Die Stimme kenne ich doch

Die Zürcher Kantonalbank setzt im telefonischen Kundenservice auf die automatische Stimmerkennung. Ein Gespräch mit den beiden Projektleitern.

Text: Livia Caluori / Bilder: Flavio Pinton

Thomas Wäspe links und Davor Gavranic rechts im Gespräch
Ab dem 1. Dezember wird im telefonischen Kundenservice die automatische Stimmerkennung eingeführt. Fach-Projektleiter Thomas Wäspe und IT-Projektleiter Davor Gavranic im Gespräch (v.l.).

Konto-Informationen erhalten, ohne Sicherheitsfragen beantworten zu müssen – geht das? Und ob. Wie? Mit der automatischen Stimmerkennung. Ein Gespräch mit Thomas Wäspe (Fach-Projektleiter) und Davor Gavranic (IT-Projektleiter / Product Owner) der Zürcher Kantonalbank.

Es geht los – ab dem 1. Dezember setzt die Zürcher Kantonalbank im telefonischen Kundenservice auf die automatische Stimmerkennung.

Thomas Wäspe (TW): Genau, der Tag ist endlich gekommen. Schon länger freuen wir uns intern riesig auf diese Lancierung und können es kaum abwarten.

Davor Gavranic (DG): In der Projektgruppe sind wir seit Anfang des Jahres mit der Ausarbeitung einer Lösung beschäftigt. Thomas, du wiederum setzt dich wie einige andere auch schon viel länger mit der Stimmerkennung auseinander.

TW: Stimmt. Ich war bereits vor einigen Jahren dabei, als wir die potenzielle Einführung das erste Mal besprochen und analysiert haben.
 

Thomas Wäspe
«Durch das Wegfallen der Sicherheitsfragen, können die Bankmitarbeitenden mehr Zeit in die Beratung investieren»: Thomas Wäspe, Fach-Projektleiter.

Und wieso kommt die Lösung genau jetzt?

TW: Wir orientieren uns bezüglich Weiterentwicklung unserer Dienstleistungen und Services vorrangig am Kundenbedürfnis. Und jetzt sind unsere Kundinnen und Kunden bereit. Die Stimmerkennung hat sich im Markt etabliert und bewährt.

Wie anspruchsvoll war die technische Umsetzung?

DG: Man muss es sich nur vorstellen: Es handelt sich um eine Software, die es mit der bankeigenen Umgebung zu verknüpfen galt – mit dem Telefonie-System beispielsweise. Denn die Systeme müssen in Echtzeit miteinander kommunizieren. Zu Beginn hatten wir darum regelmässig Meetings, die gestartet haben mit: «Du, wir haben ein Problem.»

TW: Oh ja, daran erinnere ich mich gut. Der enge Austausch zwischen Davor und mir sowie die gute Zusammenarbeit im Projekt haben uns aber stets eine gute Lösung finden und konsequent vorwärtsschauen lassen.

Davor Gavranic
«Für die Erstellung eines Stimmabdrucks benötigt die Software Stimmmaterial von etwa einer Minute Länge», erklärt Davor Gavranic, IT-Projektleiter / Product Owner.

Was stand in den letzten Wochen vor der Einführung an – woran haben Sie hinter verschlossenen Türen noch getüftelt?

DG: Einerseits haben wir die rund 300 betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu befähigt, die Software einzusetzen – sie geschult und die notwendigen Prozesse finalisiert. Andererseits haben wir den Einsatz der Software bei einigen vorinformierten Familienmitgliedern und Freunden getestet.

Das Feedback?

DG: Durchaus positiv. Insbesondere die Einfachheit der Anwendung während dem natürlichen Telefongespräch hat begeistert.

TW: Stimmt, mein Bruder gehörte zu den ersten Testern. Das Gespräch mit ihm verlief etwas unkonventionell. Eine Minute lang hat er nämlich einen Witz erzählt. Damit haben wir das Erstellen eines Stimmabdrucks überprüft.

Den Witz wollen wir jetzt aber auch hören …

TW: Das lasse ich hier jetzt lieber (lacht). Der Test hat aber funktioniert. Beim zweiten Anruf konnten wir seine Identität anhand des Stimmabdrucks eindeutig bestätigen.

DG: Übrigens soll hier noch angemerkt werden, dass dies ein spezielles Test-Setting war. Bei Kundinnen und Kunden erstellen wir den Stimmabdruck anhand der Antworten auf die – hoffentlich zum letzten Mal gestellten – Sicherheitsfragen.

Kundinnen und Kunden müssen also keine Witze auswendig lernen?

TW: Müssen sie nicht, definitiv nicht.

Stimmabdruck – wie müssen wir uns das vorstellen?

DG: Für die Erstellung eines solchen benötigt die Software Stimmmaterial von etwa einer Minute Länge. Anhand von rund 500 charakteristischen Merkmalen wie Frequenz, Höhen und Tiefen oder auch Satzrhythmus wird ein automatischer Codewert ermittelt und abgespeichert.

TW: Mehr Informationen hierzu gibt es in der bereits publizierten Vorankündigung vom 1. November 2022.

Klingt sehr technisch.

DG: Ist es auch. Und bei einem künftigen Telefonat wird die Identität des Anrufers oder der Anruferin auf Basis des Codewerts – also des bestehenden Stimmabdrucks – bestätigt.

Was erhofft ihr euch durch das Wegfallen der für viele als lästig empfundenen Sicherheitsfragen?

TW: Die dadurch gewonnene Zeit können unsere Bankmitarbeitenden in die Beratung investieren – für ein optimiertes Kundenerlebnis. So kommen wir schneller zum Anliegen und können die dringenden Probleme folglich schneller lösen.

Gibt es auch eine Lösung für jene, die keinen Stimmabdruck wünschen?

TW: Unbedingt! Den Einsatz können Kundinnen und Kunden gegenüber den Mitarbeitenden jederzeit ablehnen. In diesen Fällen kommen die Sicherheitsfragen wieder zum Einsatz.

Stosst ihr heute Abend noch auf die Lancierung an?

DG: Heute noch nicht. Das lassen wir uns aber nicht entgehen – wir holen es in den nächsten Tagen nach.

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