Wer eine Legi oder einen IV-Ausweis hat, erhält im Schauspielhaus Zürich einen Rabatt. Rabatt bekommt auch, wer ein ZKB-Konto oder ein «Tages-Anzeiger»-Abo besitzt. Keinen Rabatt gibt’s dagegen für die Freunde des Schauspielhausdirektors. Und das ist gut so: Es ist sozial, auch denjenigen einen Theaterbesuch zu ermöglichen, die wenig Geld haben. Es ist geschäftstüchtig, jenen ein Zückerchen zu bieten, die man als Kundinnen gewinnen will. Aber es wäre Vetternwirtschaft, jene zu begünstigen, die gute Beziehungen haben.
Gilt das auch für eine Kunstmalerin, die nicht angestellt, sondern freischaffend ist? Oder wäre es in diesem Fall sogar angebracht, dass sie ihren Freundinnen ihre Bilder mit Rabatt verkauft? Der römische Philosoph Seneca hält das für keine gute Idee, weil «wir der Freundschaft ihre Erhabenheit nehmen, wenn wir sie der Vergünstigungen wegen schliessen».
Freundschaft verliert an Grösse, wenn wir sie zu einem Kuhhandel machen. Allzu schnell landen wir in einem unschönen Bewertungssystem, wenn wir Beziehungen nach Rabattstufen einteilen müssen. Daher gilt: Wenn wir unseren Freunden eine materielle Freude machen wollen, dann sollte es besser ein Geschenk sein, das von Herzen kommt, und kein Rabatt, der einem Kalkül entspringt.