Bildnis vom Ich

Kein hastig geknipstes Selfie, sondern ein wohlkomponiertes Selbstporträt sollten Schülerinnen und Schüler der F+F Schule für Kunst und Design erschaffen – so wollte es Künstler und Dozent Thilo Hoffmann. Entstanden sind feinfühlige Bilder, die nicht nur das Äussere zeigen, sondern auch Einblick ins Innenleben dieser jungen Menschen gewähren.

Text: Simona Stalder / Bilder: Selbstporträts der Schülerinnen und Schüler der F+F Schule für Kunst und Design | aus dem Magazin «ZH» 1/2022

Wynona Hollenstein (17):
«Selbstoptimierung»

Selbstporträt Wynona Hollenstein

«Ich habe mir meine Haare schon in allen möglichen Farben gefärbt, sie oft glatt getragen. Ich habe meine Augenbrauen gebleicht und mir sogar zweimal den Kopf rasiert. Auch mein Kleidungsstil hat sich immer wieder gewandelt. Stets war ich auf der Suche nach einem neuen spannenden Look, einem neuen spannenden Ich. Doch seit einiger Zeit bin ich einfach zufrieden. Das stete Streben nach Veränderung liegt hinter mir. Ich lebe mit meinem bisher natürlichsten Look und liebe mich so, wie ich bin.»

 

 

 

Morris Köchle (17): 
«Unterwegs»

Selbstporträt Morris Köchle

«Dieses Stück Strasse kann man als das physische Zentrum meines Freundeskreises beschreiben. Es liegt ziemlich in der Mitte von allem, was mir etwas bedeutet. Diesen Abend bin ich, wie so oft, im Stress. Ich bewege mich mit fast schon unglaublicher Geschwindigkeit. Meine Schuhe treffen im Takt der Musik in meinen Ohren auf den Asphalt. In Gedanken bin ich schon um die nächste Ecke gerannt. Ohne das Blitzlicht hätte man mich gar nicht gesehen, wie ich mit Überschall durch die Nacht heize.»

 

 

 

Jasmin Egger (20): «Gestatten: Nene!»

Selbstporträt Jasmin Egger

«Ich bin durch meine zwei Brüder mit Videospielen und japanischen Serien (Anime) aufgewachsen. Cosplay, Gaming und Zeichnen sind heute ein wichtiger Teil meines Lebens. In jeder freien Minute beschäftige ich mich mit diesen Themen. Sie machen mein Leben bunt, vielleicht auch etwas kindlicher und im besten Sinne des Worts naiver. Richtig kreativ werde ich nachts, wenn es um mich herum still wird. Dann kann ich mich oft besser konzentrieren als tagsüber und komme aus mir raus.»

 

 

 

Flurina Kuehne (18): 
«Meine Meinung»

Selbstporträt Flurina Kuehne

«Es ist wichtig, sich eine eigene Meinung zu bilden. Dies war mir jedoch nicht immer klar. Früher habe ich oft Meinungen anderer übernommen, ohne sie zu hinterfragen. Ich wollte dazugehören und auf keinen Fall auffallen. Inzwischen ist mir klar geworden, dass ich eine eigenständige Person bin und meine eigene Meinung einen Wert hat. Ich habe begonnen, mich mit Themen wie Klimaschutz oder Feminismus zu beschäftigen und bin so auf spannende und inspirierende Persönlichkeiten gestossen.»

 

 

 

Laurin Bleiker (18):
«Meine Art zu fühlen»

Selbstporträt Laurin Bleiker

«Als ich klein war, hörte ich kaum etwas. Mit fünf Jahren bekam ich Hörgeräte. Alles fühlte sich nun viel intensiver an. Ich hörte Dinge wie die Kirchenglocke zum ersten Mal. Mein Vater war Gitarrenlehrer. Ich liebte es, ihm stundenlang zuzuhören. Später begann ich, Schlagzeug zu spielen. Es half mir, meine Gefühle rauszulassen. Durch die Musik habe ich auch zur visuellen Kunst gefunden. Wenn ich mal überfordert bin vom visuellen Arbeiten, ziehe ich mich ins Studio zurück und mache Musik.»

 

 

 

Tanja Schätti (20): «Gleisänderung»

Selbstporträt Tanja Schätti

«Hektik, Lärm, Menschen. Viele Menschen. Dinge, denen ich früher keine Beachtung schenkte. Ich lebte in einem kleinen Tal, eingebettet zwischen Bergen. Bis ich merkte, wie mich meine Heimat einengte. Ich musste weg, in die Stadt. Mit dem Aufbruch kam die Angst. Diese erste, endlos lange Zugfahrt inmitten der fremden Gesichter! Doch letztlich war dies der Weg, der sich mir bot. Mit Musik in den Ohren und einem Ziel vor Augen begab ich mich auf die Reise ins Ungewisse. Heute stehe ich wieder am Gleis, gelassen und ruhig.»

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