«Die Mitarbeitenden sind unser Kapital»

Kevin Knecht propagiert als Geschäftsleiter der HS3 Group AG nachhaltige Gebäudetechnik. Hierfür ist er stark auf das Know-how im Betrieb angewiesen. Zusammen mit Vorsorgespezialist Tobias Landolt von der Zürcher Kantonalbank macht er plausibel, weshalb es sich lohnt, Mitarbeitenden bei der Pensionskasse ein Plus und mehr Wahlfreiheit zu geben.

Interview: Patrick Steinemann / Bilder: Lea Meienberg / Illustration: Maria Salvatore | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 2/2023

Kevin Knecht, HS3 Group AG, im Gespräch mit Tobias Landolt, Zürcher Kantonalbank
Kevin Knecht (links) will als Geschäftsleiter Verantwortung übernehmen. Tobias Landolt unterstützt ihn dabei.

Die berufliche Vorsorge ist in jungen Jahren meist kein Topthema. War das bei Ihnen auch so, Herr Knecht?

Kevin Knecht: Tatsächlich war die Pensionskasse (PK) während meines ETH-Studiums mit kleinen Nebenjobs noch kein Thema. Auch bei der Gründung unseres ersten Unternehmens war die berufliche Vorsorge nur ein Nebenaspekt. Zu Beginn haben wir jeden Franken für unser Start-up verwendet, uns nur kleine Löhne ausbezahlt und die PK lediglich mit dem gesetzlichen Minimum bedient.

Ist diese Lage von Jungunternehmen für Sie ein bekanntes Bild, Herr Landolt?

Tobias Landolt: Durchaus. Es ist absolut verständlich, dass Start-up-Unternehmen ihr Geld zunächst im operativen Bereich einsetzen und das Gründungskapital nicht in eine opulente PK-Lösung fliesst. Wichtig ist jedoch, dass die beruflichen Risiken wie Invalidität oder Todesfall auf jeden Fall solide abgedeckt sind. Das liegt auch in der Verantwortung des Unternehmers.

Herr Knecht, heute sind Sie Geschäftsleiter einer Firmengruppe. Hat sich Ihr Blick auf das Thema berufliche Vorsorge durch diese Funktion geändert?

Knecht: Definitiv. Gerade durch die eigene Erfah­rung in der Gründerphase, während der wir das Thema etwas vernachlässigt hatten, hat die Vorsorge nun einen ganz besonderen Stellenwert. Wir fühlen uns auch in der Verantwortung, unsere jüngeren Mitarbeitenden dafür zu sensibilisieren. Heute wollen wir unseren Angestellten im ganzen Bereich der sozialen Sicherheit gute Leistungen anbieten.

War die Gründung der HS3 Group AG im Jahr 2020 der Auslöser für das Umdenken bei der beruflichen Vorsorge?

Knecht: Wir haben damals unser ursprüngliches Start-up-Unternehmen, die Engineering-Firma s3 GmbH, mit der Hauser & Schwerzmann Haustechnik AG zur HS3 Group fusioniert. Dabei haben wir auch die sehr unterschiedlichen PK-Lösungen in den bestehenden Firmen erkannt. Das Thema war also plötzlich ganz oben auf unserer Prioritätenliste – wir wollten die bestehenden Modelle harmonisieren.

Kevin Knecht, HS3 Group AG

Mit dem PK-Modell können wir auch im Bereich soziale Sicherheit zeigen, wofür wir stehen.

Kevin Knecht, Geschäftsleiter HS3 Group AG

In Ihrer Firmengruppe haben Sie sich für das Modell der Wahlpläne entschieden. Das heisst, die Mitarbeitenden können selbst wählen, wie hoch ihr Sparbeitrag in die PK sein soll. Wie kamen Sie auf diese Lösung?

Knecht: Unser ursprüngliches Ziel war es, unsere Mitarbeitenden bei der beruflichen Vorsorge besserzustellen. Die Erhöhung des Altersguthabens bedingt in der Regel aber bei Arbeitgebern wie bei Arbeitnehmern höhere Beiträge und damit weniger ausbezahlten Lohn. Wir befürchteten, dass dies nicht alle Mitarbeitenden gleich schätzen würden. Tobias Landolt präsentierte uns dann mit dem Wahlplan-Modell den idealen Kompromiss.

Was sind die Argumente des Fachexperten für dieses Modell?

Landolt: Durch die Einführung von bis zu drei verschiedenen Sparplänen mit unterschiedlich hohen Altersgutschriften wird die Selbstbestimmung der Arbeitnehmenden ganz klar erhöht. Zusätzlich wird das Bewusstsein für die Altersvorsorge gefördert. Aber auch der Arbeitgeber kann seine Attraktivität steigern, indem er seinen Angestellten mehr Möglichkeiten und attraktivere Konditionen bietet.

Wie sieht die Lösung bei der HS3 Group nun konkret aus?

Landolt: Die Arbeitnehmenden können hier aus zwei verschiedenen Wahlplänen wählen. In der Standardvariante wurde der Arbeitgeberanteil bei der PK etwas erhöht, der Arbeitnehmerbeitrag reduziert sich etwas. Im zweiten Wahlplan können die Mitarbeitenden ihr Altersguthaben verbessern, wenn sie ihren Sparanteil ebenfalls erhöhen und dadurch etwas höhere Lohnabzüge in Kauf nehmen.

Kommt das Wahlplan-Modell bei Ihren Mitarbeitenden gut an, Herr Knecht?

Knecht: Es kommt sogar sehr gut an. Nun kann jede und jeder die Lösung wählen, die für sie oder ihn stimmt. Und wir als Unternehmer bevormunden unsere Angestellten nicht, sondern bieten mehr Flexibilität. Rund die Hälfte unserer Mitarbeitenden hat sich für das Modell mit höheren Sparbeiträgen entschieden – das ist ein erstaunlicher Wert, da das Durchschnittsalter unserer Angestellten bei etwa 30 Jahren liegt.

Tobias Landolt, Zürcher Kantonalbank

Mit verschiedenen Wahlplänen wird die Selbstbestimmung der Mitarbeitenden klar erhöht.

Tobias Landolt, Kundenberater Berufliche Vorsorge, Zürcher Kantonalbank

Trotz seiner Attraktivität wird das Wahlplan-Modell von Unternehmen eher selten gewählt – weshalb?

Landolt: Viele Unternehmen wissen gar nicht, dass es diese Möglichkeit gibt – hier besteht sicher noch Aufklärungsbedarf. Dann muss der Arbeitgeber bereit sein, mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Hälfte der PK-Beiträge zu übernehmen. Und schliesslich muss auch die PK selbst dieses Modell anbieten.

Die Wahlpläne können jährlich gewechselt werden. Wird diese Option oft genutzt?

Landolt: Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Arbeitnehmenden längere Zeit im gewählten Plan bleiben. Falls sich ihre Lebens- oder Lohnsituation aber ändert, können sie wechseln. Mit einem höheren Wahlplan können sie auch ihr Einkaufspotenzial in die PK verbessern. Zudem lassen sich so die Steuern optimieren.

«Verantwortungsvoll» und «innovativ» zählen Sie zu den zentralen Werten Ihres Unternehmens. Hat das Wahlplan-Modell einen Zusammenhang damit?

Knecht: Ganz klar. Mit dem Wahlplan-Modell können wir auch im Bereich soziale Sicherheit zeigen, wofür wir stehen. Die Mitarbeitenden sind unser Know-how und damit unser Kapital. Wir sind deshalb darauf angewiesen, dass wir sie langfristig an unsere Unternehmen binden und ihnen zeigen können, welche Vorteile sie bei uns haben.

Landolt: Wir stellen generell fest, dass Lohnnebenleistungen, überhaupt Leistungen im Bereich Vorsorge, für die jüngeren Generationen von Arbeitnehmenden wichtiger werden. Mit einem Wahlmodell bei der PK kann ein Unternehmen seinen Angestellten signalisieren, ihnen ein Plus zu bieten. Und dieses Plus können die Arbeitnehmenden nach ihrem Bedarf selbst ausgestalten.

Umweltverträgliche Lösungen im Heizungsbereich, grosszügige Leistungen im sozialen Bereich: Nachhaltigkeit leben Sie in Ihrem Unternehmen also in mehreren Dimensionen.

Knecht: Unsere geschäftlichen Tätigkeiten haben viel mit dem Umweltaspekt von Nachhaltigkeit zu tun. Heizungssysteme auf der Basis von erneuerbaren Energien, Photovoltaikanlagen oder das Erarbeiten von Klimastrategien für unsere Kundinnen und Kunden gehören zu unserem Kerngeschäft. In unserem Verständnis hat Nachhaltigkeit aber auch klar einen gesellschaftlich-sozialen Aspekt. Dazu gehört etwa ein fairer Umgang mit unserer Kundschaft und den Partnern. Aber eben auch die Sorgsamkeit mit unseren Mitarbeitenden. Das gewählte PK-Modell ist hier nur ein Baustein neben Elementen wie einer 38-Stunden-Arbeitswoche, dem Ermöglichen von Teilzeitarbeit, einem höheren Krankentaggeld oder Weiterbildungsmöglichkeiten.

Auch bei der Wahl Ihrer PK haben Sie auf die nachhaltigste Institution im Markt gesetzt.

Knecht: Die Ausrichtung unserer PK «Nest» in Bezug auf ihre Anlagepolitik hat unsere Wahl direkt beeinflusst. Beim Vergleich der verschiedenen Angebote waren wir zudem überrascht, dass nachhaltig ausgerichtete PKs nicht schlechtere Konditionen bieten als konventionell ausgerichtete Institutionen.

Landolt: Zwar orientieren sich heute fast alle PKs nach den internationalen ESG-Richtlinien in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das Kriterium Nachhaltigkeit tief in ihrer DNA verankert haben aber nur die wenigsten. Bei Nest trifft das Attribut «nachhaltig» aber sicher zu.

Illustration Wahlpläne

Darauf kommt es bei den Wahlplänen in der Pensionskasse an

  1. 1 Zeigen Sie, worauf es Ihnen ankommt: Wahlpläne bei der Pensionskasse sind ein gutes Mittel, um Mitarbeitenden Wertschätzung zu zeigen. Zudem eignen sie sich auch zur Positionierung des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt.
  2. 2 Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeitenden: Durch die Wahlmöglichkeit für verschiedene Sparmodelle sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeitenden für das Thema berufliche Vorsorge.
  3. 3 Geben Sie mehr Freiheit: Mit dem Wahlplanmodell können die Mitarbeitenden selbst bestimmen, wie hoch ihr Sparanteil sein soll. Zudem können sie das Modell jährlich wechseln, wenn sich ihre Lebenssituation ändert.
  4. 4 Lassen Sie sich beraten: Bei der Pensionskasse gibt es kein Standardmodell, das für alle Unternehmen und Mitarbeitenden passt. Lassen Sie sich deshalb von Fachpersonen über die verschiedenen Möglichkeiten aufklären.