Was die Annahme der Reform AHV 21 bedeutet

Im finanziellen Gleichgewicht: Die Reform AHV 21 wurde am 25. September 2022 angenommen. Das ist nicht selbstverständlich, denn mit Reformen der Altersvorsorge hat sich die Schweiz in den letzten 25 Jahren stets schwergetan. Warum das so ist und was für die eigene Altersvorsorge zählt, erklärt Philipp Roth, Finanzplaner bei der Zürcher Kantonalbank.

Text: Ina Gammerdinger

Familie spielt im Wald
Die Reform AHV 21 soll die finanzielle Balance des Sozialwerks bis mindestens ins Jahr 2032 sichern. (Bild: Mint Images)

Die letzte Revision der AHV gab es im Jahr 1997. Die letzte BVG-Reform ist über 15 Jahre her. Seitdem sind alle Reformen entweder im Parlament oder vor dem Stimmvolk gescheitert. Auch die AHV 21 hat ihre Tücken, denn gemäss den aktuellsten Berechnungen des Bundes ist schon ab 2029 wieder mit einem negativen Umlageresultat zu rechnen. Das heisst: Die AHV gibt mehr Geld aus, als sie einnimmt. Befeuert werden die Finanzierungsprobleme infolge der geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1945 und 1965. Die Babyboomer kommen aktuell ins Pensionsalter – und deren Renten müssen von immer weniger Erwerbstätigen finanziert werden. Finanzplaner Philipp Roth klärt auf.

1  Welche Reformziele verfolgt die AHV 21?

Durch die Umsetzung der Reform AHV 21 soll primär das Niveau der AHV-Renten erhalten bleiben und das finanzielle Gleichgewicht der AHV im nächsten Jahrzehnt gesichert werden. Zusätzlich wird das Bedürfnis der Versicherten nach mehr Flexibilität berücksichtigt.

2  Wen betreffen die wichtigsten Änderungen?

Eine wichtige Reformmassnahme betrifft alters- und geschlechtsunabhängig alle Personen: nämlich die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,4 Prozentpunkte (Normalsatz). Heute erwerbstätige versicherte Personen profitieren bei der zukünftigen Rentenauszahlung von der Möglichkeit des flexiblen und schrittweisen Bezugs zwischen 63 und 70 Jahren. Ein wesentlicher Teil der Reform AHV 21 betrifft hingegen ausschliesslich Frauen ab Jahrgang 1961 und jünger. Das Referenzalter (Auszahlung Altersrente ohne Zuschläge oder Abzüge) der Frauen wird schrittweise ab 2025 um jeweils drei Monate von 64 auf 65 Jahre erhöht. Frauen, die kurz vor der Pensionierung stehen (Übergangsgeneration von neun Jahrgängen: 1961 bis 1969), haben wegen der Erhöhung des Referenzalters Anspruch auf Ausgleichsmassnahmen: Rentenvorbezug zu günstigeren Konditionen beziehungsweise Zuschlag zur AHV-Rente beim Bezug per neuem Referenzalter.

3  Welche Probleme löst die Reform, welche nicht?

Die Reform verschafft der AHV eine «Verschnaufpause» bei der Sicherstellung des finanziellen Gleichgewichts. Die Finanzen der AHV sind dann im Gleichgewicht, wenn die Einnahmen der Versicherung die laufenden Ausgaben decken. Die AHV hat stabile Finanzen, wenn sie in der Lage ist, ein Ungleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben über mehrere Jahre auszugleichen. Zu diesem Zweck muss die AHV über eine Reserve in der Höhe einer Jahresausgabe verfügen (Ausgleichsfonds). Gemäss neuesten Berechnungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen BSV wird durch die Umsetzung der Reform AHV 21 das Ziel der Stabilisierung zumindest bis im Jahr 2032 erreicht. Somit ist die Politik auch in den nächsten Jahren gefordert, weitere Reformen anzugehen und vor allem mehrheitsfähige Lösungen auszuarbeiten.