Die SNB hält an ihrer Nullzinspolitik fest
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) lässt ihren Leitzins unverändert bei 0%. Dies ist keine Überraschung, da das SNB-Direktorium im Vorfeld zum heutigen Zinsentscheid mehrfach bestätigt hatte, dass die Hürde für eine Wiedereinführung von Negativzinsen hoch sei. Der Grossteil der Marktbeobachter war sich daher einig, dass die seit Juni geltende Nullzinspolitik fortgeführt wird. Wie die SNB in ihrer heutigen Medienmitteilung zur geldpolitischen Lagebeurteilung schreibt, ist sie weiterhin bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu werden.
Text: Kevin Gismondi
Makroökonomische Aussichten rechtfertigen keine weiteren Zinssenkungen
Unerwünschte Nebeneffekte der Negativzinsen sind sicherlich ein relevanter Punkt für die Beibehaltung der aktuellen Zinspolitik. Aber selbst wenn der Leitzins noch positiv wäre, würden die wirtschaftlichen Aussichten keine weitere geldpolitische Lockerung rechtfertigen. Die Schweizer Wirtschaft ist im 3. Quartal zwar stärker als erwartet geschrumpft, jedoch ist dieser Rückgang auf die chemisch-pharmazeutische Industrie zurückzuführen und im Kontext der Volatilität des Aussenhandels im Zusammenhang mit der US-Handelspolitik einzuordnen. Das übrige verarbeitende Gewerbe hingegen – welches im Gegensatz zur Pharmaindustrie von den Zöllen betroffen ist – hat sich überraschend gut gehalten. Ausserdem entwickelte sich der private Konsum solide. Ein Blick nach vorne zeigt: Die Konjunkturdaten für das laufende 4. Quartal sind bisher verhalten positiv ausgefallen. Zudem haben die Konjunkturrisiken durch die Einigung im Zollstreit abgenommen. Dies spricht dafür, dass die Talsohle der konjunkturellen Schwächephase erreicht ist. Das makroökonomische Umfeld bleibt aber herausfordernd. Gemäss unserer Prognose dürfte die Schweizer Wirtschaft im nächsten Jahr daher nur verhalten wachsen. Das sieht die SNB in ihrer BIP-Wachstumsprognose von rund 1% für nächstes Jahr ähnlich (September: knapp 1%). Eine Krisensituation ist das jedoch nicht. Beim derzeitigen Zinsniveau, das für die Konjunktur bereits stimulierend wirkt, drängt sich deshalb keine weitere Zinssenkung auf.
Mittelfristige Preisstabilität ist gewährleistet
Auch zur Gewährleistung der Preisstabilität ist derzeit keine expansivere Geldpolitik erforderlich. Zwar ist die Teuerung zuletzt etwas tiefer ausgefallen als von der SNB und den Marktteilnehmern erwartet. Sie wird mittelfristig aber innerhalb des Zielbands der SNB von 0% bis 2% verbleiben. Von einem etwas tieferen Niveau ausgehend, zeigt die heute von der SNB aktualisierte Inflationsprognose für die kommenden Quartale weiterhin einen leichten Inflationsanstieg. Die Prognose befindet sich über den gesamten Prognosezeitraum im Bereich der Preisstabilität. So prognostiziert die SNB für 2025 eine Inflationsrate von 0.2%, für nächstes Jahr eine von 0.3% (September: 0.5%) und für 2027 eine solche von 0.6% (September: 0.7%). Die Teuerung dürfte also auch ohne Negativzinsen in der unteren Hälfte des Zielbands verbleiben. Da die Teuerung aktuell an der Nullgrenze liegt, sind leicht negative Jahresraten jedoch nicht ganz auszuschliessen. Die SNB betont jedoch stets, dass sie bei der Sicherstellung der Preisstabilität den mittelfristigen Zeitraum im Blick hat. Das bedeutet, dass sie vorübergehend auch eine Inflation um oder unter 0% akzeptiert. Das Risiko einer Deflation erachten wir als begrenzt. Dies liegt an den positiven Inflationsbeiträgen inländischer Komponenten sowie der stabilen Binnennachfrage. Auch diese spricht nicht für stärkere, breit basierte Preisrückgänge. Eine temporär negative Inflationsrate würde deshalb kaum grössere Deflationssorgen bei der SNB aufkommen lassen. Die heutigen Ausführungen deuten darauf hin, dass die SNB die jüngsten Inflationszahlen als vorübergehend und wenig besorgniserregend betrachtet.
Wir erwarten keine Anpassung der Geldpolitik im Jahr 2026
Aus Sicht von Konjunktur und Inflation ist der Handlungsbedarf für Negativzinsen demnach nicht ausreichend. Dasselbe gilt für das Wechselkursumfeld. Zwar hat der Franken im Jahr 2025 gegenüber Währungspaaren wie dem US-Dollar oder dem japanischen Yen deutlich aufgewertet. Gegenüber dem Euro, der wichtigsten Handelswährung, blieb der reale Wechselkurs im Jahresverlauf jedoch praktisch unverändert. Unserer Prognose zufolge wird sich der EUR/CHF-Kurs weiter seitwärts entwickeln. Zudem bleibt der Zinsabstand zur Europäischen Zentralbank (EZB) überdurchschnittlich hoch. Obwohl die Inflationsrisiken insgesamt abwärtsgerichtet sind, ist die Hürde für Negativzinsen hoch. Für eine Zinssenkung der SNB müsste sich der mittelfristige Inflationsausblick signifikant verschlechtern. Ein solches Szenario würde wohl eine Kombination aus erheblich schwächerem Wachstum, einer substanziellen Aufwertung des Schweizer Frankens und einer Einengung des Zinsdifferenzials aufgrund erneuter Zinssenkungen der EZB erfordern.
Auf der anderen Seite halten wir auch eine Zinserhöhung im Jahr 2026 für unwahrscheinlich. Zwar dürfte die Teuerung im nächsten Jahr leicht ansteigen, sie wird aber auf einem niedrigen Niveau bleiben. Ein stärkerer Anstieg wird durch tiefere Strompreise, den Rückgang der Mietinflation, die starke Währung und das verhaltene Lohn- und Wirtschaftswachstum begrenzt. Entsprechend kann sich im kommenden Jahr nur wenig Preisdruck aufbauen, weshalb die Inflation in der unteren Hälfte des Zielbandes von 0% bis 2% verharrt. Angesichts eines Wachstums unterhalb des Trends und einer Inflation von deutlich unter einem Prozent sind Zinserhöhungen also ebenfalls noch in weiter Ferne. Zusammengenommen spricht also einiges für eine unveränderte Zinspolitik in den nächsten Quartalen. Wir gehen deshalb davon aus, dass der Leitzins der SNB bis Ende 2026 bei 0% bleibt.