50plus und arbeitslos: Das müssen Sie wissen

Ein Stellenverlust mit 50plus ist ein einschneidendes Ereignis, das viele Fragen aufwirft - gerade hinsichtlich der Altersvorsorge. Doch Finanzplaner Urs Aeschlimann zeigt auf: Betroffenen bieten sich diverse Optionen, um Lücken in der Altersvorsorge zu mindern.

Text: Bettina Bhend, Bilder: Selina Meier | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 1/2021

Gibt Entwarnung bei Kurzarbeit. Urs Aeschlimann, Finanzplaner bei der Zürcher Kantonalbank, rät Betroffenen jedoch, die individuelle Budgetplanung zu überprüfen. Foto: Selina Meier
Gibt Entwarnung bei Kurzarbeit. Urs Aeschlimann, Finanzplaner bei der Zürcher Kantonalbank, rät Betroffenen jedoch, die individuelle Budgetplanung zu überprüfen.

Die Folgen für den Arbeitsmarkt waren erheblich, als vergangenes Jahr mit dem öffentlichen Leben auch Konsum und Investitionen zum Erliegen kamen. Allein im April waren über eine Million Menschen von Kurzarbeit betroffen, die Arbeitslosenquote stieg zeitweise von 2,5 auf 3,3 Prozent.

Dass dies bei Betroffenen Sorgen auslöst, ist für Urs Aeschlimann, Finanzplaner bei der Zürcher Kantonalbank, mehr als verständlich. Denn die Auswirkungen von Kurzarbeit und Stellenverlust auf die finanzielle Situation sind meistens beträchtlich.

«In der Praxis stellen wir fest, dass diese Massnahmen häufig Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jenseits der 50 betreffen. Viele Fragen drehen sich da natürlich um die Altersvorsorge», sagt Urs Aeschlimann.

Entwarnung bei Kurzarbeit

Hinsichtlich Kurzarbeit gibt der Experte Entwarnung: Die Beiträge an die AHV und die Pensionskasse werden unverändert weitergeführt. «Arbeitnehmende müssen sich keine Sorgen um Beitragslücken oder ein geringeres Altersguthaben in der Pensionskasse machen» sagt Aeschlimann. Allerdings gilt es, bei der individuellen Budgetplanung zu beachten: Obwohl Arbeitnehmende in Kurzarbeit nur 80 Prozent ihres bisherigen Lohns erhalten, müssen die gesamten, auf Basis des vollen Lohns berechneten Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden. Die Abzüge für AHV und Pensionskasse sind im Verhältnis zum Einkommen also höher.

Arbeitslosigkeit: Unterbruch im Sparprozess

Weitreichender wirkt sich eine Kündigung auf die Vorsorge aus: Wer seine Stelle verliert, ist nicht mehr bei der Pensionskasse des Arbeitgebers versichert – der Sparprozess wird unterbrochen. Dies schmälert das Altersguthaben. Wie gross die Einbussen sind, ist von Fall zu Fall verschieden. Doch klar ist: Je länger die Arbeitslosigkeit dauert und je älter eine Person ist, desto schwerer wiegt der Verlust beim Sparguthaben.

Was passiert in diesem Fall mit dem angesparten Pensionskassenguthaben? Urs Aeschlimann erklärt: «Es wird in der Regel solange auf einem Freizügigkeitskonto parkiert, bis man wieder eine Stelle gefunden hat. Dann wird der Betrag an die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers überwiesen und der Sparprozess läuft weiter.»

Problem mit dem Rentenbezug

Aber: Die Stellensuche erweist sich insbesondere für Personen über 50 mitunter als schwierig. «Findet man bis zum Pensionsalter keine neue Stelle, verbleibt das Guthaben bei der Freizügigkeitseinrichtung», sagt Urs Aeschlimann. «Die einzige Möglichkeit ist dann, sich das Altersguthaben bei Erreichen des Rentenalters als Kapital auszahlen zu lassen. Der Bezug einer Altersrente ist nicht möglich.» Versicherte verlieren damit die Entscheidungsfreiheit in der wichtigen Frage, wie sie ihre Pensionskassengelder beziehen möchten.

Zwar kann es durchaus sinnvoll sein, sich einen Teil des Guthabens als Kapital auszahlen zu lassen, so ist dann beispielsweise die Steuerbelastung auf lange Sicht tiefer. Eine Rente hat aber ebenfalls konkrete Vorteile, wie Urs Aeschlimann weiss: «Wer eine Rente erhält, muss sein Geld nicht selbst einteilen. Zudem sichert die Rente das sogenannte Langlebigkeitsrisiko ab: Sie wird bis ins hohe Alter weiter ausbezahlt, wenn bezogenes Kapital vielleicht schon aufgebraucht wäre.»

Die Erfahrung von Urs Aeschlimann zeigt, dass auch bei einem Stellenverlust jenseits der 50 Handlungsoptionen bestehen. Wichtig ist, sich nicht von einer falschen Scheu leiten zu lassen und frühzeitig die Situation mit dem Bankkundenberater zu besprechen. Foto: Selina Meier
Die Erfahrung von Urs Aeschlimann zeigt, dass auch bei einem Stellenverlust jenseits der 50 Handlungsoptionen bestehen. Wichtig ist, sich nicht von einer falschen Scheu leiten zu lassen und frühzeitig die Situation mit dem Bankkundenberater zu besprechen.

Diese Möglichkeiten gibt es

Wer sein Altersguthaben in der 2. Säule trotz Erwerbslosigkeit weiter aufbauen und später zumindest teilweise als Rente beziehen möchte, sollte weiterhin Geld in die Pensionskasse einzahlen - sofern finanziell möglich. Eine solche freiwillige Versicherung bietet beispielweise die Stiftung Auffangeinrichtung BVG an. Hier gilt es allerdings, die vergleichsweise hohen Risikobeiträge zu berücksichtigen sowie den tiefen Umwandlungssatz.

Seit Anfang Jahr besteht die Möglichkeit, trotz Kündigung bei der Pensionskasse des ehemaligen Arbeitgebers zu bleiben. Vorsorgeeinrichtungen sind neu gesetzlich verpflichtet, Personen über 58 Jahren eine Weiterversicherung anzubieten, wenn sie ihre Stelle verlieren. Bei einzelnen Pensionskassen ist das sogar schon zu einem früheren Zeitpunkt möglich. Unklar ist allerdings noch, ob für die Weiterversicherung zwingend eine Kündigung des Arbeitgebers vorliegen muss, oder ob auch eine Aufhebungsvereinbarung des Arbeitsverhältnisses ausreichend ist.

«Bei dieser neuen Möglichkeit muss unbedingt die Höhe der Beiträge beachtet werden», rät Urs Aeschlimann. «Denn als freiwillig Versicherter muss man sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberbeiträge selbst bezahlen.» Das kann eine grosse finanzielle Belastung sein, denn in der Regel gilt der letzte Lohn als Berechnungsgrundlage. «Gut zu wissen: Bei einigen Pensionskassen können Versicherte auch Beiträge auf einer tieferen Lohnbasis leisten. Es lohnt sich also, die spezifischen Möglichkeiten der jeweiligen Pensionskasse zu prüfen.»

 

Beratung schafft Sicherheit

Ein Stellenverlust ist häufig mit Ängsten und finanzieller Unsicherheit verbunden. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass selbst in einer solchen Lage Handlungsoptionen bestehen. Am besten klärt man seine Möglichkeiten frühzeitig mit Unterstützung eines Vorsorgespezialisten ab. «Unsere Erfahrung zeigt, dass Betroffene häufig erst eine Beratung in Anspruch nehmen, wenn die Arbeitslosigkeit bereits eingetreten ist. Zu diesem Zeitpunkt sind oft nicht mehr alle Optionen verfügbar. Wichtig wäre deshalb, bereits in der Kündigungsphase professionellen Rat beizuziehen.»

Der Bankkundenberater als Vertrauens- und Fachperson in finanziellen Angelegenheiten bietet sich diesbezüglich als erste Anlaufstelle an. «Gemeinsam verschafft man sich einen Überblick zur neuen finanziellen Situation. Im Rahmen einer weiterführenden Beratung mit den Vorsorgespezialisten der Zürcher Kantonalbank werden die verschiedenen Vorsorgeoptionen geprüft», sagt Urs Aeschlimann.

Mit dem Kundenberater können zudem weitere Fragen geklärt werden, die sich aus den veränderten Rahmenbedingungen ergeben – zum Beispiel wie die Eigenheimfinanzierung weitergeführt werden kann, sodass sie trotz Stellenverlust weiterhin tragbar ist.

Urs Aeschlimann: «Man darf sich nicht von einer falschen Scheu leiten lassen: Unsere Kundenberater wissen, dass es neben rosigen Zeiten auch schwierigere Momente gibt. Und insbesondere dann stehen wir mit Rat zur Seite, um die individuell beste Lösung zu finden.»

 

Tipps

Die Pensionskasse ist nur ein Pfeiler der Altersvorsorge. Wie wirkt sich ein Stellenverlust auf weitere Aspekte der sozialen Sicherheit aus? Sechs Fragen und Antworten schaffen Klarheit.

Sechs Antworten zu den wichtigsten Fragen

Wie lange erhalte ich eine Entschädigung aus der Arbeitslosenversicherung?

Das ist abhängig von Ihrem Alter und davon, wie viele Jahre Sie in die Sozialversicherungen einbezahlt haben. Ab 55 Jahren erhalten Sie in der Regel 520 Taggelder. Wenn Sie während der letzten vier Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter arbeitslos geworden sind, erhalten Sie zusätzlich 120 Taggelder.

Bin ich trotz Stellenverlust weiterhin in der Pensionskasse versichert?

Während eines Monats nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt die sogenannte Nachdeckung: Sie sind bei der Pensionskasse sowie der Unfallversicherung des ehemaligen Arbeitgebers gegen die Risiken Invalidität und Tod versichert. Nach dieser Frist bleibt nur noch der gesetzlich minimale Versicherungsschutz im Rahmen der Arbeitslosenversicherung bestehen – es sei denn, Sie schliessen eine entsprechende private Versicherung ab.

Kann ich privat weiterhin vorsorgen?

Ja, Einzahlungen in die Säule 3a sind auch dann möglich und steuerlich abzugsfähig, wenn Sie stellenlos sind und eine Arbeitslosenentschädigung beziehen. Der Maximalbeitrag für Personen, welche Beiträge an die 2. Säule leisten, beläuft sich im Jahr 2021 auf 6'883 Franken.

Was passiert mit meiner AHV, wenn ich die Stelle verliere?

Die erste Säule der Altersvorsorge, die AHV, ist für alle in der Schweiz Pflicht. Die Beiträge werden vom Lohn oder bei Arbeitslosigkeit vom Taggeld der Arbeitslosenversicherung (ALV) abgezogen. Wer seine Stelle verliert, muss demnach grundsätzlich (vorerst) keine Lücken in der AHV hinnehmen, die eine spätere Rentenkürzung zur Folge hätten.

Kann ich trotz Pensionskassen-Altersrente eine Arbeitslosenentschädigung beziehen?

Unter bestimmten Voraussetzungen ist das möglich. Allerdings wird die Rentenleistung der Pensionskasse von der Arbeitslosenentschädigung abgezogen. Zudem sind Sie verpflichtet, sich um eine neue Stelle zu bemühen.

Was passiert, wenn ich während der Arbeitslosigkeit krank werde?

Wer krankgeschrieben ist, hat nur noch eine gewisse Zeit Anrecht auf eine Arbeitslosenentschädigung. Danach werden keine Leistungen mehr ausgerichtet. Sofern Ihr bisheriger Arbeitgeber eine kollektive Krankentaggeldversicherung für die Mitarbeitenden abgeschlossen hat, können Sie vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Kollektivversicherung in die Einzelversicherung wechseln. Dann müssen Sie allerdings sämtliche Beiträge selbst bezahlen.

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