Wenn Recruiterinnen selbst in die Bewerberrolle schlüpfen

Gerade selbst noch Bewerberin, verstärkt Jasmin Flammer seit August 2023 als Rekrutierungsspezialistin die Zürcher Kantonalbank. Von ihren Erfahrungen als Recruiterin, wie es ihr als Bewerberin ergangen ist und inwiefern all das ihre Sicht auf den Bewerbungsprozess verändert hat, berichtet sie im Interview - und gibt einige Tipps.

Text: Mirjam Arn, Bild: Simon Baumann

Jasmin Flammer, Rekrutierungsspezialistin Zürcher Kantonalbank (Bild: Simon Baumann)
Jasmin Flammer bereichert das Recruiting-Team der Zürcher Kantonalbank seit Sommer 2023. Die begeisterte Fussballerin ist äusserst naturliebend, sodass sie häufig in den Bergen beim Wandern oder Biken anzutreffen ist. Die 25-Jährige musiziert leidenschaftlich gerne, sei es am Klavier, mit der Gitarre oder beim Singen im Chor. Tiefe Freundschaften, gemeinsame Zeit mit ihrer Familie und ihrem Neffen im Besonderen geben ihr zusätzlich positive Energie.

Um es gleich zu konkretisieren: Wie haben Sie Ihre bisherige Zeit als Recruiterin bei der Zürcher Kantonalbank erlebt?

Jasmin Flammer: Als aufregend und lehrreich. Ich habe das Glück, mit einem grossartigen Team von erfahrenen Recruitern zusammenzuarbeiten, die mich bei meinen ersten Schritten bei der Zürcher Kantonalbank bestens unterstützt haben. So konnte ich innerhalb kurzer Zeit viel über die Unternehmenskultur, die verschiedenen Geschäftseinheiten und die Bedürfnisse der einzelnen Teams lernen.

Welche Eigenschaften müssen Bewerberinnen oder Bewerber unbedingt mitbringen?

Bewerberinnen und Bewerber verfügen über einzigartige Fähigkeiten und unterschiedliche Erfahrungen. Ich suche daher nicht nur nach den fachlichen Qualifikationen, sondern auch nach Engagement, Teamfähigkeit und der Motivation, sich weiterzuentwickeln. Soft Skills, kulturelle Passung und Potenzial sind meiner Meinung nach genauso entscheidend. Es geht nicht nur darum, die Anforderungen zu erfüllen, sondern jemanden zu finden, der langfristig zum Team passt.

Wie erleben Sie die Gespräche mit den Bewerbenden? Beeindrucken Sie bestimmte Eigenschaften besonders?

Die Rekrutierungsgespräche sind definitiv das Herzstück meines Jobs. Es ist unglaublich spannend, die Person hinter dem Lebenslauf kennenzulernen und nachzuvollziehen, was sie antreibt. Mich beeindrucken Kandidatinnen und Kandidaten, die authentisch sind, kritische Fragen stellen und spürbares Interesse an der Position zeigen. Auch eine positive Einstellung und die Fähigkeit, sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen ehrlich zu teilen, sind sehr wertvoll.

Was ist das Wunderbare an Ihrem Job?

Ich komme täglich mit interessanten Menschen in Kontakt und arbeite eng mit den Fachabteilungen und Linien-Managern zusammen. So kann ich kontinuierlich über verschiedene Fachrichtungen und Geschäftsbereiche dazulernen. Es erfüllt mich, Menschen und Unternehmen zusammenzubringen, sodass etwas Neues daraus erwachsen kann.

Welche Herausforderungen haben Sie bei der Auswahl der richtigen Kandidatinnen und Kandidaten erlebt?

Es ist nicht immer einfach, zwischen den vielen qualifizierten Bewerbenden, diejenigen auszuwählen, die am besten zur Unternehmenskultur und zur Position passen. Zudem müssen wir gewährleisten, dass Vorurteile und persönliche Präferenzen keinen Einfluss auf die Auswahl haben.

Und wie sehen Sie Ihre Rolle dabei, den Bewerbungsprozess für die Kandidatinnen und Kandidaten positiv zu gestalten?

Ich sehe mich als Bindeglied zwischen dem Unternehmen und den Bewerbenden. Mein Ziel ist es, den Prozess so transparent und reibungslos wie möglich zu gestalten, um einerseits ein positives Kandidatenerlebnis zu erzeugen und andererseits unseren internen Kunden einen hochwertigen Service zu bieten. Das beinhaltet eine klare Kommunikation, regelmässige Updates und ein respektvolles Miteinander. Ich möchte sicherstellen, dass sich jede Bewerberin und jeder Bewerber wertgeschätzt fühlt, unabhängig vom Ergebnis.

Welche Trends sehen Sie derzeit im Bereich des Recruitings, die für die Zürcher Kantonalbank relevant sein könnten?

Der Einsatz von KI und datengesteuerten Analysen im Recruiting wird immer wichtiger. Hier wird sich bestimmt noch einiges verändern. Aber trotzdem ist und bleibt ganz wichtig: Bei der Zürcher Kantonalbank werden weiterhin Menschen und nicht Maschinen rekrutieren. KI hilft uns allerdings, unsere Prozesse zu optimieren. Ich sehe ausserdem eine steigende Bedeutung von Employer Branding, um Talente gezielt anzuziehen.

Sie waren kürzlich selbst Bewerberin und somit auf der «anderen Seite»: Wie hat sich Ihr Blick auf den Bewerbungsprozess verändert?

Die Wartezeit zwischen einzelnen Bewerbungsschritten ist für Bewerbende oft mühsam und belastend. Das ging auch mir so. Als Recruiterin habe ich aber die Erfahrung gemacht, dass interne Faktoren oder unvorhergesehene Ereignisse den Prozess verlangsamen können – und oftmals ist es schlicht eine grosse Fülle an Bewerbungen, die ein einzelner Recruiter zu bewältigen hat. Viele Bewerberinnen und Bewerber unterschätzen zuweilen, wie viel Zeit und Überlegungen tatsächlich in die Auswahlprozesse fliessen. Der Prozess dauert manchmal einfach länger, um sicherzustellen, dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Durch meine Erfahrung als Bewerberin habe ich viel Verständnis dafür, wie wichtig dabei eine transparente Kommunikation ist, um Ängste und Unsicherheiten zu minimieren.

Hat sich Ihr Verständnis für Absagen verändert?

Als Bewerberin oder Bewerber ist eine Absage natürlich frustrierend. Als Recruiterin weiss ich, dass es oft eben nicht nur um Qualifikationen geht, sondern um die bestmögliche Passung. Eine Absage bedeutet nicht, dass die Bewerberin oder der Bewerber prinzipiell ungeeignet ist – häufig spielen viele Faktoren eine Rolle. Und letztlich können wir jede Position nur einmal besetzen.

Inwiefern hat Ihre Erfahrung als Recruiterin Ihr Verhalten als Bewerberin beeinflusst?

Ich habe gelernt, geduldiger zu sein. Zudem konzentriere ich mich stärker darauf, meine Fähigkeiten und meine Persönlichkeit zu präsentieren, um als Gesamtpaket zu überzeugen.

Was ist Ihrer Meinung nach zentral, um im Job erfolgreich zu sein?

Ich finde es schade, wenn Menschen aus reiner Bequemlichkeit über längere Zeit in einem Job ausharren, den sie eigentlich nicht mögen und sich deshalb permanent unzufrieden fühlen. Deshalb sollte man sich überlegen, für welche Themen man brennt und dort die Extrameile gehen. Ich bin mir sicher, dass es sich in jedem Fall lohnt, Mut aufzubringen, um seine Komfortzone zu verlassen und sich für seine Leidenschaft einzusetzen. Dann stellt sich der Erfolg von selbst ein.

Welche Tipps geben Sie also Bewerbenden?

Betonen Sie Ihre Softskills und wie sie zum Unternehmen passen. Kommunizieren Sie proaktiv. Versuchen Sie bei Gesprächen entspannt und sich selbst zu sein. Seien Sie ehrlich zu Ihren Gesprächspartnern und gleichzeitig auch zu sich selbst. Nur so gelangen Sie bei Ihrem Jobwechsel zu einem Ergebnis, das Sie nachhaltig glücklich macht. Und schliesslich, sehen Sie Absagen nicht als persönliches Versagen an, sondern als Chance, einen besseren Fit zu finden.