Stewardship unter der Lupe: Wie Asset Manager ihre Verantwortung leben
Wie ernst nehmen Asset Manager ihre Verantwortung als Vertreter ihrer Kapitalgeberinnen und Kapitalgeber? Die jährliche Stewardship-Analyse der Zürcher Kantonalbank gibt Einblick, wie unterschiedlich die Engagement- und Abstimmungspraktiken verschiedener Asset Manager aussehen und wo sich die Branche im Wandel befindet. Zwischen Transparenz, Einfluss und ungenutztem Potenzial zeigen sich spannende Erkenntnisse. Erfahren Sie mehr im Beitrag von Sarah Spirig, Stewardship-Spezialistin im Team «Manager Selection» bei Investment Solutions.
Text: Sarah Spirig
Stewardship – also die verantwortungsvolle Wahrnehmung von Eigentümerinteressen – hat sich zu einem zentralen Baustein nachhaltiger Investmentstrategien entwickelt. Besonders durch die spürbare Kritik an Nachhaltigkeitsbestrebungen rücken Nachhaltigkeitsansätze wieder vermehrt in den Fokus.
Obwohl Stewardship seit einigen Jahren als effektives Instrument angesehen wird, um Impulse zu setzen und positiven Wandel in Unternehmen voranzutreiben, äussern sich vermehrt auch kritische Stimmen zu dem Thema. Skeptiker weisen darauf hin, dass eine übermässige Konzentration von Einfluss Risiken birgt, insbesondere die Gefahr, dass die treuhänderische Verantwortung zugunsten anderer Interessen, wie etwa der Förderung von Nachhaltigkeit, vernachlässigt wird. Vor allem grosse Asset Manager geraten dabei in den Fokus – etwa, wenn es um ihre Nachhaltigkeitsambitionen oder die Reichweite ihres Einflusses geht.
Diese Dynamiken haben das Verständnis von Stewardship in den letzten Jahren verändert. Der Trend geht in Richtung Demokratisierung: Abstimmungsentscheidungen werden dezentralisiert, und Engagement-Programme zunehmend auf die Präferenzen der Kapitalgeberinnen und Kapitalgeber zugeschnitten. Damit rücken institutionelle Asset Owner – also Banken, Pensionskassen oder Versicherer– stärker in die Verantwortungspflicht.
Verantwortung neu definiert
Stewardship ist längst nicht mehr allein Aufgabe der Asset Manager. Auch die institutionellen Asset Owner tragen eine entscheidende Verantwortung – sowohl bei der Auswahl als auch bei der laufenden Kontrolle der investierten Asset Manager. Immer häufiger übernehmen sie eine aktivere Rolle, fordern mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht – und möchten selbst eine stärkere Stimme im Stewardship-Prozess haben.
Diese Entwicklung schmälert die Bedeutung von Stewardship keineswegs – im Gegenteil: Sie unterstreicht, wie wichtig es ist, dass sich alle Beteiligten mit dem Thema auseinandersetzen. Ein universell gültiger Best-Practice-Ansatz lässt sich in dieser Entwicklungsphase kaum festlegen – doch ein Grundsatz bleibt bestehen: Transparenz stellt das Fundament jedes glaubwürdigen Stewardship-Ansatzes dar.
Stewardship ist eine gemeinsame Verantwortung von Asset Managern und institutionellen Asset Ownern. Transparenz und Zusammenarbeit sind der Schlüssel für nachhaltigen Wandel
Sarah Spirig, Stewardship-Spezialistin im Team «Manager Selection» bei Investment Solutions
Unser Beitrag: Eine aktuelle Einordnung verschiedener Stewardship-Praktiken
Anhand dieser Entwicklungen haben wir auch unsere jährliche Asset Manager Stewardship-Bewertung weiterentwickelt. Neue und überarbeitete Indikatoren spiegeln aktuelle Markttrends wider und fokussieren sich stärker auf Transparenz-Kriterien sowie die Eigenheiten unterschiedlicher Stewardship-Ansätze. Die Ergebnisse der Auswertung basieren auf öffentlichen Daten und Umfrageantworten. Die Auswertung von über 20 Indikatoren haben wir in unserer Stewardship-Scorecard zusammengefasst, die weiterhin in drei Hauptkategorien unterteilt ist: Transparenz / Glaubwürdigkeit, Voting und Engagement. Die Analyse mittels dieser Scorecard ermöglicht es uns die Ausrichtung von Asset Managern besser mit unseren eigenen Stewardship-Grundsätzen abzugleichen. Gleichzeitig aber verstehen wir das Ergebnis nicht als endgültiges Urteil, sondern als Momentaufnahme – eine Orientierungshilfe im Prozess der Managerauswahl und unseres eigenen Engagements. Ziel dieser Analyse ist es dementsprechend, nicht nur die Qualität verschiedener Stewardship-Praktiken zu beurteilen, sondern auch eine Grundlage für einen konstruktiven Dialog und für ein wirksames Engagement mit den Managern zu schaffen.
Die Auswertung der diesjährigen Untersuchung verdeutlicht, dass Stewardship weiterhin ein dynamisches und vielschichtiges Thema bleibt. Die Analyse liefert aufschlussreiche Erkenntnisse:
- Das Abstimmungsverhalten der Asset Manager hat sich über die Jahre hinweg am stärksten entwickelt und zeigt die grösste Vielfalt an Ansätzen.
- Asset Manager richten ihren Stewardship-Ansatz vermehrt an den Präferenzen der Asset Owner aus und beziehen diese in den Prozess mit ein.
- Fixed-Income-Stewardship offenbart sich als ein noch wenig ausgeschöpftes Feld, das trotz seines erheblichen Potenzials bislang wenig Aufmerksamkeit erhält.