Wer mitten im Leben steht, hat andere Prioritäten als sein Testament zu verfassen. Familie, Arbeit und Hobbies geniessen die volle Aufmerksamkeit. An die Nachlassregelung denken dabei nur die Wenigsten. Auch mit zunehmendem Alter fällt es nicht unbedingt leichter, das Thema anzupacken. Denn wer setzt sich schon gerne mit dem eigenen Tod auseinander?
Darüber hinaus bringt die Nachlassregelung immer auch eine Bewertung der familiären Beziehungen mit sich. Stefan Reinhard kennt aus seiner langjährigen Erfahrung, wo oft der Schuh drückt: «Sind die Verhältnisse kompliziert oder gibt es Spannungen, fällt die Auseinandersetzung mit dem Thema umso schwerer. Und geht es um das Eigenheim oder das Familienunternehmen, ist der Entscheidungsprozess oft besonders emotional.»
Es verwundert deshalb nicht, dass viele diese Pendenz lange vor sich herschieben. Die Erbschaftsstudie der Zürcher Kantonalbank bestätigt dies: Zwar erachten es 88 Prozent der befragten Erblassenden als wichtig, den Nachlass zu regeln. Dennoch hat fast die Hälfte von ihnen noch keine konkreten Massnahmen umgesetzt.
Klare Regelung minimiert das Konfliktpotenzial
Zum Handeln bewegt in der Regel erst die Pensionierung oder ein Todesfall im persönlichen Umfeld. Noch mehr als das eigene Älterwerden führt der Tod eines nahestehenden Menschen die Dringlichkeit der Nachlassregelung vor Augen. Die Einsicht, dass immer etwas passieren kann, ist jedoch nicht der einzige Grund, das Thema rechtzeitig anzugehen. Denn eine klare Nachlassregelung verhindert vor allem auch Streit.
Konflikte möchte die grosse Mehrheit der Befragten denn auch partout vermeiden: Über 90 Prozent der Erbenden erhoffen sich mit Blick auf die künftige Erbschaft in erster Linie, dass es keinen Streit gibt. Auch für die meisten Erblassenden hat das Verhindern von Konflikten hohe Priorität. Viele befürchten jedoch Schwierigkeiten bei der Verteilung des Vermögens und 6 Prozent rechnen gar mit einem Erbschaftsstreit.
Frauen gehen mit gutem Beispiel voran
Dieser grosse Respekt vor Konflikten steht in Widerspruch zur Passivität der Befragten bei der Nachlassregelung. Dabei vertagen Männer das Thema noch deutlich häufiger als Frauen: Während unter den Erblassern weniger als die Hälfte ihren Nachlass bereits geregelt haben, sind es bei den Erblasserinnen immerhin 58 Prozent.
Überhaupt gehen Frauen das Thema Erbschaft aktiver an als Männer. So sprechen sie zum Beispiel auch eher mit ihren Erben über die Erbschaft – und dies ist enorm wichtig. «Wer in der Familie frühzeitig Transparenz schafft, kann Konflikte verhindern. Werden die Erben hingegen zu lange im Ungewissen gelassen, drohen Enttäuschungen», erklärt Stefan Reinhard.