Christian Haller wischt kurz mit dem Handschuh über die Gleitfläche des Steins, er konzentriert sich und stösst sich dann elegant von den Startblöcken ab. In perfekter Balance, den Blick aufs Ziel gerichtet, durch die Abgabezone gleitend, lässt er dann den Stein mit einem kleinen Drehimpuls los und verfolgt ihn mit prüfendem Blick. Nachdem der Stein mit idealer Länge im Zentrum des Hauses zum Stehen kommt, wendet sich Christian Haller uns zu. Er trägt das Trikot der philippinischen Curling-Nationalmannschaft und sagt: «Ja, ich will für die Philippinen 2026 in Mailand an den Olympischen Winterspielen antreten.» Christian Haller lächelt dabei, als ob er es selbst immer noch für eine irre Idee hielte. Doch im Gespräch wird klar, dass wir es nicht nur mit einem seriösen, gewissenhaften Banker mit prägnanter Brille zu tun haben, sondern eben auch mit einem leidenschaftlichen Sportler. Aber noch einmal: Wie bitte? Philippinische Nationalmannschaft im Curling? Cool Runnings II, jene Story einer jamaikanischen Bobmannschaft, die an den den Olympischen Winterspielen 1988 in Calgary startete? Christian Haller erzählt nun, wie es zu seiner Geschichte kam.
Die Schweizer Curlingszene ist überschaubar. Man kennt sich. Die Gebrüder Pfister aus dem Bernischen gehörten vor fünf bis sechs Jahren noch zur internationalen Elite und wollten für die Schweiz nach Südkorea an die Olympischen Winterspiele. Doch eine schwere Krankheit von Marc Pfister, dem Skip, machte diesen Traum zunichte. Die Pfisters haben eine philippinische Mutter, genau wie Christian Haller, der seit Jahren auf nationalem Niveau curlt und 1999 im Final der Junioren-WM stand. Schon seit Jahren witzelten die drei darüber, eines Tages als philippinisches Nationalteam an Olympia aufzulaufen. Ein vierter Mitspieler aber fehlte.
Alan Frei – der «irre» Unternehmer
Es war Anfang 2023, als Christian Haller eher zufällig auf Alan Frei aufmerksam wurde, ein Schweizer Unternehmer, der nach dem Verkauf seiner Firma viel Geld verdient hatte und neue Vorhaben suchte. Der umtriebige, manchmal gern etwas verrückt handelnde Halb-Philippiner setzte sich zum Ziel, für das Heimatland seiner Mutter bei den Olympischen Winterspielen in Mailand anzutreten. Die Sportart musste er indessen noch finden. Insofern passte es, dass Christian Haller ihn kontaktierte und ihm die Idee präsentierte, es doch mit Curling zu versuchen. Ein Probespiel später war Alan Frei Feuer und Flamme (im olympischen Kontext nie verkehrt). Und das Curling-Team «Philippinen» war geboren.