Wie der Böögg in die Schalterhalle kam

Der Sechseläuten-Böögg steht jedes Jahr drei Wochen vor dem Zürcher Volksfest in der Schalterhalle der Zürcher Kantonalbank. Dort kann man ihm so nahe kommen, wie sonst nie. Doch: Wie kam es dazu?

Text: Othmar Köchle

Böögg in der Schalterhalle der Zürcher Kantonalbank
Einmal auf Augenhöhe mit dem Böögg; das ist möglich in der Schalterhalle der Zürcher Kantonalbank an der Bahnhofstrasse 9 in Zürich. (Bild: Zürcher Kantonalbank)

​Der Böögg – oder vielleicht besser gesagt: seine jährliche Wiedergeburt – hat schon so einiges erlebt. 1921 wurde der Scheiterhaufen offenbar von Kommunisten zu früh abgefackelt, mehrmals kippte er vorzeitig vom Scheiterhaufen, 1923 war der Regen zu stark für eine Bööggverbrennung und 1944 landete er dabei beim Hafen Enge im See – der Sechseläutenplatz war damals kriegshalber ein Kartoffelacker. Letztes Jahr wurde er quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Schöllenenschlucht auf der Teufelsbrücke verbrannt. Den Höhepunkt der Eulenspiegleien dürfte aber der 2006er-Böögg erlebt haben:

Heinz Wahrenberger, der damalige Bööggbauer, staunte nicht schlecht, als er am Morgen des 19. Aprils 2006 kurz vor dem Sechseläuten seine Garage betrat und er anstelle des fast fertiggestellten Bööggs ein Bekennerschreiben, ein Emblem mit Hammer und Sichel und einen Schoggi-Osterhasen vorfand – im Schreiben hatte gestanden, der Böögg wäre Gefangener der Bewegung «1. Mai Strasse frei». Nun: Die Zünfter griffen auf einen Ersatzböögg zurück, und das Fest ging trotz Bööggentführung über die Bühne.

​Sicherer Gewahrsam für den Böögg

Die Entführung des Bööggs brachte indessen den damaligen Marketingchef der Zürcher Kantonalbank und seines Zeichens Mitglied der Zunft zur Schmiden, auf die Idee, dass der Böögg vor dem Sechseläuten in sicheren Gewahrsam gebracht werden müsse. Was lag näher, als dem immerhin 3,5 Meter hohen Sinnbild des vergänglichen Winters einen Zufluchtsort im Innern der sichersten Bank der Welt zu gewähren. Zumal die Ursprünge der Bööggverbrennungen auf ein Ritual von Knaben im mittelalterlichen Kratzquartier, gelegen zwischen dem Frauenmünster und dem Bürkliplatz, also just am Ort des Hauptsitzes der Bank, zurückgehen.

Gesagt, getan: Das Bankpräsidium und das Zentralkomitee der Zünfte Zürichs (ZZZ) einigten sich, und schon im Jahr darauf konnte der «muntere Schneemann», wie die Bank ihn in ihrer Kommunikation schmeichlerisch betitelte, jeweils drei Wochen vor dem Sechseläuten in der Schalterhalle der Filiale City am Hauptsitz aus nächster Nähe betrachtet werden. Aus Sicherheitsgründen ohne die Böller. Es handelt sich dabei jeweils um den neuesten von zwei Ersatzbööggen, die heute jeweils von Lukas Meier (Eigentümer der Aroma Productions AG) gefertigt werden.

Am Montag, 25.​ April 2022 wird das Zürcher Fest nach zweimaligem Aussetzen wieder gefeiert werden. Wer dem Umzug beiwohnt, wird als aufmerksame Zuschauerin oder aufmerksamer Zuschauer auch Exponenten der Bank, nämlich Jörg Müller-Ganz (Vereinigte Zünfte zur Gerwe und zur Schumachern), Martin Scholl (Zunft zum Widder), Jürg Bühlmann (Zunft zur Letzi) und Daniel Previdoli (Zunft Schwamendingen) als Gäste der Zünfte mitlaufen sehen.

Engagement der Zürcher Kantonalbank

Jeweils im April findet das Zürcher Frühlingsfest statt. Der Zug der Zünfte zieht zur Sechseläutenwiese, wo der Böögg aus Stroh und Jute als Symbol für die Wintervertreibung verbrannt wird. Das farbenfrohe Treiben, das mit dem traditionellen Kinderumzug am Sonntag beginnt, verfolgen tausende von Gästen. Die applaudierenden Zuschauer am Strassenrand, die vielen Pferde und Wagen, all die farbenfrohen Kostüme, Trachten und Uniformen, die Blasmusik und das Gefühl, im Mittelpunkt zu stehen: Der Kinderumzug ist ein bleibendes Erlebnis. Willkommen sind alle Kinder zwischen 5 und 15 Jahren – auch Nicht-Zürcher und -Zürcherinnen und Nicht-Zünfter. Als nahe Bank sind wir mit den Traditionen der Stadt und des Kantons eng verbunden und unterstützen diese.

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