Die AHV kann nur mit Feingefühl reformiert werden

Gleich zu zwei Initiativen über die Zukunft der AHV durfte sich das Stimmvolk am 3. März 2024 äussern. Volk und Stände haben sich für die 13. AHV-Rente entschieden und lehnten eine Anhebung des Referenzalters ab. Wie geht es nach diesem Abstimmungssonntag mit der AHV im politischen Diskurs weiter?

Text: Andreas Habegger, Leiter Finanzplanung und Vorsorge bei der Zürcher Kantonalbank

Andreas Habegger, Leiter Finanzplanung und Vorsorge bei der Zürcher Kantonalbank
«Wer seine eigene Altersvorsorge gesichert haben möchte, ist gut beraten, frühzeitig auch eigenverantwortlich zu handeln»: Andreas Habegger, Leiter Finanzplanung und Vorsorge. (Bild: Simon Baumann)

Mehr als 2,5 Millionen Pensionierte erhalten aktuell eine Altersrente der AHV. Total wurden im Jahr 2022 gut 44 Milliarden Franken in Form von Altersleistungen aus der ersten Säule ausbezahlt. Die Politik soll dafür sorgen, dass das Fundament unserer Altersvorsorge auch in Zukunft stabil bleibt und dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel standhält.

Die im Umlageverfahren finanzierte AHV steht jedoch vor grossen Herausforderungen. Erstens nimmt die Zahl der Pensionierten schneller zu als die Zahl der Erwerbstätigen, die in die AHV einzahlen. Zweitens müssen mit der steigenden Lebenserwartung die Renten länger ausbezahlt werden. Mit Annahme der Reform zur Stabilisierung der AHV («AHV 21») hat das Stimmvolk im Herbst 2022 einen ersten Schritt gutgeheissen. Die Erhöhung des Frauenrentenalters und die Anhebung der Mehrwertsteuer haben die Finanzen der AHV bis ins Jahr 2030 stabilisiert.

Mögliches negatives Betriebsergebnis

Doch mit Annahme der 13. AHV-Rente ist klar: Bereits ab 2026 steigt die maximale jährliche Altersrente für Einzelpersonen um 2'450 auf 31'850 Franken und für Ehepaare um 3'675 auf 47'775 Franken. Gleichzeitig dürfen allfällige Ergänzungsleistungen nicht gekürzt werden. Die vom Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) prognostizierten Kosten für die 13. AHV-Rente belaufen sich auf anfänglich gut 4 Milliarden Franken pro Jahr. Ohne zusätzliche Finanzierung resultiert bereits ab dem Jahr 2027 ein negatives Betriebsergebnis, welches über den AHV-Ausgleichsfonds gedeckt werden müsste. Die Kapitalreserve würde bis ins Jahr 2033 von heute knapp 50 auf rund 32 Milliarden Franken absinken.

Die Frage der künftigen Finanzierung der AHV liegt jetzt gleich in doppelter Hinsicht beim eidg. Departement des Innern (EDI) von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider: Zum einen wurde das EDI bereits nach Annahme der «AHV 21» beauftragt, dem Parlament bis Ende 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 zu unterbreiten. Dazu kommt jetzt noch die Frage der Finanzierung der 13. AHV-Rente. Im Fokus stehen primär die Anhebung der Lohnbeiträge und eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer. Diskutiert werden auch die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer oder einer nationalen Erbschaftssteuer.

Signal für die nächste Reform wurde gegeben

Das Volk hat sich mit der 13. Rente mehrheitlich für einen Leistungsausbau in der AHV entschieden. Auch die negative Volksantwort auf eine unmittelbare Anhebung des Referenzalters wird in Bern zur Kenntnis genommen werden. Klar scheint nach diesem Abstimmungssonntag, dass es für Mehrheiten eine ausgewogene Reform braucht. Bei einseitigem Rumreissen des Ruders besteht die Gefahr, dass die AHV das gesellschaftliche Vertrauen verlieren und vom Kurs abkommen könnte. Die Stellschrauben bei unserem wichtigsten Sozialwerk müssen mit politischem Feingefühl auf diversen Ebenen justiert werden.

Nächste Abstimmung: BVG

Der nächste Volksentscheid zur Altersvorsorge steht mit der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) voraussichtlich schon diesen Herbst an. Die BVG-Reform umfasst im Wesentlichen die folgenden drei Massnahmen:

  • Senkung des Umwandlungssatzes
  • Verstärkung des Sparprozesses
  • Rentenzuschlag für die Übergangsgeneration

Wer seine eigene Altersvorsorge gesichert haben möchte, ist gut beraten, frühzeitig auch eigenverantwortlich zu handeln.