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Luxus macht (keine) Ferien

Der Zweitwohnungsboom der Pandemiejahre ist vorbei. Das Preiswachstum dürfte dennoch weiter positiv ausfallen. Zweitwohnungen sind ein Luxusgut und werden aus vielerlei Gründen auch in Zukunft kaum an Attraktivität einbüssen.

Text: Julia Lareida, Analytics Immobilien

Ferienwohnung in Graubünden: Für viele Zürcher ist der Traum bereits Wirklichkeit. (Bild: JoosWolfangel)

Zu Hause ist es doch am schönsten. Das gilt für Herrn und Frau Schweizer auch in den Ferien. Sie verbringen ihre Ferien am häufigsten im Heimatland. Und in den eigenen vier Wänden lebt es sich noch entspannter. Die beliebteste Feriendestination der Zürcher ist der Kanton Graubünden. Knapp zwei Drittel ihrer Ferienwohnungen ausserhalb des Kantons Zürich liegen im Bündnerland. Dabei haben einige Gemeinden es den Unterländern besonders angetan. So wird in Lantsch, Falera oder Obersaxen fast jede zwanzigste Wohnung über die Zürcher Kantonalbank als Ferienwohnung eines Zürchers finanziert. In anderen Bergregionen, wie dem Toggenburg, dem Berner Oberland oder dem Wallis, fällt demgegenüber die Anzahl Zürcher Ferienwohnungen gering aus. Einzig das Tessin übt ebenfalls eine starke Anziehungskraft auf die Zürcher aus. Mit rund dreimal mehr Ferienwohnungen in Zürcher Hand bleibt Graubünden allerdings die klare Nummer eins.

Für viele Zürcher ist der Traum bereits Wirklichkeit. Potenzielle Neukäufer stehen aufgrund der Preisentwicklung der letzten Jahre vor einer schwierigen Suche. Das Preiswachstum bei Ferienwohnungen lag in den letzten Jahren mitunter im zweistelligen Bereich. Kostete eine Wohnung vor fünf Jahren noch 1 Million Franken, sind es heute 1,4 Millionen Franken. Jüngst sind die Preise jedoch wieder rückläufig. Seit 2024 zeigt der von der Zürcher Kantonalbank ermittelte Preisindex für Zweitwohnungen eine deutliche Korrektur der Marktpreise auf. Läutet diese jüngste Preisentwicklung den Anfang vom Ende des Zweitwohnungsbooms ein, oder handelt es sich einzig um eine kurzfristige Entspannung? Ein Blick zurück hilft bei der Einordnung.

Ist das Hoch bei den Zweitwohnungspreisen passé?

Preisindex für Zweitwohnungen, Schweiz ohne Kt. ZH, 2019 = 100

Preisentwicklung bei Zweitwohnungen
Quellen: Swiss Real Estate Datapool, Zürcher Kantonalbank

Das Bündnerland hat es den Zürchern angetan

Wo die Zürcher Kantonalbank Ferienwohnungen von Zürchern finanziert, ausserhalb ihres Heimatkantons
 

Ferienwohnungen der Zürcher
Quelle: Zürcher Kantonalbank

Vom Überangebot zum Nachfrageboom

Was für den Besitzer einer Ferienwohnung die wohlverdiente Auszeit am Wochenende ist, bedeutet für den Einheimischen des entsprechenden Bergdorfes zugezogene Vorhänge und gelöschte Lichter unter der Woche. Die Zweitwohnungsinitiative, von der Stimmbevölkerung 2012 knapp angenommen und Anfang 2016 in Kraft getreten, wollte den leeren Betten einen Riegel vorschieben und forderte eine Beschränkung des Zweitwohnungsanteils auf 20 Prozent. In Graubünden, einem von der neuen Gesetzgebung stark betroffenen Kanton, wurde nach Annahme und vor Inkrafttreten der Initiative viel auf Halde gebaut. Dies zeigen die leeren Eigentumswohnungen im Bergkanton, die sich in dieser Zeitspanne fast verdoppelten. Der Verkauf gestaltete sich zunächst harzig. Im Negativzinsumfeld und Anlagenotstand hatten die Bauherren aber keine Eile. Schliesslich hat ein besonderer Umstand den Verkauf angekurbelt: Beinahe über Nacht wurde die Schweiz von der Corona-Pandemie erfasst. Gefangen zu Hause mit geringer Aussicht auf Ferien im Ausland fand man Ferien in der Schweiz sofort viel attraktiver. Das rege Interesse an Ferienwohnungen mündete in einem starken Anstieg der Anzahl Transaktionen. In weniger als vier Jahren haben sich die Verkäufe von Zweitwohnungen im Kanton Graubünden verdoppelt. Die vorhandenen Reserven konnten zumindest einen Teil der enormen Nachfrage stillen. So konnten sowohl Käufer als auch Verkäufer profitieren – Erstere wurden fündig, und Letztere genossen steigende Preise.

 

Die Leerstände wurden wieder abgebaut

Index der Leerwohnungen und Transaktionen in GR, 2012 = 100

Leerstände Entwicklung Zweitwohnungen
Quellen: Bundesamt für Statistik, Swiss Real Estate Datapool, Zürcher Kantonalbank

Mittlerweile herrscht wieder «courant normal» auf dem Zweitwohnungsmarkt. Die Grenzen sind wieder offen, Herr und Frau Schweizer können ihre Ferien auch auf den Malediven verbringen. Führt dies nun zum grossen Schlussverkauf der Ferienwohnungen? Viele Gründe sprechen dagegen.

Luxus ist zeitlos

Ferienwohnungen sind ein Luxusgut. 70 Prozent der Ferienwohnungen werden von Eigenheimbesitzern gekauft. Besonders bei den Bewohnern der teuren Gemeinden am Zürcher Seeufer sind Zweitwohnungen beliebt. Unter der Annahme, dass die Zürcher Kantonalbank einen Marktanteil von einem Drittel aufweist, besitzt in Herrliberg fast jeder zehnte Haushalt im Eigenheim zusätzlich eine Ferienwohnung. Ferienwohnungen sind ein Luxus, den sich ihre Besitzer leisten, um einen Ausgleich zu haben zu den meist urbanen Wohngegenden der Eigenheime. An den Wochenenden und in den Schulferien erleben so die Zürcher Seegemeinden das grosse Lichterlöschen.
 

Eigenheimbesitzer leisten sich oft zusätzlich eine Ferienwohnung

Anteil Eigenheimhaushalte mit zusätzlicher Ferienwohnung (in Prozent) und Preisniveau

Eigenheimbesitzer
Quelle: Zürcher Kantonalbank

Die Stadt Zürich schert bei unserer Analyse aus. In der Limmatstadt ist der Besitz von Ferienwohnungen eine Domäne der Mieter. So sind rund zwei Drittel aller Ferienwohnungen der Stadtzürcher in der Hand von Mietern. Die Ferienwohnungsbesitzer zur Miete wohnen zu grossen Teilen in den teureren Quartieren Höngg, Ober- und Unterstrass, Hottingen sowie Enge und Seefeld. Das kaum vorhandene Angebot an Eigenheimen in der Stadt mag dazu geführt haben, dass das Bedürfnis nach den eigenen vier Wänden mit einem Feriendomizil gestillt wird. Die stadtzürcher Knappheit hat eine Strahlkraft bis in die Berge.

Stadtzürcher ticken anders

Wohnform der Haushalte, die eine Ferienwohnung besitzen, Kanton Zürich
 

Stadt vs Kanton Wohnform
Quelle: Zürcher Kantonalbank

Anhaltendes Preiswachstum

Es gibt viele Indizien für ein anhaltendes Preiswachstum und Interesse an Ferienwohnungen. Ferienwohnungen bieten beispielsweise den Vorteil, dass sie von mehreren Familienmitgliedern abwechselnd genutzt werden können. Unsere Daten zeigen, dass Ferienwohnungen meist von Personen oder Paaren mit einem grösseren Familienkreis gekauft werden. Zudem können Ferienwohnungen von den Nachkommen geteilt und damit leichter vererbt und in der Familie weitergegeben werden. Zwei Drittel der Ferienwohnungen bleiben in der Familie und werden von der nächsten Generation in den allermeisten Fällen auch weiterhin als Ferienwohnung genutzt. Während das Eigenheim oftmals erst nach dem Tod verkauft oder weitergegeben wird, trennen sich viele von ihrer Ferienwohnung bereits zu Lebzeiten. Dadurch profitieren die Nachkommen von Wohneigentum in einem Alter, in dem sie dieses noch ausgiebig selbst nutzen können.

Für ein anhaltendes Preiswachstum spricht auch die durch das Zweitwohnungsgesetz gedämpfte Angebotsentwicklung. Die Leerwohnungsziffer der Tourismusregionen befindet sich fast auf historischem Tiefststand. Ein Anstieg des Angebots ist nicht in Sicht. Lediglich der altrechtliche Wohnungsbestand stützt das Angebot leicht. Vor 2012 erstellte Wohnungen dürfen sowohl als Erst- wie auch als Zweitwohnung genutzt werden, auch in Regionen, die vom Zweitwohnungsgesetz betroffen sind. Diese altrechtlichen Wohnungen sind aber meist in der Hand von Einheimischen und kommen nur tröpfchenweise auf den Zweitwohnungsmarkt.

Zu guter Letzt hat sich bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass touristische Gebiete schnell und innovativ auf strukturelle Trends reagieren und sich so im internationalen Wettbewerb der Feriendestinationen zu behaupten wissen. In der Vergangenheit haben sich beispielsweise Skigebiete angesichts abnehmender Schneesicherheit neu ausgerichtet. Eine sommerliche Angebotspalette für Wanderer, Biker, Indoor-Sport und Festivals hat das Bündnerland auch in der Sommer- und Nebensaison attraktiv gemacht. Das Sinken der Zweitwohnungspreise dürfte unter diesen Vorzeichen nur von kurzer Dauer sein.
 

Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften

Der am 28. September 2025 angenommene Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften erlaubt es Kantonen, Steuereinnahmen auf selbstgenutzten Zweitliegenschaften zu generieren. Sie sollen Steuerausfälle aus dem Wegfall der Besteuerung des Eigenmietwertes kompensieren. Aus Sicht der Besitzer von Zweitwohnungen wird somit die bestehende Steuerlast aufgrund des Eigenmietwertes durch eine neue direkte Objektsteuer ersetzt. Ob dies unter dem Strich zu einer Entlastung oder einer zusätzlichen Belastung führt, hängt einerseits von der individuellen Finanzierungssituation und andererseits von der konkreten Höhe der Objektsteuer ab. Im Kanton Graubünden beispielswese beläuft sich der jährliche Steuerausfall auf rund 90 Millionen Franken, davon fallen 50 Millionen beim Kanton und 40 Millionen bei den Gemeinden an – bei geschätzten 86'000 Zweitwohnungen. Eine Abwälzung der gesamten Steuerausfälle einzig auf die Besitzer von Zweitwohnungen dürfte jedoch kaum möglich sein. Bereits bringen sich die relevanten Interessenvertreter, wie etwa die Allianz Zweitwohnungen Schweiz oder der Verband der Zweitwohnungen, gegen eine nachträgliche Ausgestaltung der Objektsteuer in Stellung. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass sich insgesamt die Steuerbelastung für die Besitzer von Ferienwohnungen mit Abschaffung des Eigenmietwertes substanziell ändert. Entsprechend sind auch die Auswirkungen auf den Markt der Zweitwohnungen wohl sekundär.

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