«Unsere Kundinnen und Kunden schätzen auch die Online-Beratung»

Michael Müller ist seit Juni 2021 Leiter der Filiale am Hauptsitz der Zürcher Kantonalbank. Im Gespräch äussert er sich zu den veränderten Kundenbedürfnissen und seinen Leidenschaften.

Text: Yannik Primus / Bilder: Flavio Pinton

«Nur aus Fehlern lernt man und wird stärker.»
«Nur aus Fehlern lernt man und wird stärker.»

Sie sind seit Juni Filialleiter Zürich-City, wo Sie zuvor bereits seit 2014 als Teamleiter Vermögende Privatkunden gearbeitet haben. Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag seit Mitte des Jahres verändert?

Als Stellvertreter des vorherigen Filialleiters kannte ich die klassische Kundenbetreuung ganz gut. Nun bin ich für viel mehr Mitarbeitende verantwortlich: Bis Juni hatte ich ein zehnköpfiges Team, in der Filiale City darf ich vier Teamleiter und 65 Mitarbeitende führen. Vieles ist neu für mich. Ich habe also viel mehr personelle Themen. Wir hatten gerade einige Wechsel, weshalb ich stark mit der Rekrutierung beschäftigt bin. Es ist mir wichtig, hier nah dranzubleiben.

Weil Sie wissen, dass die Einstellung von Mitarbeitenden ein Schlüsselmoment ist?

Genau. Ich investiere lieber mehr Zeit in die Rekrutierung und hoffe, langfristige personelle Lösungen für die Bank zu finden.

Was war der beste Ratschlag, den Sie vom abtretenden Filialleiter René Klaus erhalten haben?

Er hat mir gezeigt, worauf es ankommt, um als Filialleiter erfolgreich zu sein: Ich war darauf vorbereitet, in der Filiale City mit sehr vielen Ansprechspartnern in Kontakt zu stehen. Er hat mir Tipps gegeben, wie ich kommuniziere und vorankomme. In diesem Gebäude arbeiten 1'000 Leute, von denen viele mehr entscheiden als ich. René ist mit diesem Umstand sehr gut umgegangen.

In der Filiale Stettbach probieren wir Neues aus: So haben Kundenberaterinnen und Kundenberater etwa eine Barista-Ausbildung, Beratungen finden nicht mehr in geschlossenen Räumen statt – schwebt Ihnen ein solcher Wandel auch für die Filiale City vor?

Ich finde es extrem cool, solche Dinge auszuprobieren. Gerade wir in der Filiale City haben grössentechnisch die Möglichkeit, Neues zu wagen. Die Filiale Stettbach befindet sich nahe beim Bahnhof, wodurch viele Pendler mit klassischen Konto- und Zahlunsverkehranfragen vorbeikommen. In der City haben wir oft beratungsintensivere Themen, bei denen es häufig um eine Auslegeordnung des gesamten Vermögens geht. Dann ist der Bedarf nach einer umfassenden Beratung in einem diskreten Sitzungszimmer höher.

Eine neue Studie der Hochschule St. Gallen hat ergeben, dass der Veränderungswille der Schweizer Konsumenten für das «Neue Normale» nach der Pandemie anscheinend viel geringer ist als vermutet . Wie nimmst du das bei unseren Kundinnen und Kunden bezüglich unserer Dienstleistungen wahr?

Spannend ist, dass sich die Anzahl Schaltertransaktionen auf das Niveau von vor Corona eingependelt hat. Wir orientieren uns aber klar an den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden. Bezüglich Beratung stellen wir fest, dass die Bereitschaft zu ortsunabhängigen Dienstleistungen gestiegen ist. Wir haben uns danach ausgerichtet. Auch ich bin klar ein Karten- und Onlinetyp und habe selten viel Bargeld dabei. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch beschleunigt. Unsere Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer arbeiten regelmässig mit Videoberatung und Screensharing.

Filialleiter Michael Müller mag Authentizität: «Ich sage gerne, was ich denke und arbeite in einer Umgebung, in der das sehr geschätzt wird.»
Filialleiter Michael Müller mag Authentizität: «Ich sage gerne, was ich denke und arbeite in einer Umgebung, in der das sehr geschätzt wird.»

Wie merkt ihr das?

An den Rückmeldungen. Beispielsweise sind viele Kundinnen und Kunden froh um Onlineberatungen, weil sie sich dann den Weg in die Filiale ersparen können.

Machen davon nicht vor allem Junge Gebrauch?

Nein, wir beobachten, dass sich das Alter der Kundinnen und Kunden, die ihre Bankgeschäfte online erledigen, fortlaufend erhöht und auch die ältere Generation in diesen Themen sehr gut informiert ist.

Sie bewegen sich seit 20 Jahren im Banking. Wie haben sich die Kundenbedürfnisse im Laufe der Jahre verändert?

Nach wie vor sehr geschätzt wird der persönliche Kontakt und die Beratung. Wir haben pro Jahr über 80'000 Kundentransaktionen am Schalter. Ebenfalls hoch im Kurs befinden sich aber auch die vielen unterschiedlichen digitalen Möglichkeiten wie eBanking, MobileBanking oder die zahlreichen Dienstleistungen im Anlagebereich. Das ist extrem gewachsen in den vergangenen Jahren. Wir stellen die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden selbstverständlich auch in diesem Bereich ins Zentrum.

Zur Filiale Zürich-City zählt das öffentliche Büro Züri. Hat sich dieser Ort der Produktivität und Kreativität bewährt?

Das Büro Züri hat sich ganz sicher bewährt. Wir fallen damit extrem positiv auf. Die Leute, die so einen Arbeitsplatz suchen, kennen das Büro Züri. Die Arbeitsplätze sind seit der Eröffnung 2015 stark besetzt. Das Büro Züri ist ein Geschenk der Zürcher Kantonalbank an die Bevölkerung des Kantons, um den Menschen einen Ort zu bieten, wo sich Kreativität und Produktivität optimal entfalten können.

Wie fördern Sie Mitarbeitende gezielt?

Mit «Performance und Entwicklung» haben wir einen Rahmen geschaffen, indem wir jeden einzelnen Mitarbeitenden und seine Stärken im Hinblick auf seine Entwicklung in den Fokus rücken. Mir ist es darüber hinaus ein starkes Anliegen, dass ich eine offene Feedback- und Fehlerkultur vorlebe, denn aus Fehlern lernt man und wird stärker. Ich habe mit allen Mitarbeitenden der Filiale City, als ich die Leitung übernahm, ein persönliches Gespräch geführt. Wenn ich weiss, was meine Mitarbeitenden beschäftigt, kann ich sie fordern und fördern.

Wie finden Sie privat Ausgleich zum Berufsleben?

Ich habe eine Familie mit drei Kindern, die 10, 12 und 15 Jahre alt sind. Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern zu verbringen ist mir sehr wichtig. Wir fahren im Winter alle sehr gerne Ski und sind im Sommer oft mit dem Wohnmobil unterwegs. So haben wir schon viele fantastische Länder bereist. Ich spiele seit 30 Jahren Trompete, aktuell in einem Brass Quintett. Zudem liebe ich Ausdauersport – insbesondere Skilanglaufen, Mountainbiken und Rennrad fahren.

Die Filiale City lebt auch von regelmässigen historischen Ausstellungen und festlichen Dekorationen wie einem Weihnachtsbaum oder dem Böög. Was würden Sie gerne einmal ausstellen?

Ich finde es immer schön, dass wir Werke von lokalen Künstlern bei uns auszustellen. Das würde ich auf jeden Fall beibehalten. Skulpturen wie unsere «Endlosschlaufe», die prominent in der Mitte unserer Kundenahlle schwebt, finde ich inspirierend. Sie ist auch ein Werk von lokalen Künstlern: Andres Luz und Anders Guggisberg.
 

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Über die Jahre haben sich viele Kundenbedürfnisse geändert, das persönliche Gespräch bleibt aber wichtig.
Über die Jahre haben sich viele Kundenbedürfnisse geändert, das persönliche Gespräch bleibt aber wichtig.
Kein Barista-Coffee to go, aber Service wie im nahegelegenen Sprüngli: In den Beratungszimmmern der Filiale City ist ein erstklassiger Service Standard. Um das Wohlbefinden der Gäste kümmert neben den Kundenbetreuern ein separates Empfangsteam.
Kein Barista-Coffee to go, aber Service wie im nahegelegenen Sprüngli: In den Beratungszimmmern der Filiale City ist ein erstklassiger Service Standard. Um das Wohlbefinden der Gäste kümmert neben den Kundenbetreuern ein separates Empfangsteam.
Diskretion ist nach wie vor gefragt – insbesondere bei der Auslegeordnung des gesamten Vermögens.
Diskretion ist nach wie vor gefragt – insbesondere bei der Auslegeordnung des gesamten Vermögens.
Viel Raum für Diskretion: Die Schalterhalle um 1950.
Viel Raum für Diskretion: Die Schalterhalle um 1950.
Altes Vermächtnis: Der Hauptsitz an der Bahnhofstrasse 9 wurde 1902 errichtet.
Altes Vermächtnis: Der Hauptsitz an der Bahnhofstrasse 9 wurde 1902 errichtet.
Moderne Fassade: Der renovierte Hauptsitz im August 2021.
Moderne Fassade: Der renovierte Hauptsitz im August 2021.
Zeitgemässes Konzept: Seit 2015 werden die Kundinnen und Kunden der Zürcher Kantonalbank in der Filiale City gleich beim Betreten in Empfang genommen und je nach Anliegen den entsprechenden Kundenbetreuer zugewiesen. Neben 20 Kundenbetreuern kümmert sich ein 37-köpfiges Service-Team um die Gäste.
Zeitgemässes Konzept: Seit 2015 werden die Kundinnen und Kunden der Zürcher Kantonalbank in der Filiale City gleich beim Betreten in Empfang genommen und je nach Anliegen den entsprechenden Kundenbetreuer zugewiesen. Neben 20 Kundenbetreuern kümmert sich ein 37-köpfiges Service-Team um die Gäste.
Das grosse Kunstwerk, das in der Mitte der Kundenhalle schwebt, heisst «Endlosschleife» und stammt von den lokalen Künstlern Andres Luz und Anders Guggisberg.
Das grosse Kunstwerk, das in der Mitte der Kundenhalle schwebt, heisst «Endlosschleife» und stammt von den lokalen Künstlern Andres Luz und Anders Guggisberg.
Historische Ausschnitte aus dem 150-jährigen Bestehen der Bank finden sich an verschiedenen Orten der Kundenhalle.
Historische Ausschnitte aus dem 150-jährigen Bestehen der Bank finden sich an verschiedenen Orten der Kundenhalle.
Die Wendeltreppen am Hauptsitz der Zürcher Kantonalbank sind in ihrer Form einzigartig – und denkmalgeschützt.
Die Wendeltreppen am Hauptsitz der Zürcher Kantonalbank sind in ihrer Form einzigartig – und denkmalgeschützt.
Regelmässig schmücken Ausstellungen oder Dekorationen wie hier der Weihnachtbaum aus der vergangenen Adventszeit die Kundenhalle des Hauptsitzes, der 2015 umfassend saniert wurde.
Regelmässig schmücken Ausstellungen oder Dekorationen wie hier der Weihnachtbaum aus der vergangenen Adventszeit die Kundenhalle des Hauptsitzes, der 2015 umfassend saniert wurde.

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