Den Börsenstier bei den Hörnern packen

Europa leidet stark unter der aktuellen Situation. Viel Pessimismus ist aber eingepreist. Wieso gerade spanische Aktien Chancen bieten können, lesen Sie im Beitrag von Anlagespezialist Jens Schweizer.

Text: Jens Schweizer

«Spanien wird die aktuellen Herausforderungen besser als andere europäische Länder meistern.» Jens Schweizer, Anlagespezialist Anlagethemen und -trends (Bild: pixabay)

Europa steht vor grossen Herausforderungen. Die herrschende Vorsicht der Investoren widerspiegelt sich auch am Aktienmarkt. Viel Pessimismus scheint aber auch bereits eingepreist. Gleichzeitig entwickeln sich die Gewinne der europäischen Unternehmen weiterhin überdurchschnittlich. Der europäische Aktienmarkt bietet wieder Chancen. Unsere Reise beginnt, wo der Jakobsweg endet: in Spanien.

Hohes Potenzialwachstum

Spanien hat nach der Finanzkrise trotz wiederkehrender politischer Instabilitäten einen erfolgreichen Reformkurs eingeschlagen und steht nun strukturell in vielerlei Hinsicht stabil da. Der Arbeitsmarkt wurde flexibler, die Wirtschaft digitaler, Banken und Immobilienmarkt gesünder. Das Potenzialwachstum liegt in Relation zu vergleichbaren Ländern der Eurozone höher. Auch befindet sich Spanien weiter in der Erholungsphase der Coronakrise, was sich in überdurchschnittlichen Wachstumszahlen und -prognosen widerspiegelt.

Geringere Betroffenheit von der angespannten Energiesituation

Entscheidend für einen positiven Ausblick ist auch, dass die spanische Wirtschaft weniger von der angespannten Energiesituation betroffen ist. So sind beispielsweise energie- und stromintensive Branchen wie die Industrie oder Grundstoffe untervertreten. Auch wird Erdgas hauptsächlich über Nordafrika oder in flüssiger Form und praktisch nicht aus Russland bezogen. Bei der Stromerzeugung durch Wind- und Solarkraft ist Spanien in Europa führend, trotz Don Quichottes Abneigung gegenüber Windmühlen. Fast die Hälfte der Stromproduktion kam 2021 aus erneuerbaren Energien.

Günstig bewerteter Aktienmarkt Die Performance des spanischen Aktienmarkts ist in diesem Jahr trotzdem genauso tiefrot wie die Teilnehmer der Tomatenschlacht «La Tomatina», bei der sich die Teilnehmer im spanischen Buñol nahe Valencia mit überreifen Tomaten bewerfen. Gerade vor dem Hintergrund einer weiterhin stabilen Gewinnentwicklung bei spanischen Unternehmen ist der Aktienmarkt günstig bewertet. Auch zahlen spanische Unternehmen weiter im Flamenco-Rhythmus Dividenden, was die erwartete Dividendenrendite mit 4 bis 5 Prozent zu den höchsten unter den Industrieländern und in Europa macht.

Defensive Sektorstruktur verleiht Stabilität

Der spanische Aktienmarkt zeichnet sich auch durch eine defensivere Sektorstruktur als der europäische Gesamtmarktindex aus. Beispielsweise sind die defensiven Versorgungsunternehmen deutlich übervertreten. Dies sorgt in wirtschaftlichen Abschwungphasen für mehr Stabilität. Zu beachten bleibt, dass gängige Indizes aufgrund der beschränkten Grösse des spanischen Aktienmarkts Konzentrationen in gewissen Unternehmen aufweisen. Auch lauten die investierbaren Aktien auf Euro, welcher gegenüber dem Schweizer Franken weiter unter Druck geraten könnte.

Spanien wird die aktuellen Herausforderungen besser als andere europäische Länder meistern. Der Börsenstier nimmt am spanischen Aktienmarkt Anlauf. Und wie der Angelsachse es formulieren würde: Vielleicht wollen Sie ihn bei den Hörnern packen!

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