge. Die Zürcher Kantonalbank arrangiert und führt als eine von wenigen Schweizer Banken solche Konsortialkredite und blickt in diesem spezialisierten Bereich auf ein äusserst erfolgreiches 2021 zurück: «Ein wesentlicher Anteil der Grosskredite kommt im Zusammenhang mit M&A-Aktivitäten zustande. Und vergangenes Jahr lief es besonders rund: Erstmals überstieg das Volumen der Konsortialkredite unter dem Lead unserer Bank die Marke von acht Milliarden Franken», sagt Matthias Siegenthaler, Teamleiter Structured Finance bei der Zürcher Kantonalbank.

Konsortialkredite: Finanzierungslösung bei M&A-Aktivitäten

Die Entwicklung der Teams Structured Finance und Loan Syndications ist eindrücklich: Bis 2010 waren es schweizweit vor allem die Credit Suisse und UBS, die Konsortialkredite arrangierten. Zwar partizipierte die Zürcher Kantonalbank seit Anfang der Jahrtausendwende auch an diesem Markt, richtig darauf fokussiert hat sich die Zürcher Kantonalbank aber erst seit der Finanzkrise. Auslöser: der nicht funktionierende Kapitalmarkt. Zusammen mit anderen Kantonalbanken und weiteren Instituten sind wir in der Krise eingesprungen und haben Konsortialkredite professionell in federführender Funktion etabliert.

Und die Entwicklung geht weiter: Neu kann auf Wunsch von Kunde und Kundin eine Nachhaltigkeitskomponente in den Kredit eingebunden werden (Sustainability Linked Loan). Dies geschieht durch Anbindung an ein ESG-Rating oder durch individuelle Sustainability Performance Targets (SPTs).

Als Finanzierungsspezialist im Bereich Konsortialkredite ist Siegenthaler Experte des schweizweiten M&A-Markts. Wir haben ihn um eine Einschätzung des M&A-Rekordjahrs gebeten.

Drei Fragen an Matthias Siegenthaler, Teamleiter Structured Finance

Apropos M&A-Aktivitäten – wie ist es zum Rekordjahr 2021 gekommen?

Ein wesentlicher Treiber ist das seit längerem bestehende Negativzinsumfeld. Die Investoren suchen unter anderem Anlagemöglichkeiten, die Rendite bringen und finden diese zum Beispiel in der Private Equity-Branche. Andere Faktoren sind die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung und der technologische Wandel. Schliesslich haben auch Aufholeffekte eine Rolle gespielt: Nach einem kurzen Marktstillstand im ersten Halbjahr 2020 konnte man eine regelrechte Aufholjagd beobachten, welche bereits im zweiten Semester 2020 begann und auch im vergangenen Jahr anhielt.

Wie schaut es in diesem Jahr aus – weisen die bisherigen Aktivitäten auf ein nächstes Rekordjahr hin?

Basierend auf den Diskussionen mit unserer Kundschaft und den pendenten Finanzierungsanfragen erwarte ich auch in diesem Jahr sehr hohe Aktivitäten bei Unternehmenskäufen. Unverändert marktstützend sind die hohen Liquiditätsbestände, die allgemein positive Wirtschaftsentwicklung sowie die derzeitig attraktiven Finanzierungsmöglichkeiten.

Was sind die Erwartungen der Käufer an die finanzierende Bank?

Oberste Priorität hat die Finanzierungssicherheit. Der Käufer sucht in der Regel eine fest zugesagte, langfristige Finanzierung für die nächsten fünf bis sechs Jahre. Dabei sollten die individuellen Kreditbedingungen so ausgestaltet sein, dass der unternehmerische Spielraum auch weiterhin genutzt und die Strategie sinnvoll umgesetzt werden kann. Sehr oft ist bei Unternehmenskäufen auch die Geschwindigkeit ein entscheidender Faktor. Dazu benötigt es einen verlässlichen Bankpartner mit hoher Expertise, Pragmatismus, klarer Kommunikation und schneller Entscheidungsfindung. Da mit der Akquisitionsfinanzierung auch immer eine langfristige Partnerschaft eingegangen wird, ist zu guter Letzt das gegenseitige Vertrauen eine unabdingbare Voraussetzung.