Einfamilienhaus geerbt – was nun?

Erbengemeinschaften können eine Immobilie grundsätzlich so aufteilen, wie sie das wollen. Sie müssen dies jedoch gemeinsam und einstimmig tun. Kommt keine Einigung zustande, gelten die Regelungen des Gesetzes, wie Erbschaftsberaterin Corinne Peier ausführt.

Aufgezeichnet: Patrick Steinemann / Bild: Simon Baumann | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 3/2023

Corinne Peier Müller, Erbschaftsberaterin Zürcher Kantonalbank
«Damit es nicht zu Differenzen kommt, empfiehlt es sich, einen neutralen Willensvollstrecker einzusetzen»: Corinne Peier.

«Wenn jemand stirbt, ist die Erbteilung Sache der Erben. Etwa im Fall eines verwitweten Vaters, der weder ein Testament noch einen Erbvertrag, jedoch ein Einfamilienhaus hinterlässt: Seine drei Töchter bilden von Gesetzes wegen eine Erbengemeinschaft und können das Erbe grundsätzlich so unter sich aufteilen, wie sie das wollen. Sie müssen dies jedoch gemeinsam und einstimmig tun.

Die Töchter können auch schrittweise vorgehen, also einen Teil des Nachlasses verteilen und die übrigen Vermögenswerte in der Erbengemeinschaft belassen. Möglich ist auch, dass eine Toch­ter ausbezahlt wird und die anderen beiden Erbinnen die reduzierte Erbengemeinschaft fortsetzen.

Will eine Tochter das Haus übernehmen, müssen sich die Schwestern über den Anrechnungswert einigen. Massgebend ist dabei der Verkehrswert der Liegenschaft – am besten wird dieser durch einen neu­tralen Experten ermittelt. Nicht vergessen gehen darf dabei auch die Grundstückgewinnsteuer: Sie geht auf die übernehmende Erbin über, wird bei einer Erbteilung aber aufgeschoben, bis ein späterer Verkauf erfolgt. Bei der Festlegung des Anrechnungswertes sollte daher ein angemessener Betrag für diese latente Steuerlast abgezogen werden.

Ist das Haus mehr wert, als der übernehmenden Tochter als Erbteil zusteht, muss sie eine Ausgleichszahlung an ihre Schwestern leisten. Hat sie dafür nicht genügend Mittel, kann sie eine Hypothek auf das Haus aufnehmen. Oder die Ausgleichsforderung wird als Darlehen stehengelassen und die Tochter zahlt die Summe ratenweise ab an ihre Schwestern.

Können sich die drei Töchter nicht einigen über die Zuteilung der Liegenschaft, sieht das Gesetz den Verkauf und die Teilung des Erlöses vor. Falls eine der Erbinnen das fordert, muss das Haus versteigert werden – entweder unter den Schwestern oder öffentlich.
Falls keine Einigung über das Vorgehen zustande kommt, kann jede der drei Töchter bei Gericht auf Erbteilung klagen. Solche Erbteilungsprozesse sind allerdings meist sehr zeitraubend und kostenintensiv.

Damit es nicht zu Differenzen kommt, empfiehlt es sich, frühzeitig eine Regelung zu treffen und einen neutralen Willensvollstrecker einzusetzen. Erbschaftsspezialisten haben oft eine langjährige Erfahrung und können dazu beitragen, dass Konflikte nicht eskalieren.»