EU-Taxonomie für mehr Transparenz
Doch auch die EU will mit dem «Green Deal» den Takt vorgeben. In dessen Zentrum steht die Taxonomie-Verordnung, die Geschäftsmodelle bezüglich Nachhaltigkeit klassifizieren soll. «Die Definitionen tragen zur Transparenz bei», sagt Paetzold. Er freut sich darüber, dass seine Forschung in das Papier eingeflossen ist: «Wo eine grüne Etikette drauf ist, soll etwas für die Umwelt herausschauen – da muss man sich darauf verlassen können.» So sehr Nicolodi dieses Anliegen teilt, sieht er auch die Kehrseite des Regulierungswerks: «Die Komplexität ist äusserst hoch. Entsprechend verlangt die Umsetzung den Finanzinstituten fachlich wie ressourcenmässig viel ab.» Zudem könne das Korsett zum «Dienst nach Vorschrift» führen. Die Schweiz werde sich den EU-Regulierungen nicht entziehen können. Nicolodi: «Die Diskussionen laufen in Ämtern und Branchenvereinigungen auf Hochtouren. Manches werden wir übernehmen, für anderes brauchen wir smartere Lösungen, einen ‹Swiss Finish›.»
Für Paetzold ist klar, dass der Regulator die Schrauben anziehen muss. Er schlägt beispielsweise vor, Pensionskassen nachhaltige Anlagevorschriften zu verpassen. Und der Handel grüner Finanzinstrumente wäre steuerlich zu fördern. Schliesslich stelle das CO2-Gesetz einen wichtigen Schritt dar. «Darüber hinaus braucht es ein Budget fürs nachhaltige Standortmarketing», fordert Paetzold. Gute Noten attestiert er der Zürcher Kantonalbank: «Sie liegt klar über dem Durchschnitt der Branche.» Das kommt nicht von ungefähr: Nachhaltigkeit ist ein expliziter Teil des Leistungsauftrags des Kantons Zürich an seine Bank. «Ökonomisch langfristiges, ökologisches und gesellschaftsorientiertes Denken ist in unserer DNA verankert», betont Schwarz: «Wir leben Nachhaltigkeit über unsere gesamte Wertschöpfungskette, vom Finanzierungs- bis zum Anlagegeschäft.» So führte die Zürcher Kantonalbank bereits 1992 Umweltdarlehen für umweltfreundliches Bauen und Renovieren ein. Und seit letztem Sommer können Kundinnen und Kunden von einer kostenlosen Heizungsersatzberatung profitieren.
Eine Weltpremiere gelang der Zürcher Kantonalbank im Frühling 2020. Als erste Fondsanbieterin setzt Swisscanto Invest bei allen aktiv gemanagten Fonds ein jährliches CO2-Reduktionsziel von vier Prozent um. Obendrein berücksichtigt sie ESG-Kriterien bei allen Anlageentscheidungen. «Themen wie Kinderarbeit, kontroverse Waffen und Kraftwerkskohle schliessen wir aus unserem Anlageuniversum aus», ergänzt Nicolodi. Zudem übt die Zürcher Kantonalbank die Stimmrechte auf ihren Aktienbeständen aus und pflegt den Dialog mit Unternehmen. Offenbar beeinträchtigt all dies die Anlageergebnisse nicht: «Unsere streng nachhaltigen Aktienstrategien haben über fünf bis zehn Jahre exzellente Renditen eingefahren.»
Wie steht es um den Einwand, dass Banken grüne Anlageprodukte aus kommerziellen Gründen vermarkteten, aber bei der Kreditvergabe «farbenblind» seien? «Im KMU-Bereich sind weniger Daten vorhanden. Somit ist es anspruchsvoll, diese Dimension quantitativ sowie qualitativ gut zu erfassen», antwortet Nicolodi – und fügt hinzu: «Bei der Zürcher Kantonalbank integrieren wir nachhaltige Fragen in die Kreditanalyse.»
Mit ihrem Finanzplatz könne die kleine Schweiz einen grossen Beitrag für das Weltklima leisten, resümiert Paetzold. Die entsprechenden Anlagevehikel sind da – der Entscheid, sie zu nutzen, liegt bei den Anlegerinnen und Anlegern.