Jan Gürtler: Sonne, Sand und Soccer

Eissportanlage Deutweg, Winterthur Grütze. Nein, kein Eis, sondern tiefer, feiner Sand liegt im Rink. Die Sonne steht hoch am Himmel um 12.30 Uhr. Lufttemperatur 31 Grad im Schatten, von Schatten aber keine Spur, Sandtemperatur – an der Schmergrenze. Wüssten wir es nicht besser, wir wähnten uns an der Copa Cabana in Rio, nur das Rollen der brechenden Wellen fehlt.

Jan Gürtler und seine Kollegen vom BSC Baden 54 sowie die Gegner von Beachsoccer GC – unter Fachleuten auch Sandhopper genannt – betreten den Rink unter Applaus der Zuschauer. Der Platzspeaker verspricht ein spannendes Spiel. Doch es sollte anders kommen.

Von Glenn Hodel inspiriert …

Doch blenden wir kurz zurück. 2021: Glenn Hodel ist der Star in der Schweizer Beachsoccer-Szene. Seit 10 Jahren spielt und spielte er für Teams aus ganz Europa. Italien, Russland, Deutschland, Spanien oder Portugal sind Stationen seiner Beachsoccer-Karriere, wo er jeweils für ein Wochenende aus Baden anreist und die dortigen Teams verstärkt, als Spielernomade: eine Besonderheit des Beachsoccer-Sports. Dabei hat er ein einmaliges Palmares im Schweizer Beachsoccersport erarbeitet: Sei es WM-Bronzemedaille mit der Nationalmannschaft in Russland, WM-Torschützenkönig, Euro Winners Cup – was so viel ist wie die Champions League des Beachsoccers. Etwas fehlt indes: der Schweizermeistertitel mit einem Verein aus Baden. Warum nicht einen eigenen Verein gründen? Und hier kommt Jan Gürtler ins Spiel.

Glenn Hodel und Jan Gürtler sind Jugendfreunde. Gürtler selbst bezeichnet sich als durchschnittlichen Hobby-Fussballer. Er hatte nie die Absicht, Beachsoccer-Spieler zu werden. Doch an einem schönen Tag im Jahr 2021 erzählte ihm Glenn Hodel von seinem Traum. Eine eigene Badener Beachsoccer Mannschaft. Durch die vielen Engagements hatte Glenn Hodel kaum Zeit, sich mit der Gründung und dem Management eines Vereins herumzuschlagen. Er brauchte jemanden, der sich um die Geschicke des Vereins kümmert. Und mit Jan Gürtler hatte er diese Person gefunden.

… den eigenen Verein gegründet

Sie gründeten im Dezember sie Badener BSC 54 (ausgesprochen: fünf-vier, angelehnt an die Postleitzahl Badens). Einen Club zu gründen ist eins, einen funktionierenden Sportverein zu organisieren dagegen eine Herkulesaufgabe. Es mussten Sponsoren gefunden, ein Logo entworfen, Statuten geschrieben, Trikots und Hosen produziert werden. Weiter im Takt: Spieler-Lizenzen ausstellen lassen, Schiedsrichtergebühren bezahlen, Mitgliederbeiträge einfordern, Bankkonten eröffnen, Reisen organisieren. Die Arbeit geht Jan Gürtler nicht aus. Ein Trainingsgelände fehlt in Baden. Man muss nach Birr ausweichen, um wenigstens einmal wöchentlich trainieren zu können. Der Name Glenn Hodel sorgte dafür, dass einige erfahrene Spieler aus dem Raum Aargau-Zürich für das Team gewonnen werden konnten. 2022 ging es los. Der BSC 54 lief ein erstes Mal in der Schweizer Meisterschaft auf. Schon in der dritten Saison holt die Badener Truppe mit Meistertitel und Cupsieg das Double. «Die Befriedigung nach all unserem Aufwand, diesen Traum wahr zu machen, war unglaublich», beschreibt Jan Gürtler das Erfolgserlebnis der letzten Saison.
 

Ein Wochenende zum Vergessen

Zurück an den Deutweg: Der Match gegen die «Sandhopper» ist angepfiffen. Jan Gürtler hatte schon vor dem Anpfiff gewarnt: Das wird ein schwieriges Spiel gegen einen sehr starken Gegner. GC hat sich vor der Saison verstärkt, auch mit Nationalspielern aus den Reihen der Badener. Glenn Hodel und andere Teamstützen der Badener fehlen dagegen heute. Das macht sich bemerkbar. Schnell führen die Zürcher 4 zu 1. Am Schluss steht es 10 :2; ein Desaster. Und auch die anderen beiden Spiele an diesem Wochenende gegen die Winti Panthers und gegen die Havanna Shots aus Aargau gehen verloren. Die Niederlagen zehren an den Spielern. «Verlieren gehört zum Sport. Wir werden uns sammeln und wieder aufrichten und mit Glenn sieht die Mannschaft dann wieder anders aus», meint Jan Gürtler dennoch zuversichtlich.

Die Stimmung am ganzen Wochenende ist dennoch kameradschaftlich und familiär. Man kennt sich in der Schweizer Beachsoccer-Szene und hält zusammen. Vor 10 bis 15 Jahren war der Sport noch deutlich mehr im Schaufenster der Öffentlichkeit. Dann sind aber wichtige Liga-Sponsoren, wie Rivella und Suzuki ausgestiegen und die Situation ist heute schwieriger. 2022 hat sich die Beach Soccer League neu aufgestellt, um den Betrieb nachhaltig und stabil zu organisieren. Neugründungen wie diejenige des BSC 54 helfen, die Lage des Sports zu stabilisieren.