Vermehrt und besteuert

Dank der positiven Marktentwicklung war der Wertzuwachs auf Immobilien in den letzten Jahren beachtlich. Wer ein Haus oder eine Eigentumswohnung verkauft, kann sich deshalb meist über einen schönen Gewinn freuen. Mitfreuen will sich aber auch der Staat: Bei einem Besitzerwechsel ist deshalb die Grundstückgewinnsteuer fällig. Wir erklären Ihnen anhand von acht Fragen und Antworten das Wichtigste zu dieser Sondersteuer im Kanton Zürich.

Text: Patrick Steinemann / Illustration: Maria Salvatore | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 1/2023

Themenbild Immobilien und Grundstückgewinnsteuer
Wer eine Immobilie verkauft, schuldet die Grundstückgewinnsteuer. Diese lässt sich aber oftmals optimieren. (Bild: Getty Images)

86 Seiten dick ist die Informationsbroschüre des Bundes über das schweizerische Steuersystem, Dutzende unterschiedlicher Steuerarten werden darin aufgezählt. Auf Seite 69 wird jene Abgabe erklärt, die verkaufswillige Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien ärgern mag und die öffentliche Hand freuen wird: die Grundstückgewinnsteuer. Karin Mönch, Steuerspezialistin der Zürcher Kantonalbank, ordnet die wichtigsten Aspekte ein und zeigt auf, wo sich Optimierungen für die Steuerpflichtigen besonders auszahlen können.

Wann wird die Grundstückgewinnsteuer fällig?

Sie wird immer dann fällig, wenn ein Haus, eine Eigentumswohnung, ein Grundstück oder ein Miteigentumsanteil daran verkauft wird. Im Kanton Zürich erhebt jene Gemeinde die Grundstückgewinnsteuer (GGST), in der sich die Immobilie befindet. Steuerpflichtig ist die Verkäuferin oder der Verkäufer einer Immobilie, also jene Person, der die Liegenschaft gehört. «Der Käufer haftet aber mit», betont Karin Mönch. «Im Kaufvertrag sollte deshalb geregelt sein, dass die Bezahlung der GGST sichergestellt wird.» So kann der Käufer etwa die Höhe der mutmasslichen Steuer provisorisch berechnen lassen. Statt dem Verkäufer den vollen Kaufpreis zu überweisen, kann er den Steuerbetrag als Depot beim Steueramt hinterlegen. Alternativ kann sich die Gemeinde die GGST über den Eintrag eines gesetzlichen Grundpfandrechtes sichern.

Karin Mönch, Steuerspezialistin, Zürcher Kantonalbank

Der Stellenwert der Grundstückgewinnsteuer für die Gemeinden ist zum Teil beträchtlich.

Karin Mönch, Steuerspezialistin bei der Zürcher Kantonalbank (Bild: Flavio Pinton)

Weshalb wird die Grundstückgewinnsteuer erhoben?

Der Staat besteuert mit der GGST den «unverdienten» Wertzuwachs einer Liegenschaft. «Unverdient» deshalb, weil keine Kapital- oder Arbeitsleistung des Eigentümers dahintersteckt, sondern sich der Wert durch das Wirken des Gemeinwesens, die Bevölkerungsentwicklung oder die wirtschaftliche Entwicklung erhöht hat. Nicht besteuert wird hingegen jener Mehrwert, welcher durch wertvermehrende Investitionen geschaffen wurde. «Der Stellenwert der GGST für die Gemeinden ist zum Teil beträchtlich», sagt Karin Mönch. Durch den hohen Wertzuwachs vieler Liegenschaften in den letzten Jahren und die damit verbundenen stattlichen Gewinne der Verkäufer profitiert auch die öffentliche Hand kräftig. Die GGST wurde denn auch schon als «Lieblingssteuer» der Gemeinden bezeichnet.

Wie wird die Grundstückgewinnsteuer berechnet?

Der Grundstückgewinn ist die Differenz zwischen den Anlagekosten, also dem ursprünglichen Kaufpreis, und dem aktuellen Verkaufspreis. Zu den Anlagekosten werden zusätzliche Posten wie wertvermehrende Aufwendungen, Grundeigentümerbeiträge, Maklerprovisionen, Inseratekosten oder Notariatsgebühren addiert. Im Sinne von Steuerabzügen reduzieren diese Positionen den Grundstückgewinn und damit auch die Steuer. Wie die Einkommenssteuer ist auch der Steuertarif der GGST progressiv ausgestaltet, das heisst, höhere Gewinne werden überproportional besteuert. Karin Mönch weist auf eine weitere Besonderheit hin: «Die GGST sinkt mit zunehmender Besitzdauer. Nach 20 Jahren beträgt diese Reduktion im Kanton Zürich maximal 50 Prozent. In den ersten zwei Jahren soll hingegen ein Steuerzuschlag Immobilienspekulationen bremsen.»

Ist die Grundstückgewinnsteuer immer sofort fällig?

Die Steuer muss nicht immer sofort bezahlt werden: In gewissen Fällen kann sie auch aufgeschoben werden. Etwa bei einer Ersatzbeschaffung: Also dann, wenn der erzielte Gewinn auf einer selbstbewohnten Liegenschaft in eine andere dauerhaft selbstgenutzte Ersatzliegenschaft in der Schweiz reinvestiert wird. Aber auch bei einer Schenkung, einer Zuteilung im Rahmen einer Erbteilung oder bei gewissen Handänderungen unter Ehegatten. «Dabei kommt es aber immer auf die Details an», sagt Karin Mönch. Zudem weist sie darauf hin, dass ein Aufschub kein Steuererlass ist: «Irgendwann wird die Steuer fällig.»

Bücherstapel
Über die Bücher gehen und die Steuerbelastung optimieren: Dies gilt auch beim Verkauf einer Liegenschaft. (Bild: Getty Images)

Wie wird der frühere Wert einer Liegenschaft ermittelt?

Neben dem aktuellen Verkaufspreis sind – wie oben aufgeführt – der frühere Kaufpreis sowie die wertvermehrenden Investitionen einer Liegenschaft die zentralen Grössen zur Berechnung des steuerbaren Grundstückgewinns. Diese Werte lassen sich aber nicht immer leicht eruieren: Vielfach sind alte Unterlagen nicht mehr vorhanden oder unvollständig. Bei einer Besitzdauer von über 20 Jahren besteht im Kanton Zürich die Möglichkeit, einen errechneten «Verkehrswert vor 20 Jahren» zu verwenden – dies im Sinne einer Beweiserleichterung für die Steuerschuldner. In die Berechnung dieses Wertes fliessen Faktoren wie der Landwert, der Zeitwert des Gebäudes oder Erschliessungs- und andere Nebenkosten ein. «Diese Berechnung kann man beim zuständigen Steueramt verlangen», erklärt Karin Mönch. «Allerdings nur, wenn sehr konkrete Verkaufsabsichten vorliegen.»

Weshalb ist der «Wert vor 20 Jahren» so zentral?

Eine Besonderheit bei der GGST ist, dass der Steuerpflichtige bei einer Besitzdauer von über 20 Jahren zwischen dem Verkehrswert vor 20 Jahren oder den tatsächlichen Anlagekosten wählen kann. «Oft ist der geschätzte Wert vor 20 Jahren vorteilhafter für den Steuerpflichtigen» sagt Karin Mönch. «Als Faustregel gilt: Je weiter zurück der Kauf der Liegenschaft liegt, desto attraktiver ist der Verkehrswert vor 20 Jahren.»

Themenbild Wohnen
Eine Beratung zu steuerlichen Aspekten beim Immobilienverkauf verschafft mehr Zeit für die schönen Seiten des Lebens. (Bild: Unsplash / Rich Tervet)

Warum soll (und darf) der «Wert vor 20 Jahren» hinterfragt werden?

Die Verkehrswertberechnung vor 20 Jahren ist eine hypothetische Berechnung im Sinne von: «Wie hoch wäre der Wert gewesen, wenn die Liegenschaft vor 20 Jahren gekauft worden wäre?» Somit ist klar: Der Wert ist keine exakte Grösse – und es bleibt immer ein Argumentations- und Ermessensspielraum. «Daher soll und darf der vom Steueramt berechnete Wert von vor 20 Jahren hinterfragt werden», betont Karin Mönch. Beim Ausfüllen der Steuererklärung zu Grundstückgewinnen können auch eigene Berechnungen herangezogen werden. Abweichungen zur Berechnung des Steueramtes sollten aber immer begründet sein, damit diese eine Aussagekraft haben.

Wo liegen weitere steuerliche Stolpersteine?

Nicht nur den früheren Verkehrswert gilt es zu beachten, auch weitere Details der GGST sind für Laien nicht auf Anhieb erkennbar. So lauern etwa bei gemischten Schenkungen Stolpersteine. Karin Mönch fügt noch dies hinzu: «Auch bei der Festlegung des Verkaufspreises – vor allem bei einer Übertragung innerhalb der Familie – gibt es gewisse Punkte zu beachten, etwa die aufgeschobene Grundstückgewinnsteuer.» Das Fazit der Steuerspezialistin ist deshalb klar: «Handelt es sich nicht gerade um einen Standardfall, wo die Liegenschaft nach weniger als 20 Jahren Besitzdauer an einen Dritten verkauft wird, kann sich eine Beratung für die steuerpflichtigen Liegenschaftsverkäufer lohnen. Denn es gibt viele Konstellationen und Fallstricke zu beachten. Da es bei der Grundstückgewinnsteuer um namhafte Beträge geht, ist auch das Optimierungspotenzial oftmals erheblich.»

Drei Tipps zur Grundstückgewinnsteuer

  1. 1 Prüfen Sie die Zahlen einfach nach: Um den «Verkehrswert vor 20 Jahren» zu plausibilisieren, verwenden Sie am besten die Berechnung des Steueramtes. Viele Grundinformationen wie Fläche, Baujahr oder der Basiswert der Gebäudeversicherung sind dort ersichtlich. In grösseren Fällen lohnt sich auch der Beizug eines Immobilienschätzers.
  2. 2 Achten Sie auf die Dokumentation: Wenn Sie eine Immobilie oder ein Grundstück verkaufen wollen, ist es oft nicht mehr möglich, fehlende Dokumente aufzutreiben. Bewahren Sie deshalb Belege und Abrechnung zur Liegenschaft während der gesamten Besitzdauer auf. So können Sie die Auslagen im Verkaufszeitpunkt nachweisen und die Abzüge in der Steuererklärung geltend machen.
  3. 3 Lassen Sie sich beraten: Ein Liegenschaftsverkauf ist keine alltägliche Sache und häufig komplex. Weil Details und Fachkenntnisse bei der Berechnung des «Verkehrswertes vor 20 Jahren» entscheidend sind, kann es sich lohnen, eine Expertin oder einen Experten beizuziehen.
Illustration Immobilien und Grundstückgewinnsteuer

Zwei Zahlenbeispiele

Fall 1 – Einfamilienhaus in der Stadt Winterthur

Eine Eigentümerin hat ihr Einfamilienhaus vor zehn Jahren von ihren Eltern geerbt, diese hatten die Liegenschaft zuvor über 30 Jahre in ihrem Besitz. Die Frau wohnte die letzten zehn Jahre im Haus, verkauft nun die Liegenschaft und zieht in ein Ersatzobjekt. Die Grundstückgewinnsteuer soll aufgeschoben werden, da der Gewinn reinvestiert wird.

Basiswerte Einfamilienhaus

1973 Kauf durch Eltern Kaufpreis CHF 500'000
1985 Renovation Wertvermehrender Anteil CHF 100'000
2013 Kundin erbt Haus Schätzwert CHF 1'000'000
2014 Renovation Wertvermehrender Anteil CHF 25'000
2023 Verkauf Verkaufspreis CHF 1'500'000
2023 Kauf Ersatzobjekt Kaufpreis CHF 1'600'000
     
Anlagekosten Kaufpreis + wertvermehrende Kosten vor mehr als 20 Jahren CHF 600'000
Verkehrswert vor 20 Jahren   CHF 750'000

Berechnung Grundstückgewinnsteuer

Verkehrswert vor 20 Jahren   CHF 750'000
+ Wertvermehrende Kosten (übrige CHF 100'000 sind vor mehr als 20 Jahren angefallen) + CHF 25'000
+ Verkaufskosten   + CHF 2'000
+ Marklerkosten 2% + MWST + CHF 32'310
= Anlagekosten   = CHF 809'310
     
Verkaufserlös   CHF 1'500'000
- Anlagekosten   - CHF 809'310
= Grundstückgewinn * * aufgeschoben infolge Ersatzbeschaffung = CHF 690'690

Fall 2 – Mehrfamilienhaus in der Stadt Zürich

Ein Eigentümer hat sein Mehrfamilienhaus vor 23 Jahren gekauft und renoviert. Jetzt verkauft er dieses an Dritte.
 

Basiswerte Mehrfamilienhaus

1996 Kauf MFH Kaufpreis CHF 2'500'000
2000 Renovation Wertvermehrender Anteil CHF 500'000
2023 Verkauf Verkaufspreis CHF 5'500'000
     
Anlagekosten Kaufpreis + wertvermehrende Kosten vor mehr als 20 Jahren CHF 3'000'000
Verkehrswert vor 20 Jahren   CHF 3'200'000

Berechnung Grundstückgewinnsteuer

Verkehrswert vor 20 Jahren   CHF 3'200'000
+ Wertvermehrende Kosten (weil vor mehr als 20 Jahren angefallen) + CHF 0
+ Verkaufskosten   + CHF 5'000
+ Marklerprovision 2% + MWST + CHF 118'470
= Anlagekosten   = CHF 3'323'470
     
Verkaufserlös   CHF 5'500'000
- Anlagekosten   - CHF 3'323'470
= Grundstückgewinn   = CHF 2'176'530
     
Einfache Steuer   CHF 860'012
- Reduktion für 20 Jahre 50% - CHF 430'006
= Total GGST   = CHF 430'006