Was man zum Referenzzinssatz wissen muss

Der hypothekarische Referenzzins ist von 1,25 auf 1,5 Prozent gestiegen. Nun könnten Vermieterinnen und Vermieter jene Mieten erhöhen, die auf dem Satz von 1,25 Prozent basieren. Ursina Kubli, Leiterin Immobilienresearch der Zürcher Kantonalbank, erklärt, was auf Mieter zukommt und was diese tun können.

Text: Renate Meier

Wie viele Mieterinnen und Mieter werden von der Erhöhung des Referenzzinssatzes voraussichtlich betroffen sein?

Rund die Hälfe aller Mieterinnen und Mieter müssen in den kommenden Monaten mit einem Brief der Vermieterin oder des Vermieters rechnen.

Ab wann können die Mieten dann erhöht werden?

Die Vermieterinnen und Vermieter können die Mieten auf den nächsten vertraglichen Kündigungstermin hin unter Einhaltung der Kündigungsfrist plus einer zehntägigen Bedenkfrist durchsetzen. Die ortsüblichen Kündigungstermine sind bei homegate.ch publiziert. Ab Oktober dürften viele Mieterinnen und Mieter bereits höhere Netto-Mieten zahlen.

Welche Mieterinnen und Mieter sind eher von der Erhöhung betroffen als andere?

Grundsätzlich trifft die Mieterhöhung jene, welche in den vergangenen Jahren die Senkung eingefordert haben beziehungsweise diese vom Vermieter erhalten haben. Hier entwickelt sich die Miete in Richtung des damaligen Mietniveaus und liegt häufig noch immer tiefer. Wer jedoch erst kürzlich eine Mietwohnung bezogen hat, hat im Mietvertrag ebenfalls einen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent. Diese Mieterinnen und Mieter konnten nicht von früheren Senkungen profitieren und zahlen stattdessen hohe Anfangsmieten.

Welche Vermieterinnen und Vermieter werden die Mieten tendenziell erhöhen?

Angesichts der tiefen Leerstände sowie der steigenden Angebotsmieten ist davon auszugehen, dass viele Vermieterinnen und Vermieter in nächster Zeit aktiv werden. Institutionelle haben die Mieten in der Vergangenheit eher gesenkt, weshalb diese tendenziell die Mieten erhöhen werden. Gleiches gilt für Vermieterinnen und Vermieter von Neubauten. Da deren Mietpreis auf Marktniveau ist hat sich eine Senkung eher gelohnt und Mieterinnen und Mieter haben diese selbstbewusster eingefordert. Bei schwer vermietbaren Objekten hingegen könnten sich manche Vermieterinnen und Vermieter die Anpassung des Vertrages zweimal überlegen.

Gibt es regionale Unterschiede?

Wir haben die Mietpreisindex-Daten des Bundesamts für Statistik (BfS) von 2016 bis 2022 analysiert und festgestellt, dass die Zürcher Mieterinnen und Mieter die Mietzinssenkungen bei den vergangenen Senkungen des Referenzzinssatzes häufiger einfordert haben beziehungsweise diese direkt vom Vermieter erhielten. Das wiederum bedeutet, dass sie nun eher mit einer Erhöhung rechnen müssen. In der welschen Schweiz hingegen wurden in der Vergangenheit aufgrund der vielen Untermietverhältnisse weniger Senkungen eingefordert – daher müssen dort weniger Personen mit Erhöhungen rechnen.

Was lässt sich bei einer Mieterhöhung tun?

Der Mieterinnen- und Mieterverband empfiehlt, die Mietzinserhöhung formell und rechnerisch zu prüfen. Während 30 Tagen besteht die Frist zur Anfechtung der Mietzinserhöhung.

Ist mit einem weiteren Zinsschritt zu rechnen?

Ja, wir gehen von einer nächsten Erhöhung 2024 aus. Bei den heutigen Erwartungen zur zukünftigen Entwicklung von Konjunktur und Inflation könnten bis Ende 2027 insgesamt vier weitere Zinserhöhungen folgen. Allein durch den Anstieg des Referenzzinssatzes ergibt sich ein Potenzial für Mieterhöhungen von gut 15 Prozent – den heutigen Anstieg des Referenzzinssatzes mit eingerechnet. Es gilt jedoch in Szenarien zu denken. Würde die Inflation doch stärker nachlassen als erwartet, würde sich die Zahl der Zinserhöhungen reduzieren.

Referenzzinssatz

Der Referenzzinssatz stützt sich auf den hypothekarischen Durchschnittszinssatz der Banken in der Schweiz. Der aktuelle Stand des Referenzzinssatzes wird vierteljährlich durch das Bundesamt für Wohnungswesen mitgeteilt. Der Referenzzinssatz ist massgebend für Mietzinsanpassungen in bestehenden unbefristeten Mietverhältnissen (Art. 13 VMWG).